Großes Stühlerücken in den saarländischen Ministerien
Ganze Abteilungen ziehen um, und die Ressortchefs suchen neue Mitarbeiter, die ihnen nahestehen. Das ist teilweise legitim, aber der Grat zum Filz ist schmal.
SAARBRÜCKEN In den saarländischen Ministerien ist gerade viel in Bewegung. Ganze Abteilungen werden zwischen den Ressorts verschoben. So wandert die Wissenschaftspolitik von der Staatskanzlei ins Finanzministerium – und nicht ins Bildungsministerium, wie von der SPD im Wahlkampf angekündigt. Dafür erhält das Bildungsministerium die Zuständigkeit für die Kitas.
Die Europa-Abteilung im Finanzministerium wird künftig Teil der Staatskanzlei. Dafür wechseln die Bereiche Innovation und Digitalisierung aus der Staatskanzlei zum Wirtschaftsministerium. Dieses muss an anderer Stelle Federn lassen: Die Verkehrspolitik (künftig „Mobilität“) wird ins Umweltministerium verschoben, und die Arbeitsmarktpolitik ins Sozialministerium.
Auf den Amtsstuben der neu zusammengesetzten Ressorts ist auch aus einem anderen Grund nun Stühlerücken angesagt: In den Ressorts, die bisher in CDU-Hand waren, suchen die neuen Minister und Staatssekretäre nun Büroleiter, persönliche Referenten, Redenschreiber oder Pressesprecher.
„Jeder Regierungswechsel bedeutet eine große Herausforderung für die demokratische Steuerung der betroffenen Ministerialbürokratie, da eine neue politische Führung auch – partiell – andere politische Akzentsetzungen und Inhalte umsetzen möchte“, sagt der Trierer Politikwissenschaftler und Verwaltungsexperte Wolfgang Lorig, der zum ParteienEinfluss auf den öffentlichen Dienst geforscht hat. Dies entspreche auch dem Wählerauftrag an die demokratisch gewählte neue Regierung.
„Es dürfte Konsens in der Verwaltungswissenschaft sein, dass nach einem Wechsel in der Führung eines Ministeriums auch die engsten Mitarbeiterstellen des Ministerbüros mit neuen Personen zu besetzen sind, die das uneingeschränkte persönliche und auch (partei-)politische Vertrauen des zuständigen Ministers/der zuständigen Ministerin haben.“Ausnahmen wie Stephan Toscani, der als CDU-Finanzminister eine Sprecherin mit SPD-Parteibuch wählte, bestätigen die Regel.
Die engen Mitarbeiter der bisherigen CDU-Minister werden nun überwiegend in die Fachabteilungen ihrer Ressorts wechseln oder haben dies im Angesicht der CDU-Niederlage bereits kurz vor der Wahl getan. Andere personelle Stützen der CDU-Ministerien werden vielleicht zu Landesämtern oder in politisch weniger wichtige Abteilungen wechseln – oder sie werden ihren Job behalten, weil ihre Fachexpertise auch vom neuen SPD-Minister geschätzt wird.
Stellenbesetzungen in den Ministerien nach Regierungswechseln sind immer ein Aufreger-Thema, wie die Geschichte zeigt. Nachdem die SPD die Landtagswahl 1999 verloren hatte, kritisierte der neue Oppositionsführer Heiko Maas im Landtag die „Parteibuchwirtschaft“der CDU, auch wenn er zugestand, es sei „im Rahmen eines Regierungswechsels notwendig, an der einen oder anderen Stelle Neueinstellungen und Veränderungen vorzunehmen“– wie sich mit der Bildung der Jamaika-Koalition 2009 und der großen Koalition 2012 zeigte.
Daraufhin meldete sich der neue Ministerpräsident Peter Müller (CDU) zu Wort und zählte für einzelne Ministerien auf, wie viele Abteilungsleiter dort ein SPD-Parteibuch haben – es war die Mehrheit.
Nach fast 23 Jahren Regentschaft der CDU ist jedoch unbestreitbar, dass die Belegschaft in der Staatskanzlei und den zuletzt von ihr geführten Ressorts stark CDU-lastig ist. Natürlich gibt es Ausnahmen: Die politisch hochsensible Haushaltsabteilung im Finanzministerium zum Beispiel führte zuletzt der Sozialdemokrat Wolfgang Förster, ein von der CDU hochgeschätzter Fachmann, der nun von der SPD zum Staatssekretär befördert wurde.
Die meisten Abteilungsleiter und viele Referatsleiter in den ehemals CDU-geführten Ressorts sind aber zweifellos Unionsleute. Dieser schwarze Überhang wird sich in den nächsten Jahren abschwächen, durch Neueinstellungen, Versetzungen und Pensionierungen.
Lorig hält einen personellen Austausch in Ministerbüros für legitim, in den Fachabteilungen sei jedoch eine „Amtsloyalität“der Beamten unabhängig von ihrer politischen Couleur notwendig. „Insoweit dürften in diesem Verwaltungsbereich besondere Personalrotationen nur eingeschränkt sinnvoll und verantwortbar sein.“Sonst pervertierten öffentliche Ämter zu „Pfründen“.
Wenn es um Einstellungen und Beförderungen geht, macht das Grundgesetz eigentlich klare Vorgaben: Entscheidend sind Eignung, Leistung und Befähigung.