Weltweite Militärausgaben auf neuem Höchststand
STOCKHOLM (dpa) Die Staaten der Erde haben erstmals in einem Jahr mehr als zwei Billionen Dollar für ihre Militärapparate ausgegeben. Die weltweiten Militärausgaben stiegen im Jahr 2021 auf 2,113 Billionen Dollar (rund 1,94 Billionen Euro), wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri am Montag in einem neuen Bericht mitteilte. Inflationsbereinigt entsprach das einem Anstieg um 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit sind die Ausgaben im siebten Jahr in Folge gestiegen. Unangefochten an der Spitze stehen die USA, Deutschland liegt auf dem siebten Platz.
„Selbst inmitten der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie haben die weltweiten Militärausgaben Höchststände erreicht“, sagte der Sipri-Forscher Diego Lopes da Silva. Aufgrund der Inflation habe sich die Wachstumsrate zwar verlangsamt – lasse man diese aber außer Acht, habe der Zuwachs satte 6,1 Prozent betragen. Die deutliche wirtschaftliche Erholung nach dem ersten Corona-Jahr 2020 brachte mit sich, dass der Anteil der Militärausgaben an der weltweiten Wirtschaftsleistung 2021 leicht um 0,1 Prozentpunkte auf 2,2 Prozent zurückging. Acht europäische Nato-Länder erreichten die Zielmarke des Militärbündnisses, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Verteidigung zu stecken.
Deutschlands prozentualer Anteil am BIP lag Sipri zufolge 2021 bei 1,3
Prozent. Die deutschen Militärausgaben lagen aufgrund der Inflation demnach mit 56 Milliarden Dollar (51 Mrd. Euro) um 1,4 Prozent niedriger als 2020. Damit ist die Bundesrepublik nach wie vor das Land mit den siebtgrößten Militärausgaben weltweit.
An der unangefochtenen Spitze stehen dabei einmal mehr die Vereinigten Staaten. Die US-Militärausgaben sanken im Jahresvergleich inflationsbereinigt zwar ebenfalls um 1,4 Prozent, waren mit einer Höhe von 801 Milliarden Dollar (734 Mrd. Euro) aber dennoch größer als die der neun weiteren Top-Ten-Staaten zusammen. Dabei fokussieren sich die USA nach Angaben der Friedensforscher in den vergangenen Jahren vor allem auf die militärische Forschung und Entwicklung. Die US-Regierung habe mehrmals die Notwendigkeit unterstrichen, den technologischen Vorsprung des US-Militärs gegenüber strategischen Konkurrenten aufrechtzuerhalten, unterstrich Sipri-Expertin Alexandra Marksteiner.
Doch China holt auf: Nach einem abermaligen Zuwachs um 4,7 Prozent schätzen die Friedensforscher die chinesischen Militärausgaben des Jahres 2021 auf 293 Milliarden Dollar (268 Mrd. Euro). Dahinter folgen mit einigem Abstand diesmal Indien, Großbritannien und Russland.
Apropos Russland: Im Jahr vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine wuchsen die Militärausgaben des Riesenreiches um 2,9 Prozent auf 65,9 Milliarden Dollar (60 Mrd. Euro), was einem Anteil am russischen Bruttoinlandsprodukt von 4,1 Prozent entsprach.
Dabei kamen dem Land von Präsident Wladimir Putin Einnahmen aus dem Geschäft mit fossilen Brennstoffen zugute, wie Sipri-Expertin Lucie Béraud-Sudreau erklärte: „Hohe Ölund Gas-Einnahmen haben Russland geholfen, seine Militärausgaben 2021 zu steigern.“Zwischen 2016 und 2019 seien die russischen Ausgaben wegen niedriger Energiepreise und der Sanktionen im Zuge der Annexion der ukrainischen Krim-Halbinsel noch zurückgegangen, seitdem aber mehrmals angestiegen.
Seit der besagten Krim-Annexion im Jahr 2014 hat die Ukraine ihre
Militärausgaben angesichts der Bedrohung durch Russland um 72 Prozent gesteigert. Im Jahr 2021 fielen sie allerdings um schätzungsweise 8,5 Prozent auf 5,9 Milliarden Dollar. Damit machten sie einen Anteil an der ukrainischen Wirtschaftsleistung in Höhe von 3,2 Prozent aus. Russland war am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert.
Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte die hohen Militärausgaben am Montag scharf. „Die Staatengemeinschaft ist damit auf einem höchst gefährlichen Weg und hat eine entscheidende Lektion der Vergangenheit vergessen: Mehr Geld für Waffen bringt nicht zwangsläufig mehr Sicherheit“, erklärte Greenpeace-Experte Alexander Lurz.