Supermarkt-Schließung erhitzt die Gemüter
Der Netto-Discounter an der Liesbet-Dill-Straße in Dudweiler-Süd schließt am Samstag um 20 Uhr für immer. Viele Anwohner sind enttäuscht und verärgert. Sie befürchten, dass der Verlust dieser alltagstauglichen Einkaufsmöglichkeit weitreichende Folgen hat.
DUDWEILER Noch sind die Regale gut gefüllt in der Dudweiler Netto-Filiale an der Liesbet-Dill-Straße. Im Discounter ist das Kundenaufkommen gegen 8.30 Uhr eher mäßig. Ein bisschen in die Jahre gekommen ist die kleine Filiale schon. Sie wirkt recht beengt. Um zu den Tiefkühlwaren zu gelangen, müssen die Kunden auf einer Rampe einen Höhenunterschied überwinden. Der Blick in den Gang zum Lager und zu den Räumen der Filialleitung verrät wegen der Gestaltung des Bodens und der Wände, dass hier schon einige Generationen von Kaufleuten ein und aus gegangen sind.
Seit 1961 soll es an dieser Stelle Lebensmittelmärkte gegeben haben. Jeweils mit wechselnden Bezeichnungen wie Rewe, Gottlieb, Plus und eben bis zum 30. April 2022 Netto. Danach wird es für die Menschen im Wohngebiet Dudweiler-Süd unweit der Universität erst einmal schwieriger werden, die Einkäufe für den täglichen Bedarf zu Fuß zu erledigen.
Immerhin seien davon mehr als 6000 Bürger betroffen, wie die Familie Michael Müller aus Dudweiler in ihrem Schreiben an den Stadtbezirk, an den Oberbürgermeister, an die Stadtratsfraktionen und viele weitere Stellen erläutert. Darin plädiert die Familie eindringlich dafür, den Markt zu erhalten.
Unter den von der anstehenden Filialschließung Betroffenen befinden sich viele Senioren, Studenten und ukrainische Flüchtlinge, die im nahe gelegenen Hotel Seewald wohnen werden. Sie alle seien auf einen zu Fuß erreichbaren Supermarkt angewiesen, beschreibt Michael Müller die missliche Situation.
Tatsächlich wird künftig gerade für Ältere und Menschen ohne Auto der Einkaufsweg einer kleinen Odyssee gleichkommen. Bis zum nächsten Lebensmittelladen am Dudoplatz im Zentrum ist gut ein Kilometer Fußmarsch zu bewältigen. Auf dem Rückweg geht es stets bergauf. Zwar sind Busverbindungen vorhanden, doch sind diese mit viel Zeitaufwand verbunden. Und wenn jemand schwere Taschen zu schleppen hat, ist diese Form der Einkaufstour für die Betroffenen kaum zu bewältigen.
Das bestätigt im Netto-Markt an der Liesbet-DillStraße eine Kundin. Sie macht ihrem Ärger über die Schließung der Filiale Luft, während sie ihre Waren auf das Kassenband legt. „Ich kaufe jetzt gerade hier für meine Eltern ein, die beide nicht mehr Auto fahren können und auch ansonsten Probleme haben, sich selbst zu versorgen. In diesem Markt ging das hin und wieder noch. Wenn dann hier geschlossen sein wird, dann kommen sie aber nirgendwo mehr hin, und ich muss dann für jede Kleinigkeit ewig weit fahren“, sagt die Mittvierzigerin bedrückt.
Ihre Kritik greift noch weiter: „Dass das jetzt auch so plötzlich kam, das ist doch fast schon ein Schildbürgerstreich. Und es betrifft ja nicht nur die älteren Leute, sondern auch die vielen Studenten. Wenn Sie mal abends hierherkommen, dann ist hier richtig was los. All die jungen Leute kaufen dann hier ein. Wenn man bei den Verantwortlichen anfragt, und das hab ich getan, wird immer nur auf den Neubau in der Beethovenstraße verwiesen. Schön und gut, aber wann wird das dort denn so weit sein?“
Wie aus Verlautbarungen der Investoren hervorgeht, wird Baubeginn nicht vor dem Herbst sein. Auch eine Kundin aus der Beethovenstraße winkt ab. „Das kann ja wohl noch dauern, bis da etwas passiert. Wir hier dürfen dann alle runter zum Netto in die Dudogalerie laufen. Das ist ein Unding“, schimpft sie. „Ich wohne jetzt seit 19 Jahren hier und seitdem bin ich immer hier zum Einkaufen gegangen. Wenn das jetzt wegfällt, dann wird es wirklich sehr, sehr schwierig für viele hier oben. Weil es ja auch ansonsten keine Alternativen gibt.“
Eine Stellungnahme, um die wir uns bemühen, lehnt die Filialleitung ab. „Wir können hierzu nichts sagen. Wenden Sie sich doch bitte direkt an die Netto-Zentrale.“Die hat auf unsere schriftliche Anfrage bis Redaktionsschluss nicht geantwortet. Ebenso wenig wie Bezirksbürgermeister Ralf-Peter Fritz (CDU).
„Ich wohne jetzt seit 19 Jahren hier und seitdem bin ich immer hier zum Einkaufen gegangen. Wenn das jetzt wegfällt, dann wird es wirklich sehr, sehr schwierig für viele hier oben.“Eine Kundin zu den Folgen der Filial-Schließung