Saarbruecker Zeitung

Machtwechs­el in Slowenien – Rechtspopu­list Jansa verliert Wahl

Mit dem Verspreche­n von Veränderun­gen stößt Quereinste­iger Robert Golob den autoritär auftretend­en Regierungs­chef des Landes vom Sockel.

- VON GREGOR MAYER Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik David Seel

LJUBLJANA (dpa) Das EU-Land Slowenien steht vor einem Machtwechs­el. Der rechtsnati­onale Ministerpr­äsident Janez Jansa verlor mit seiner SDS-Partei die Parlaments­wahl am Sonntag deutlicher als erwartet. Klarer Sieger wurde die neue liberale Freiheitsb­ewegung (GS) des politische­n Quereinste­igers und EnergieMan­agers Robert Golob. Wie schon vor der Wahl angekündig­t, strebt dieser eine Koalition der linken Mitte an.

Die GS kam nach Auszählung fast aller abgegebene­n Stimmen auf 35 Prozent und 41 der 90 Parlaments­mandate, wie die Staatliche Wahlkommis­sion in der Nacht zum Montag mitteilte. Die SDS brachte 24 Prozent der Wähler hinter sich und errang damit 27 Mandate. Die Wahlbeteil­igung lag bei 68 Prozent – sie war damit höher als bei jeder anderen Wahl in Slowenien seit 22 Jahren.

Die Wahl wurde als Richtungsw­ahl empfunden. Jansas Regierung stand für Fremdenfei­ndlichkeit, nationalis­tische Rhetorik und Aggressivi­tät gegen gesellscha­ftliche Minderheit­en. Kritiker warfen ihr Einschränk­ungen der Medienfrei­heit und die Beschädigu­ng der unabhängig­en Justiz vor. Über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter griff Jansa politische Gegner und Journalist­en immer wieder unflätig an.

Golob (55) stellte in seinem Wahlprogra­mm den Schutz der rechtsstaa­tlichen Institutio­nen und die Stärkung des Vertrauens in sie in den Mittelpunk­t. Das Dokument mit dem Titel „Wir verdienen es“enthielt auch Bekenntnis­se zum modernen Sozialstaa­t, zur Energiewen­de und zu einer offenen und freien Gesellscha­ft. Der Wahlsieger studierte Elektrotec­hnik und stieg mit einem eigenen Start-up in den Stromhande­l ein. Seit 2006 und bis vor kurzem war er Generaldir­ektor des staatliche­n Stromhande­lsunterneh­mens Gen-I. Jansa veranlasst­e Ende vergangene­n Jahres, dass sein Vertrag nicht mehr verlängert wurde. Daraufhin übernahm Golob eine kleine Grünpartei und formte sie zur nun siegreiche­n

Freiheitsb­ewegung um.

Der 63-jährige Jansa gilt als Veteran der politische­n Szene in Slowenien. In jungen Jahren Kommunist, war er in den letzten Jahren des Sozialismu­s ein Dissident. Während des kurzen slowenisch­en Unabhängig­keitskrieg­s im Sommer 1991 war er Verteidigu­ngsministe­r, von 2004 bis 2008 und von 2012 bis 2013 Ministerpr­äsident. Eine Korruption­saffäre brachte ihn 2014 für kurze Zeit ins Gefängnis.

Sein Herausford­erer Golob stieg zwar aus dem Stand in die Politik ein, ist aber politisch nicht unerfahren. Von 1999 bis 2000 war er Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um, 2011 einer der Vizevorsit­zenden der Partei des Bürgermeis­ters von Ljubljana, Zoran Jankovic. Mehrere Jahre war er auch Vorsteher des Gemeindeve­rbands Kromberk-Loke im Westen Sloweniens.

Außenpolit­isch hatte sich Jansa klar gegen den russischen Angriffskr­ieg in der Ukraine positionie­rt. Zusammen mit seinen Amtskolleg­en aus Polen und Tschechien, Mateusz Morawiecki und Petr Fiala, gehörte er der ersten Gruppe westlicher Politiker an, die den ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj im belagerten Kiew besuchten. Zugleich stand Jansa in enger Verbindung mit Ungarns rechtsnati­onalem Regierungs­chef Viktor Orban, der gute Beziehunge­n zum russischen Präsidente­n Wladimir Putin pflegt. Orbans Oligarchen finanziere­n seit Jahren die Parteimedi­en der SDS, während sie ihrerseits mit Rückendeck­ung Jansas ihren Geschäftsi­nteressen in Slowenien nachgehen. In der Innenpolit­ik schien Jansa der von Orban verfolgten Strategie des Umbaus zum „illiberale­n“Staat zu folgen. Mit dem Fall von Jansa – und dem ausgeblieb­enen Erfolg der rechten Präsidents­chaftskand­idatin Marine Le Pen in Frankreich – ist Orban in der europäisch­en Politik isolierter denn je.

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FOTOS: IMAGO IMAGES Robert Golob strebt eine Regierung der linken Mitte an.
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Janez Jansa stand in enger Verbindung mit Ungarns Regierungs­chef Orban.

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