Autokorso für deutsch-russische Brüderschaft
Die Tour von Zweibrücken über Homburg und St. Ingbert nach Saarbrücken ist für den 8. Mai geplant – und sorgt in sozialen Medien für Gegenwind.
ZWEIBRÜCKEN/SAARBRÜCKEN Russlandfreundliche Zweibrücker haben für Sonntag, 8. Mai, einen Autokorso durch Zweibrücken und große Teile des Saarlands angemeldet. In dem auf Facebook veröffentlichten Aufruf werden vier Gründe für die Demonstration genannt: „Als Zeichen für eine Brüderschaft zwischen Deutschland und Russland. Als Zeichen gegen die Diskriminierung russischsprachiger Mitbürger. Als Zeichen gegen Krieg. Als Gedenken an alle gefallenen Soldaten.“
Ein 26-jähriger Zweibrücker hatte diesen Aufruf am Dienstagabend in der größten Zweibrücker FacebookGruppe „Zweibrücken, unsere Stadt“mit den Worten „Wer Lust hat kann gerne kommen“geteilt – und damit für viel Kritik gesorgt. Aus zwei Gründen. Erstens: Von der Ukraine – derzeit Opfer des russischen Angriffskriegs – ist in dem Aufruf keine Rede. Zweitens: Auch auf mehrfache Nachfragen weigerte sich der 26-Jährige, die Namen der DemoAnmelder zu nennen. Einige Stunden später löschte die Administratorin der Facebook-Gruppe deshalb den Aufruf. Administratorin Marie Charlie Strauch erklärte auf Nachfrage unserer Zeitung: „Ich habe den Post gelöscht, weil es mir nach der ganzen Geheimniskrämerei in den Kommentaren darum, wer verantwortlich für die Veranstaltung ist, und nachdem auf Nachfrage beim Postenden, warum er sich auf seinem Privatprofil öffentlich mit dem russischen Angriffskrieg solidarisiert, keine Antwort kam, zu heikel wurde, – wir möchten keinen Veranstaltungen Reichweite bieten, die sich, hinter Phrasen der beiderseitigen Anteilnahme versteckend, letztendlich doch nur auf eine Seite stellen.“Ähnliches sei bundesweit in letzter Zeit schon bei einigen prorussischen Demos passiert.
In dem Autokorso-Aufruf steht: „Bitte kein ,Z‘ und ,V‘ auf die Autos kleben.“Beide Zeichen verwendet Russland auf seinen Militärfahrzeugen in der Ukraine und in seiner Propaganda – in Deutschland können sie laut Bundesinnenministerium strafbar sein, wenn sie als Unterstützung für den völkerrechtswidrigen Krieg dienen. Kommentatoren in der Facebook-Diskussion kritisierten, der Aufruf-Verbreiter verwende ein russischfarbiges „Z“auf seiner Facebook-Seite. Am späten Mittwochabend war es nicht (mehr) zu sehen.
Der 26-Jährige sagte auf Anfrage: Die Anmelderinnen seien ein Familienmitglied von ihm und eine Kollegin, beide aus Zweibrücken. Die Namen wolle er nicht öffentlich machen. Der 26-Jährige machte in dem Telefonat einerseits kein Geheimnis daraus, dass er in dem Ukraine-Krieg, den er wie Putin als „militärische Spezialoperation“bezeichnete, auf russischer Seite stehe.
Andererseits betonte der Zweibrücker, in dem Aufruf gehe es ausdrücklich um das „Gedenken an alle gefallenen Soldaten“, also auch ukrainische. Gedenken wolle man
100 Wagen werden bei dem Autokorso teilnehmen, wird in der Anmeldung geschätzt. Quelle: Anmelder des Autokorsos
auch aller Gefallenen des Zweiten Weltkriegs.
Auf die Frage, wo und wie denn Menschen russischsprachiger Herkunft in Zweibrücken diskriminiert würden, wie der Aufruf behauptet, antwortete der 26-Jährige, dies geschehe „häufig in Deutschland“. Es gebe „zum Beispiel auch von ukrainischen Menschen, die hierher geflüchtet sind, Beschimpfungen“.
Die Demonstration soll am 8. Mai stattfinden – dem Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs 1945. Das „passt zwar ganz gut“, sei aber „ganz zufällig“, erzählt der 26-Jährige: „Eigentlich wollten wir das schon am 24. April machen, aber das Koordinieren mit den Behörden hat etwas gedauert.“Man rechne mit ungefähr 100 teilnehmenden Fahrzeugen, erklärte der 26-Jährige. Der Autokorso führe von der Geschwister-SchollAllee in Zweibrücken (12 Uhr) über Homburg und St. Ingbert bis zu einem „sowjetischen Denkmal“am Hauptfriedhof Saarbrücken. Dort wollte man eigentlich der gefallenen Soldaten mit Blumen gedenken – doch die Saarbrücker Ordnungsbehörde werde laut Vorgespräch wohl zur Auflage machen, auf Blumen mit Rücksicht auf den vielen Betrieb wegen des Muttertags zu verzichten.
Der Zweibrücker Stadtsprecher Jens John bestätigt: „Die Versammlung wurde ordnungsgemäß angemeldet.“Die Routenplanung von
Zweibrücken nach Saarbrücken sei „noch nicht endgültig“. Auch der Auflagenbescheid durch die Zweibrücker Ordnungsbehörde sei „noch in Bearbeitung“. Er werde aber nach vorheriger Absprache mit den Behörden aus Homburg, St. Ingbert und Saarbrücken – wo die Demo ebenfalls schon angemeldet sei – „zeitnah erlassen“.
Das deutsche Versammlungsgesetz schreibt vor: „Wer zu einer öffentlichen Versammlung oder zu einem Aufzug öffentlich einlädt, muss als Veranstalter in der Einladung seinen Namen angeben.“Das aber ist in dem in der Zweibrücker und auch einer Saarbrücker sowie seiner Homburger Facebook-Gruppe geteilten Aufruf-Bild nicht geschehen. Wird das Konsequenzen haben? Der Zweibrücker Stadtsprecher Jens John: „Ein möglicher Verstoß wird durch die Ordnungsbehörde geprüft und gegebenenfalls im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten sanktioniert.“In der Anmeldung bei der Ordnungsbehörde seien die Namen genannt.
Der Saarbrücker Stadtsprecher Thomas Blug sagte auf Anfrage: „Eine Anmeldung liegt vor. Diese wird derzeit geprüft, wir sind mit den Sicherheitsbehörden in Abstimmung. Weitere Infos können wir derzeit daher noch nicht geben.“Die Auflagen seien noch nicht erlassen worden.