Neue Regierung im Saarland will noch mehr Tempo bei G9-Rückkehr
Schon aktuelle Fünftklässler an Gymnasien werden wohl das G9-Abitur machen. Die Landesregierung prüft eine noch schnellere Abkehr von G8.
SAARBRÜCKEN Die neue SPD-Landesregierung prüft, wie schnell die Rückkehr zum Abitur G9 auch für Jahrgänge umgesetzt werden kann, die bereits jetzt das Gymnasium besuchen. Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) stellt in Aussicht, dass die G9-Reform ab dem Schuljahr 2023/2024 auf die Klassenstufen 6, 7, 8 und 9 ausgeweitet werden soll. Das würde nach ihren Worten bedeuten, dass mindestens auch die jetzigen Fünftklässler an Gymnasien ihr Abitur bereits in neun statt acht Jahren ablegen. Die dafür notwendigen konzeptionellen Änderungen wie das Rechtsetzungsverfahren seien allerdings „komplizierte Verfahren, die Zeit und Beteiligung brauchen“, erklärte am Donnerstag das Ministerium gegenüber der SZ.
Fest steht bisher nur, dass alle Kinder, die nach den Sommerferien in Klassenstufe 5 eines Gymnasiums wechseln, ihr Abitur nach neun Jahren ablegen werden. Das bekräftigte Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) am Donnerstag im SZ-Redaktionsgespräch. Auch sie zeigte sich aber für die Ausweitung auf bereits aktuelle Gymnasial-Klassen offen.
Das Tempo, das die Landesregierung bei der Rückkehr zu G9 an den Tag legt, hat viele Schulen, Lehrkräfte und Eltern überrascht. Der Landesverband Reale Bildung hält sogar Ummeldungen für möglich. „Gut vorstellbar ist, dass einige Eltern die Anmeldung ihrer Kinder an einer Gemeinschaftsschule überdenken werden und vielleicht eine Ummeldung überlegen werden“, sagte VRBLandesvorsitzende Karen Claassen. „Das Problem, dass Eltern bereits jetzt ihre Kinder an einer Gemeinschaftsschule angemeldet haben, damit diese G9 machen, haben wir natürlich auch gesehen“, sagte auch Landesschülersprecher Lennart-Elias Seimetz. Ministerpräsidentin Rehlinger schloss gegenüber der SZ nicht aus, dass angesichts der neuen Lage hier in Einzelfällen eine Ummeldung ermöglicht werden könnte.
Die Landeselternvertretung Gemeinschaftsschule sieht durch die zügig geplante Rückkehr zu G9 die Gleichwertigkeit der Schulformen in Gefahr. „Es steht auch zu befürchten, dass es zu einem massiven Ungleichgewicht in der Verteilung der (knappen) Ressourcen des Bildungsbudgets im Land kommen wird“, sagte Vorsitzender Jochen Schumacher. „Seit Jahren werden den Gemeinschaftsschulen Verbesserungen für Personal, Ausstattung und finanzielle Mittel in Aussicht gestellt, jetzt müssen Taten folgen“, forderte Elke Boudier vom Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (SLLV).