SPD sucht obersten Bevölkerungsschützer
Der bisherige Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz ist Minister in Sachsen geworden. Das Haus hat jedoch wichtige Aufgaben zu lösen,
BERLIN Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) fristete lange ein Dasein als unbekannte Behörde. Zivilschutz stand in Friedenszeiten nicht im Fokus, nur bei Naturkatastrophen. Einen Aufschrei gab es erst, als im September 2020 ein bundesweiter Warntag erhebliche Mängel offenbarte, in vielen Regionen blieben Sirenen still, Warn-Apps funktionierten nicht, der langjährige Präsident musste daher gehen.
Übernommen hatte der CDU-Politiker, Innenexperte und Polizist Armin Schuster. Doch auch er ist schon wieder weg, nachdem er am Montag zum neuen sächsischen Innenminister berufen wurde. Schuster, der die Bonner Behörde mit deutlich aufgestockten Mitteln umkrempeln wollte, ist plötzlich nicht mehr da – obwohl in Europa nach jahrzehntelangem Frieden erstmals wieder Krieg herrscht und sich durch die russischen Aggressionen in der Ukraine und darüber hinaus auch mögliche Bedrohungen für die deutsche Bevölkerung ergeben.
Schuster hatte gesagt, „fünf Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren für den Schutz der Bevölkerung wären ein guter Anfang“. Aber nur ein Anfang.
Es ist also dringend, dass das Bundesamt eine neue Leitung bekommt, um den Herausforderungen zu begegnen. Das findet zum Beispiel der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz: „Die Besetzung der Leitung des BBK ist für uns gerade mit Blick auf die enorme Bedeutung des Themas und den großen Reformbedarf im Bereich des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes eine sehr wichtige Frage“, sagte er unserer Redaktion. Die Grünen wollen eingebunden werden in die Personalentscheidung. Zuletzt hatte auch die Parteivorsitzende Ricarda Lang den Zivilschutz als wichtiges Thema für die Grünen markiert.
Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine kündigte die Grünen-Spitze an, den Zivil- und Katastrophenschutz reformieren zu wollen. So sollen bundesweit künftig deutlich mehr Schutzräume geschaffen werden, heißt es in einem 15-Punkte-Programm.
Das Bundesamt ist jedoch eine nachgeordnete Behörde des Bundesinnenministeriums, und das wird von der SPD-Politikerin Nancy Faeser geführt. Das Zugriffsrecht für den BBK-Spitzenposten liegt nun also bei der SPD. Doch wer könnte dort jetzt für die Nachfolge von Armin Schuster infrage kommen?
In der SPD hüllt man sich in Schweigen. Profilierte Innenpolitiker wie der frühere NRW-SPDChef und heutige innenpolitische Sprecher der Fraktion, Sebastian Hartmann, sind in den Prozess eingebunden.
Gehandelt wird unter anderem auch die SPD-Abgeordnete und ausgebildete Polizistin Kirsten Lühmann. Eine Entscheidung vor der Sommerpause gilt als wahrscheinlich, voraussichtlich in einer der nächsten Sitzungswochen des Bundestages.