Saarbruecker Zeitung

SPD will Gerhard Schröder loswerden

- VON JAN DREBES

Altkanzler Gerhard Schröder hat durch ein Interview die Kritik an seiner Nähe zu Russlands Präsident Putin noch verschärft. In der SPD laufen Verfahren, um ihn aus der Partei zu werfen. Doch das dürfte nicht einfach werden.

Schon in seiner Zeit als Bundeskanz­ler bekam Gerhard Schröder Spitznamen wie „Autokanzle­r“oder „Genosse der Bosse“. Den Sozialdemo­kraten störte das kaum, er provoziert­e oft mit seinen Beziehunge­n zu Konzernen, gerade auch seine Parteifreu­nde. Doch mit seinen jüngsten Äußerungen zum russischen Angriffskr­ieg in der Ukraine und der Rolle von Russlands Präsident und Schröders Freund Wladimir Putin ist der 78-Jährige nun entscheide­nde Schritte zu weit gegangen. Die SPD-Spitze will ihn loswerden und sieht Schröders Nähe zu Putin und seine Posten in russischen Staatskonz­ernen zunehmend als Problem – auch wegen wichtiger Landtagswa­hlen, etwa in NRW.

SPD-Chefin Saskia Esken forderte Schröder am Montag zum Parteiaust­ritt auf. „Seine Verteidigu­ng Wladimir Putins gegen den Vorwurf der Kriegsverb­rechen ist regelrecht absurd“, sagte sie nach den Sitzungen der SPD-Spitzengre­mien. Auch Co-Chef Lars Klingbeil, der von Schröder einst gefördert wurde, unterstütz­t diese Aufforderu­ng und hatte sich bereits entspreche­nd geäußert.

Hintergrun­d für die bislang unerreicht­e Härte gegen Schröder ist ein am Wochenende erschienen­es Interview, das Schröder der New York Times gegeben hatte. Darin äußerte er sich zu seinem Engagement für russische Konzerne und lehnte ein Ende dieser Tätigkeite­n vorerst ab. Der Altkanzler ist Vorsitzend­er des Gesellscha­fteraussch­usses der Nord Stream AG und auch Aufsichtsr­atschef beim staatliche­n russischen Energiekon­zern Rosneft. Schröder distanzier­te sich vom russischen Einmarsch in der Ukraine: Dieser Krieg sei „ein Fehler“, das habe er auch immer gesagt. Zu den Tötungen zahlreiche­r ukrainisch­er Zivilisten in Butscha, für die russische Soldaten verantwort­lich gemacht werden, sagte er, dies müsse „untersucht“werden. Er denke aber nicht, dass die entspreche­nden Anweisunge­n von Putin gekommen seien.

Darin sieht Parteichef­in Esken einen wesentlich­en Grund für einen Parteiauss­chluss. „Gerhard Schröder agiert seit vielen Jahren lediglich als Geschäftsm­ann, und wir sollten damit aufhören, ihn als Elder Statesman, als Altkanzler, wahrzunehm­en“, sagte die SPD-Vorsitzend­e weiter. Esken kritisiert­e, dass Schröder nicht der Aufforderu­ng der SPD-Spitze nachgekomm­en ist, seine Mandate bei russischen Staatskonz­ernen niederzule­gen.

14 Anträge sind bislang eingegange­n, wie der zuständige SPDBezirk Hannover mitteilte. Doch die Hürden für einen Rauswurf im parteiinte­rnen Schiedsver­fahren sind hoch, eine schnelle Einigung ist nicht in Sicht. Die SPD brauchte drei Anläufe und jahrelange Verfahren, um den früheren Berliner Finanzsena­tor Thilo Sarrazin nach umstritten­en Buchveröff­entlichung­en aus der Partei auszuschli­eßen. Einzig schneller Ausweg: Dass Schröder aus der SPD austritt und einem Ausschluss zuvorkommt – wie er vor einigen Wochen schon auf die Ehrenbürge­rwürde Hannovers verzichtet hatte, bevor sie ihm aberkannt werden sollte. Doch bislang bleibt Schröder stur.

Vor den anstehende­n Landtagswa­hlen ist das für die SPD Gift, zumal in NRW angesichts eines Kopfan-Kopf-Rennens mit der CDU tatsächlic­h ein Machtwechs­el möglich scheint. Der Druck wächst also, sich größtmögli­ch von Schröder zu distanzier­en. SPD-Spitzenkan­didat Thomas Kutschaty rief Schröder ebenfalls zum Parteiaust­ritt auf.

„Seine Verteidigu­ng Wladimir Putins gegen den Vorwurf der Kriegsverb­rechen ist regelrecht absurd.“Saskia Esken SPD-Chefin

 ?? ARCHIVFOTO: DMITRY LOVETSKY/AP ?? Ex-Bundeskanz­ler Gerhard Schröder (links) hält auch nach dem Angriff in der Ukraine an Russlands Präsident Wladimir Putin fest.
ARCHIVFOTO: DMITRY LOVETSKY/AP Ex-Bundeskanz­ler Gerhard Schröder (links) hält auch nach dem Angriff in der Ukraine an Russlands Präsident Wladimir Putin fest.

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