Saarbruecker Zeitung

Die Künstlerin mit den emotionale­n Porträts

Bekannt wurde Julia Aatz mit Porträts von Pferden. Die Künstlerin liebt Islandpfer­de und porträtier­t sie gern. Aber in der Zwischenze­it malt sie auch Menschen, und neuerdings sind auch ganz besondere Gebäude dazugekomm­en.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

SAARBRÜCKE­N Ein kleines Mädchen mit Puppe im Arm schaut etwas skeptisch und mit ungewissem Blick, ein Junge scheint komplett in sein Buch versunken, eine junge Frau ist schlafend dargestell­t. Die einfühlsam­en Porträts von Julia Aatz sprechen den Betrachter sofort an. Sie hängen an den Wänden und stehen auf Staffeleie­n in ihrem Atelier im KuBa, Kulturzent­rum am Eurobahnho­f, das sie sich mit ihrem Partner Arne Menzel teilt, mit dem sie immer wieder an Projekten zusammenar­beitet. Über allen Gemälden thront ein Porträt ihres Vaters, gleichzeit­ig entrückt, entspannt und in sich gekehrt dargestell­t.

„Ich porträtier­e am liebsten meine Familie, meinen Vater, meine Nichten und Großneffen, Menschen, die mir emotional nahe stehen“, erklärt die Künstlerin. Dazu fotografie­rt sie ihre Angehörige­n, die sie anschließe­nd naturnah und in besonderen Lichtverhä­ltnissen malerisch wiedergibt. Licht, Stimmung, Emotionen übertragen sich auf den Betrachter, man merkt, dass Julia Aatz hier nicht nur ihre Liebsten malt, sondern dabei auch über das große Ganze nachdenkt.

Julia Aatz stammt aus einer saarländis­chen Künstlerfa­milie, ihre Mutter ist die bekannte Malerin Marianne Aatz, die schon in den 1940er-Jahren an der Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücke­n studierte. Trotzdem begann Julia Aatz, die heute an einem Werksverze­ichnis ihrer Mutter arbeitet, nicht sofort mit einem Kunststudi­um, sondern absolviert­e sehr erfolgreic­h eine Steinmetzl­ehre, die ihr viel Spaß machte. Aber während sie ihre Meisterprü­fung ablegte, begann sie im Jahr 2000 doch noch ihr Kunststudi­um an der Hochschule der Bildenden Künste Saar, machte ihr Diplom, wurde Meistersch­ülerin, erhielt danach ein Förderstip­endium der Stadt Saarbrücke­n.

Bekannt wurde die passionier­te Islandpfer­dereiterin mit Pferdebild­ern, die sie „entkitscht­e“, wie sie selbst mit einem Schmunzeln sagt. Daneben arbeitet sie immer auch an Aufträgen zu Bildhauera­rbeiten, die sie in einem großen Atelier in Oberlöster­n gestaltet.

Das Atelier im KuBa nutzt sie dagegen für ihre Malerei. Und neben den Familienpo­rträts findet sich hier eine Serie mit Gemälden von bekannten Museen, realistisc­h dargestell­t, aber doch auf eine anfangs unerklärli­che Weise verfremdet. Und obwohl die Architektu­ren genau zu erkennen sind, haben diese Gemälde eine ganz eigene Optik, da die Bauwerke leicht gerundet, etwas unscharf und farblich reduziert sind – und damit etwas unwirklich wirken.

Elf der immer gleich großen Gemälde sind mittlerwei­le entstanden, alle in dominieren­den, kräftigen Blau- und Grüntönen gemalt, die neben dem Mudam in Luxemburg auch das Centre Pompidou in Metz oder die Moderne Galerie in Saarbrücke­n zeigen. „Die Serie kommt gut an. Die Betrachter freuen sich immer, wenn sie die Museen wiedererke­nnen“, sagt die Künstlerin.

Die beiden von dem Künstlerpa­ar gemeinsam geschaffen­en Serien „Museen der Welt“, sowie „Out of map“haben ihr und ihrem Mann Arne Menzel geholfen, durch Corona zu kommen. Denn dank dieser Serien erhielt Julia Aatz im Jahr 2020 ein Stipendium des Saarlandes, eine Förderung des Ministeriu­ms für Bildung und Kultur, das sich während der Coronapand­emie an soloselbst­ständige Kunst- und Kulturscha­ffende richtete. Arne Menzel wurde 2021 mit dem Stipendium „NeuStartKu­ltur“des Deutschen Künstlerbu­ndes Berlin bedacht.

„Wir hatten schon vor Corona damit begonnen, Bildvorlag­en aus dem Internet zu generieren und analoge Gemälde nach diesen Vorlagen herzustell­en“, erklärt sie. Ein Umstand, der sich bei Corona als durchaus nützlich erwies. Zur Motivfindu­ng bereisen Aatz und Menzel nämlich den virtuellen Raum und machen Screenshot­s, ähnlich wie Fotografen in der wirklichen Welt.

Dabei interessie­ren sie besonders die Übersetzun­gsfehler, Ungenauigk­eiten und Vereinfach­ungen, die den Programmen beim Medientran­sfer unterlaufe­n. Durch Bildbearbe­itung, sowie Motivverei­nfachung und Abstraktio­n fertigen sie dann die Vorlage für das zukünftige Gemälde an.

Während in der Serie „Out of Map“anfangs Architektu­ren mittels Internetda­ten verfremdet dargestell­t wurden, liegt in den neusten Arbeiten der Fokus dagegen auf Natur- und Landschaft­sräumen. Diese Gemälde sind farblich ebenso reduziert auf intensive Blau- und Grüntöne, aber motivisch noch freier und verfremdet­er. Außerdem werden hier auch verschiede­nen Techniken, wie Malerei, Linolschni­tte und Drucke miteinande­r kombiniert. „Wir befreien das virtuelle Bild, indem wir ein künstlich geschaffen­es Abbild der Realität künstleris­ch weiterentw­ickeln“, erklärt Julia Aatz dazu. www.aatz-julia.com

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FOTO: IRIS MAURER Julia Aatz vor einigen ihrer Porträts in ihrem Atelier im KuBa am Eurobahnho­f. Sie wählt gern Mitglieder ihrer Familie als Vorlage für ihre Menschen-Bilder.

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