Warum die Union dem Ampel-Plan nicht einfach zustimmt
BERLIN Die Bundesregierung will wegen des Ukraine-Kriegs die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro aufrüsten. Doch die Umsetzung der „Zeitenwende“von Kanzler Olaf Scholz hakt: Regierungskoalition und Union ringen um die Details des geplanten Sondervermögens für die Streitkräfte. Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist genau geplant
Die Regierung will im Grundgesetz in den Artikel 87a einen neuen Absatz 1a einfügen: „Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann der Bund ein Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten.“Genau um diese
Formulierung wird mit der Union noch verhandelt: Die Union pocht drauf, den Zweck des Sondervermögens nur auf die Bundeswehr zu beziehen, nicht auf andere Ausgaben. Die Verfassungsänderung muss mit Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Die Regierung benötigt also auch die Zustimmung der Union, die diese aber an Bedingungen knüpft. Dagegen reichen für das Errichtungsgesetz einfache Mehrheiten. Damit wird festgelegt, dass Finanzminister Christian Lindner (FDP) die nötigen Kredite aufnehmen darf und jährlich über Einnahmen und Ausgaben informieren muss. Ist das Geld ausgegeben, wird das Sondervermögen aufgelöst. Die Tilgung der Schulden soll danach „in einem angemessenen Zeitraum“erfolgen.
Warum wird nicht einfach der Etat des Verteidigungsministeriums aufgestockt
Um das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen, müsste der Verteidigungsetat sprunghaft von derzeit 50 auf über 70 Milliarden Euro erhöht werden. Die Sondervermögen hat den Vorteil, dass die Kredite dafür nicht unter die Schuldenbremse fallen, die ab 2023 wieder eingehalten werden soll. Der Sondertopf steht zudem nach der Errichtung jahrelang zur Verfügung, nicht nur in einem Haushaltsjahr. Mit der Verankerung des Sondervermögens im Grundgesetz wollen Scholz und Lindner zudem erreichen, dass das Geld künftig nicht einfach für andere Zwecke ausgegeben werden könnte.
Was genau soll aus dem Sondervermögen bezahlt werden
Vor allem Rüstungsprojekte. Die Beschaffungen legt ein jährlicher Wirtschaftsplan fest. Offen und Gegenstand der Verhandlungen ist, ob auch Projekte der Energie- oder Cybersicherheit, die normale Ausstattung der Soldaten oder Hilfen für andere Länder daraus finanziert werden könnten. Bereits klar ist, dass mit dem Sondervermögen die Nachfolge für die betagten TornadoJets der Bundeswehr bezahlt werden soll. Hierzu hat das Verteidigungsministerium bereits die Beschaffung von 35 US-Tarnkappen-Jets F-35 angekündigt. Ebenfalls geplant ist der Kauf bewaffneter Drohnen.
Worum streiten Ampel und Union noch
Die Union will nicht akzeptieren, dass die Ampel die 100 Milliarden Euro auch noch für andere Zwecke als nur die Streitkräfte ausgeben will. Zudem will sie durchsetzen, dass die Anhebung des Verteidigungsetats auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung dauerhaft festgeschrieben und in der Finanzplanung abgebildet wird – also auch dann noch verpflichtend für eine nächste Regierung ist, wenn das Sondervermögen ausgelaufen ist. Teile von SPD und Grünen lehnen das ab. Sie verweisen darauf, dass die Wirtschaftsleistung und damit auch die nötigen Verteidigungsausgaben auch wieder sinken könnten.
Wie reagiert die Union
„Scholz hat 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr und die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels bei den Verteidigungsausgaben angekündigt, doch die Ampel versucht, sich mit dem Geld auch andere Ausgabenwünsche zu erfüllen. Das ist nicht akzeptabel“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt unserer Redaktion. „Wir nehmen den Kanzler beim Wort und wollen im Grundgesetz verankern, dass die 100 Milliarden Euro Sondervermögen in vollem Umfang für die Bundeswehr zur Verfügung stehen“, sagte Dobrindt.
Wie geht es jetzt weiter
Im Haushaltsausschuss des Bundes tags soll es am 9. Mai eine Expertenanhörung zum Sondervermögen geben. Die Verabschiedung im Bundestag ist Ende Mai/Anfang Juni geplant. Bis dahin wollen Koalition und Union eine Einigung erzielen.