Ein Künstler, der menschliche Würde sichtbar machte
NEUNKIRCHEN (kek) „Mein künstlerisches Anliegen ist das Bewusstmachen dessen, was Menschen einander antun können; vor allem, wenn die Menschenrechtsverletzung politisch legitimiert ist.“So begründete Seiji Kimoto seine Motivation, Mahnmale an Stätten des Grauens zu errichten. Am Mittwoch ist der japanisch-deutsche Bildhauer und Kalligraph gestorben: Die Kunstwelt verliert mit ihm einen Individualisten, der menschliche Würde unabhängig von Weltkulturen sichtbar machte. In seiner Erinnerungskultur setzte sich Kimoto sowohl mit dem Nationalsozialismus wie mit der Stasi-Diktatur auseinander: Entsprechende Skulpturen, Großplastiken und Reliefs finden sich etwa an der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen oder an den KZ-Gedenkstätten Natzweiler-Struthof und Mauthausen. Kimotos letzte große Arbeit im öffentlichen Raum ist das Mahnmal „Unvergessen – Ungebrochen“in Kärnten: Beidseitig des Loibl-Tunnels ruft eine Zwillingsskulptur, deren zweiter Teil im Februar dieses Jahres enthüllt wurde, das Leid der KZ-Häftlinge wach, die besagte Passage graben mussten. Auch in seinen anderen Objekt-Arbeiten wollte Kimoto deutlich machen, wie viel Leid und Schuld „aus rassistischen, ausgrenzenden Ideologien entstehen kann“. Dabei ging es ihm jedoch nie um ein simples Abbild des Leidens, sondern um eine Verdichtung zugunsten der Empathiefähigkeit des Betrachters.
Formal war Kimoto ein Mittler zwischen japanischer Tradition und Europäischer Moderne. Geboren wurde er 1937 in Osaka, wo er Innenarchitektur und Zen-Malerei studierte. Auf dem Weg ans Freiburger Goethe-Institut lernte er 1967 seine spätere Frau Ursula kennen, mit der er zuletzt in Wiebelskirchen lebte. Nach seinem Studium bei Boris Kleint an der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk Saarbrücken war Kimoto ab 1971 freischaffend und hinterließ regional zahlreiche Spuren: So war er Gründungsmitglied der „Gruppe 7“sowie des BBK (Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler) Saar, des Saarländischen Künstlerhauses und der LAG Erinnerungsarbeit. Regionale Mahnmale für Zwangsarbeiter konzipierte Kimoto im Hüttenpark Neunkirchen und an der Kläranlage Sinnerthal; allein in Saarbrücken zieren seine Werke Institutionen wie das Rathaus, die Hochschule für Musik, die Johanneskirche oder die Fachoberschule Design. „Macht und Ohnmacht“heißt ein mächtiges Relief, das er für den Landtag entwarf; seinen gleichnamigen SkulpturenZyklus vermachte Kimoto vor zwei Jahren dem Historischen Museum. Daneben schuf er meditative Papierarbeiten wie Tuschebilder und Kalligrafien, die er in dem Projekt „Raku-Sho“(Klingende Zeichen) in Kooperation mit einem Musiker sogar hörbar machte.