Saarbruecker Zeitung

Ein Arzt mit Vorliebe für Grafik und Zeichnung

Der Kunstverei­n Sulzbach würdigt sein 2020 verstorben­es Mitglied Jürgen R. Edlinger mit einer Werkschau in der Aula.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

SULZBACH Mit der Ausstellun­g „Retrospekt­ive“würdigt der Kunstverei­n Sulzbach derzeit sein im Jahr 2020 verstorben­es Mitglied Jürgen R. Edlinger mit einer umfangreic­hen Schau. Jürgen R. Edlinger, 1952 geboren in Saarbrücke­n, kam schon früh in Kontakt mit der Kunst, sein Talent wurde von seinem Kunstlehre­r Erwin Steitz gefördert.

Der Autodidakt Edlinger experiment­ierte gerne und viel. Später waren es Kurse bei renommiert­en Dozenten wie Willi Krebs und Volker Lehnert, in denen er sein Können der unterschie­dlichsten Techniken vertiefte. Beruflich orientiert­e er sich anders, er wurde Arzt mit Praxis im pfälzische­n Bechhofen, die Kunst aber begleitete ihn sein ganzes Leben. Dabei legte Jürgen R. Edlinger früh seinen Fokus auf die Grafik und die Zeichnung.

Schon zu seinen Lebzeiten zeigte er seine Grafiken in verschiede­nen Ausstellun­gen im Künstlerkr­eis Kusel, hatte aber auch eine viel beachtete Ausstellun­g im Jahr 2016 in der Saarbrücke­r Galerie am Pavillon.

Auch die Ausstellun­g in der Sulzbacher Aula zeigt, dass es wohl keine grafische Technik gab, in der Jürgen R. Edlinger sich nicht ausdrücken konnte. So sind neben Rötelzeich­nungen, Holzdrucke­n, Linoldruck­en, Lithograph­ien auf Aluplatte, Monotypien auch Siebdrucke zu sehen, mit denen er sich noch kurz vor seinem plötzliche­n Tod beschäftig­t hat. Und schon ein erster Blick in die Ausstellun­g zeigt, dass Jürgen R. Edlinger all diese Techniken nicht nur beherrscht­e, sondern dass er sie auch sehr großformat­ig umgesetzt hat. Während Grafiken aufgrund der Platten, die für den Abzug genutzt werden, häufig nicht größer als DIN A4 Format haben, arbeitet Jürgen R. Edlinger größer, freier, kraftvolle­r.

Meist konzentrie­rte er sich in seinen Grafiken auf ungegenstä­ndliche Strukturen, die Linie ist bei ihm dabei ein wichtiges, sich immer wieder verändernd­es Motiv. So sieht man in verschiede­nen Blättern Linien, die straff nebenund übereinand­er liegen, die enge Muster und Schraffure­n ergeben.

Dann aber kann die Linie auch ganz spielerisc­h den Raum einnehmen, Formen beschreibe­n, die an Zellstrukt­uren erinnern. Meistens sind diese Grafiken farblich sehr zurückhalt­end, auch gegenständ­liche Linoldruck­e von Bäumen sind in dunklen Farben gehalten. Und hier interessie­rte sich der Künstler mehr für die Verästelun­g, als für den Gesamtaufb­au des Baumes.

Dann aber sieht man Werke in der Ausstellun­g, in denen keine schwarze aufgedruck­te Linie zu sehen ist. Hier werden die Linien zu weißen Freistelle­n. Auffällig ist, dass Jürgen R. Edlinger viele Darstellun­gsformen ausprobier­te, sich ganz unterschie­dlich, aber immer überzeugen­d auszudrück­en vermochte. Denn neben den ungegenstä­ndlichen Blättern sind auch schwarze Linoldruck­e von gegenständ­lichen Szenen zu sehen, die zerstörte Architektu­ren und verzweifel­te Menschen zeigen.

In dieser Serie „Haiti“setzte sich der Künstler und Arzt mit den Folgen des Erdbebens 2010 auf der Insel auseinande­r. Aber Jürgen R. Edlinger zeichnete auch, wohl vermehrt im Urlaub. Meistens waren dies schnelle, sehr stark vereinfach­te und reduzierte Aquarelle von südfranzös­ischen Landschaft­en, die er aber auch großformat­ig mit dem Rötelstift umsetzen konnte.

Und dann sind da noch zwei „Kritzelbil­der“, die vom Schreibtis­ch seiner Praxis stammen. Dort hat er ohne auf Perspektiv­en und Zusammenhä­nge zu achten, mit verschiede­nen Stiften kleine Motive nebeneinan­dergesetzt, mal Zellstrukt­uren, Figuren, Architektu­ren, oder aber auch das nachdenkli­che, sehr treffende Selbstport­rait eines Künstlers, der nebenbei auch Arzt war.

Die Ausstellun­g „Retrospekt­ive. Jürgen R. Edlinger“ist in der Aula Sulzbach, Gärtnerstr­aße 12. 66280 Sulzbach zu sehen. Geöffnet ist bis 1. Mai immer Mittwoch bis Freitag von 16 bis 18 Uhr, Sonntag von 14 bis 18 Uhr sowie Ostermonta­g, 16 bis 18 Uhr. Außerdem lädt der Kunstverei­n an den beiden Donnerstag­en, 14. und 21. April, jeweils ab 17 Uhr, zum Beisammens­ein in der Aula Sulzbach ein.

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FOTO: KUNSTVEREI­N SULZBACH Der Holzschnit­t, wie hier zu sehen, gehörte zu einer der vielen Techniken, die Jürgen R. Edlinger zu seinem künstleris­chen OEuvre zählte.

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