Kita-Plan: Kleinkinder statt Kleingärten
Die Not in Sachen Kinderbetreuung ist groß in Saarbrücken: Allein im Stadtteil St. Johann fehlen in den kommenden Jahren 260 Plätze. Jetzt dürfte es eine Lösung geben, die für Entspannung sorgt – an einem umstrittenen Standort.
Bei diesem Großprojekt bekommt das Wort Kinder-Garten eine besondere Bedeutung: Es ist tatsächlich ein großer Garten, auf dem bald ein Kindergarten stehen soll. Genauer gesagt müssen mindestens sechs Kleingärten einer größeren Anlage in der Preußenstraße weichen, damit dort ab dem Jahr 2025 Kleinkinder betreut werden können. Das zumindest ist der Plan, über den der Saarbrücker Stadtrat am Dienstagnachmittag abstimmt. Dass die Kita gebaut wird, barrierefrei und mit Aufzug, daran gibt es praktisch keine Zweifel mehr. Seit gut zwei Jahren wird der Standort „in verschiedenen städtischen Gremien positiv diskutiert“, wie es in der Vorlage für die Sitzung heißt.
Nach derzeitigem Stand soll mit der Planung des zweigeschossigen Neubaus für 100 Kita- und 22 Krippenplätze im vierten Quartal des laufenden Jahres begonnen werden, der eigentliche Baustart ist für Anfang 2024 vorgesehen. Die Not in Sachen Kinderbetreuung ist wie an vielen anderen Orten im Land groß: Bis zum Jahr 2024 fehlen nach Berechnungen der Stadt allein im Stadtteil St. Johann knapp 260 Plätze für Kleinkinder. Die neue Kita in unmittelbarer Nachbarschaft der Feuerwache auf der einen Seite und in direkter Nähe von Bahngleisen auf der anderen Seite soll den Bedarf somit fast zur Hälfte decken. Das kostet: für den Bau sind bisher 4,55 Millionen Euro kalkuliert, dazu kommen 300 000 Euro für die Außenanlage. 40 Prozent vom Gesamtbetrag zahlt das Land, 30 Prozent kommen vom Regionalverband als Förderung.
Die Stadt ist überzeugt, dass sich die neue Kita gut in die Preußenstraße einfügt. Sie hat eine Fotomontage erstellt und kurzerhand die Kita Franzenbrunnen an der entsprechenden Stelle eingebaut. „Grundsätzlich wirkt sich die parallele Ausrichtung des Gebäudes im Verlauf der Preußenstraße sehr positiv aus“, heißt es in der Verwaltungsvorlage, „denn dadurch wird das Außenspielgelände vom Lärm der Straße abgeschirmt“. Entlang der Straße soll die Fassade geschlossen gehalten werden, dort sollen vor allem Nebenräume untergebracht sein – die Gruppen- und Aufenthaltsräume für die Kinder dagegen sind zum rund 1400 Quadratmeter großen Außengelände hin vorgesehen. Dass es auch dort nicht gerade leise sein wird, verschweigt die Verwaltung nicht. Sie hat ein „schallschutztechnisches Gutachten“eingeholt, das eine „hohe Verkehrslärm-Immission“festgestellt hat, im Außenbereich von etwa 60 Dezibel. Diesen Lärm aber müsse man „bei innerstädtischen Lagen wohl hinnehmen“. Viel ändern daran könne man nicht, heißt es.
„Infolge der Dammlage der Schienenstrecke ist ein aktiver, städtebaulich verträglicher Schallschutz nicht möglich.“Weshalb in der Vorlage „passive Schallschutzmaßnahmen“empfohlen werden, zum Beispiel besonders gut gedämmte Außenwände und Lüftungen. Eine mehrfach ins Spiel gebrachte Lärmschutzwand mache „keinen Sinn“, da eine solche Wand nur in direkter Nähe der Schienen wirkungsvoll sei – auf dem Gelände der Deutschen Bahn ist das jedoch nicht möglich. Auf dem Kita-Gelände selbst jedenfalls sei die Lärmschutzwand „wirkungslos“.
Dennoch, die Kita soll gebaut werden, und das Gesicht der Preußenstraße wird sich dann umfassend verändern. Denn mit dem reinen Kitabau ist es nicht getan. Da momentan auf dieser Seite der Straße kein ausgebauter Gehweg vorhanden ist, soll ein Weg angelegt werden, mindestens 2,50 Meter breit, von der Kita bis zur Einmündung Martin-Luther-Straße auf rund 250 Metern Länge. Und, das ist aber noch Zukunftsmusik, einen Zebrastreifen könnte es auch bald geben, in Höhe der Einmündung Hessenweg. Ob der notwendig ist, soll „zu gegebener Zeit“geprüft werden.
Dass sich das Gesicht der Preußenstraße aller Voraussicht nach verändern wird, gefällt naturgemäß nicht jedem, schließlich geht wieder ein Stück Natur in der Stadt verloren. So zumindest sieht das unter anderem der Landesverband der Kleingärtner im Saarland. „Je mehr Gärten, desto mehr Grün, desto besser“, sagt dessen Vorsitzender Wolfgang Kasper. Zwar äußert er Verständnis dafür, dass Kindergartenplätze gebraucht werden, zugleich hofft er aber, dass anderswo in der Stadt Saarbrücken Land zur Verfügung gestellt wird, um neue Gärten anlegen zu können. „Die Nachfrage ist riesengroß, es gibt lange Wartelisten. Wir könnten sofort spielend eine Anlage mit 100 Gärten füllen.“Ob die Kleingärtner wirklich hoffen können, wird am Dienstag vielleicht auch im Stadtrat besprochen. Zunächst aber haben stehen die Kleinkinder klar im Mittelpunkt.