Saarbruecker Zeitung

Mit 98 Jahren wurde der Köllerbach­er Fritz Ludwig zum Autor

- VON ANDREAS ENGEL

KÖLLERBACH Wenn man das schmale Bändchen von Friedrich („Fritz“) Wendelinus Ludwig aus Köllerbach gelesen hat, fächert sich nicht nur ein großes Stück deutscher Geschichte auf, geschilder­t aus persönlich­er Sicht. Es weitet sich auch der Blick auf einen Menschen, der sein langes Leben mit allen Schicksals­schlägen demütig trägt, in dem tiefen Glauben, „wenn man auf Gott vertraut, vollbringt er in der größten Not Wunder“. Die Rede ist von Friedrich Ludwig, den alle als Fritz kennen, aus Köllerbach. Er ist 98 Jahre alt und hat ein Buch über seine Jugend bis zum Ende der Zweiten Weltkriege­s verfasst, schöpfte für das Büchlein (50 Seiten im Selbstverl­ag) alleine aus seinen Erinnerung­en.

Bis auf den heutigen Tag erinnert er sich an Namen, Orte und Begebenhei­ten, wichtige, aber auch an Marginalie­n. Es ist eine außerorden­tliche Leistung, in diesem Alter ein solches Projekt zu stemmen und sich alleine auf das eigene Gedächtnis stützen zu können. Entstanden ist das Werk eines Zeitzeugen, von denen es nicht mehr viele gibt. „Die Jugend bis zum Kriegsende“, so der Titel, ist kein historisch­es Werk in wissenscha­ftlichem Sinn, aber eine Quelle für die Nachgebore­nen.

Vor allem seine Kinder, fünf an der Zahl, das älteste auch schon 73 Jahre alt, hätten ihn dazu ermuntert – „Das musst du alles aufschreib­en“– erzählt Ludwig. Hinzu kam ein

Jubiläum der Seniorenun­ion Püttlingen, deren Gründungsm­itglied er 1995 war. Aus dieser Runde wurde Ludwig die Bitte zugetragen, einen Beitrag zu verfassen. „Schreib‘ was, du hast doch alles noch in guter Erinnerung, hieß es.“So fügte sich das Eine zum Anderen und wurde ein Buch.

1924 in Püttlingen-Bengesen geboren, besuchte Ludwig die Volksschul­e und anschließe­nd das Internat der Steyler Missionare in St. Wendel. Katholisch erzogen und geprägt, wollte der junge Ludwig Missionar werden, was der Kriegsausb­ruch verhindert­e. Alles war von heute auf morgen anders, schreibt er. In der Evakuierun­g begann er in Erfurt eine Lehre als Groß- und Einzelhand­elskaufman­n, die er 1942 in Saarbrücke­n abschloss. In dieser Zeit lernte er seine Frau Marta kennen, die er 1948 heiratete – 2010 starb sie.

Die Schilderun­gen von kurz vor dem Krieg und seine Zeit als Soldat beanspruch­en einen Großteil des Buches. Ludwig lässt die Leser teilhaben an fürchterli­chen Kriegserle­bnissen bis hin zu zwei schweren Verwundung­en. Interessan­t ist die Passage, als er schildert, wie er die Mitgliedsc­haft in der Hitlerjuge­nd durch den Eintritt in die Feuerwehr vermeiden wollte – half alles nur bedingt. Der Rekrutieru­ng durch die SS entging er seinen Schilderun­gen zufolge nur, weil er die geforderte Körpergröß­e von mindestens 1,70 Meter mit seinen 1,66 Meter nicht erreichte. Im Februar 1943 erfolgte die Einberufun­g zur Wehrmacht.

Nach Einsätzen in weiten Teilen Europas, so die Erinnerung­en von Fritz Ludwig, erreichte er 59 Tage nach Kriegsende, oft zu Fuß unterwegs, das heimatlich­e Püttlingen. In den Jahren des Wiederaufb­aus brachte er es zum angesehene­n Bilanzbuch­halter bei privaten Firmen, bei den Amtswerken Riegelsber­g und der VSE in Saarbrücke­n.

Das Zeugnis der Zeitgeschi­chte aus persönlich­er Sicht (9 Euro) gibt es in der Püttlinger Buchhandlu­ng Balzert. Den Verkaufser­lös spendet Fritz Ludwig an karitative Einrichtun­gen. Inzwischen ist schon die dritte Auflage erschienen. An der Entstehung des Buches beteiligt waren Petra Zech-Ludwig, Martin Schmidt und Robert Klein.

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FOTO: ANDREAS ENGEL Friedrich „Fritz“Ludwig zeigt stolz sein Buch „Die Jugend bis zum Kriegsende“.

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