Die Künstlerin mit den emotionalen Porträts
Bekannt wurde Julia Aatz mit Porträts von Pferden. Die Künstlerin liebt Islandpferde und porträtiert sie gern. Aber in der Zwischenzeit malt sie auch Menschen, und neuerdings sind auch ganz besondere Gebäude dazugekommen.
SAARBRÜCKEN Ein kleines Mädchen mit Puppe im Arm schaut etwas skeptisch und mit ungewissem Blick, ein Junge scheint komplett in sein Buch versunken, eine junge Frau ist schlafend dargestellt. Die einfühlsamen Porträts von Julia Aatz sprechen den Betrachter sofort an. Sie hängen an den Wänden und stehen auf Staffeleien in ihrem Atelier im KuBa, Kulturzentrum am Eurobahnhof, das sie sich mit ihrem Partner Arne Menzel teilt, mit dem sie immer wieder an Projekten zusammenarbeitet. Über allen Gemälden thront ein Porträt ihres Vaters, gleichzeitig entrückt, entspannt und in sich gekehrt dargestellt.
„Ich porträtiere am liebsten meine Familie, meinen Vater, meine Nichten und Großneffen, Menschen, die mir emotional nahe stehen“, erklärt die Künstlerin. Dazu fotografiert sie ihre Angehörigen, die sie anschließend naturnah und in besonderen Lichtverhältnissen malerisch wiedergibt. Licht, Stimmung, Emotionen übertragen sich auf den Betrachter, man merkt, dass Julia Aatz hier nicht nur ihre Liebsten malt, sondern dabei auch über das große Ganze nachdenkt.
Julia Aatz stammt aus einer saarländischen Künstlerfamilie, ihre Mutter ist die bekannte Malerin Marianne Aatz, die schon in den 1940er-Jahren an der Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken studierte. Trotzdem begann Julia Aatz, die heute an einem Werksverzeichnis ihrer Mutter arbeitet, nicht sofort mit einem Kunststudium, sondern absolvierte sehr erfolgreich eine Steinmetzlehre, die ihr viel Spaß machte. Aber während sie ihre Meisterprüfung ablegte, begann sie im Jahr 2000 doch noch ihr Kunststudium an der Hochschule der Bildenden Künste Saar, machte ihr Diplom, wurde Meisterschülerin, erhielt danach ein Förderstipendium der Stadt Saarbrücken.
Bekannt wurde die passionierte Islandpferdereiterin mit Pferdebildern, die sie „entkitschte“, wie sie selbst mit einem Schmunzeln sagt. Daneben arbeitet sie immer auch an Aufträgen zu Bildhauerarbeiten, die sie in einem großen Atelier in Oberlöstern gestaltet.
Das Atelier im KuBa nutzt sie dagegen für ihre Malerei. Und neben den Familienporträts findet sich hier eine Serie mit Gemälden von bekannten Museen, realistisch dargestellt, aber doch auf eine anfangs unerklärliche Weise verfremdet. Und obwohl die Architekturen genau zu erkennen sind, haben diese Gemälde eine ganz eigene Optik, da die Bauwerke leicht gerundet, etwas unscharf und farblich reduziert sind – und damit etwas unwirklich wirken.
Elf der immer gleich großen Gemälde sind mittlerweile entstanden, alle in dominierenden, kräftigen Blau- und Grüntönen gemalt, die neben dem Mudam in Luxemburg auch das Centre Pompidou in Metz oder die Moderne Galerie in Saarbrücken zeigen. „Die Serie kommt gut an. Die Betrachter freuen sich immer, wenn sie die Museen wiedererkennen“, sagt die Künstlerin.
Die beiden von dem Künstlerpaar gemeinsam geschaffenen Serien „Museen der Welt“, sowie „Out of map“haben ihr und ihrem Mann Arne Menzel geholfen, durch Corona zu kommen. Denn dank dieser Serien erhielt Julia Aatz im Jahr 2020 ein Stipendium des Saarlandes, eine Förderung des Ministeriums für Bildung und Kultur, das sich während der Coronapandemie an soloselbstständige Kunst- und Kulturschaffende richtete. Arne Menzel wurde 2021 mit dem Stipendium „NeuStartKultur“des Deutschen Künstlerbundes Berlin bedacht.
„Wir hatten schon vor Corona damit begonnen, Bildvorlagen aus dem Internet zu generieren und analoge Gemälde nach diesen Vorlagen herzustellen“, erklärt sie. Ein Umstand, der sich bei Corona als durchaus nützlich erwies. Zur Motivfindung bereisen Aatz und Menzel nämlich den virtuellen Raum und machen Screenshots, ähnlich wie Fotografen in der wirklichen Welt.
Dabei interessieren sie besonders die Übersetzungsfehler, Ungenauigkeiten und Vereinfachungen, die den Programmen beim Medientransfer unterlaufen. Durch Bildbearbeitung, sowie Motivvereinfachung und Abstraktion fertigen sie dann die Vorlage für das zukünftige Gemälde an.
Während in der Serie „Out of Map“anfangs Architekturen mittels Internetdaten verfremdet dargestellt wurden, liegt in den neusten Arbeiten der Fokus dagegen auf Natur- und Landschaftsräumen. Diese Gemälde sind farblich ebenso reduziert auf intensive Blau- und Grüntöne, aber motivisch noch freier und verfremdeter. Außerdem werden hier auch verschiedenen Techniken, wie Malerei, Linolschnitte und Drucke miteinander kombiniert. „Wir befreien das virtuelle Bild, indem wir ein künstlich geschaffenes Abbild der Realität künstlerisch weiterentwickeln“, erklärt Julia Aatz dazu. www.aatz-julia.com