Gerontologin und Ex-Ministerin Ursula Lehr gestorben
BONN (kna) Ursula Lehr, Pionierin der Alternsforschung, CDU-Politikerin und ehemalige Bundesfamilienministerin, ist am Montag im Alter von 91 Jahren gestorben. Das teilte das Stadtdekanat der Bonner Katholiken mit. Lehr war Autorin des Standardwerks „Psychologie des Alterns“und hatte 1986 das Institut für Gerontologie an der Universität Heidelberg und 1995 das Deutsche Zentrum für Alternsforschung (DZFA) gegründet. Von 2009 bis 2015 stand sie der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) mit Sitz in Bonn vor. Als Bundesfamilienministerin von 1988 bis 1991 im Kabinett von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) gab sie den ersten Altenbericht über die Lebenssituation älterer Menschen in Auftrag, der seit 1993 in jeder Legislaturperiode erscheint.
Lehr wurde am 5. Juni 1930 in
Frankfurt am Main geboren. Sie studierte dort und in Bonn Psychologie, Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte. An der Philosophischen Fakultät Bonn habilitierte sie sich 1968 als erste Frau. 1976 übernahm sie den an der Universität neu geschaffenen Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie. Lehr, die sich außer mit Altersfragen auch intensiv mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigt hat, trat 1986 der CDU bei und gehörte von 1990 bis 1994 dem Deutschen Bundestag an. Im Dezember 1988 folgte sie als Seiteneinsteigerin auf Rita Süssmuth (CDU) an der Spitze des Bundesministeriums für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Als sie dafür eintrat, dass nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auch Zweijährige in Kindergärten betreut werden können, erntete sie innerhalb der Union heftigen Widerspruch.
Lehr verstand das Altern nicht als statischen Zustand, sondern als einen lebenslangen Prozess der Veränderung, der sowohl die Zu- als auch die Abnahme von Fähigkeiten umfasst. Die Gesellschaft setzt nach ihrer Ansicht nicht ausreichend auf die Kompetenz älterer Menschen.