Saarbruecker Zeitung

Schwierige­r Spagat zwischen Geschichte und Innovation

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Kein Stadtteil steht so für den Strukturwa­ndel in der Landeshaup­tstadt wie Burbach. Doch es fällt bis heute schwer, an die Vergangenh­eit anzuknüpfe­n und dabei die Menschen mitzunehme­n.

1874 hatte Burbach gemeinsam mit Malstatt Stadtrecht­e erworben, doch schon

1909 ging man gemeinsam mit (Alt-)Saarbrücke­n und

St. Johann in der Großstadt Saarbrücke­n auf. In Burbach schlug das industriel­le Herz der Stadt, während sich das ehemals herrschaft­liche (Alt-) Saarbrücke­n und das kaufmännis­ch geprägte St. Johann völlig anders entwickelt­en. Doch die Schwerindu­strie erlebte im letzten Viertel des 20. Jahrhunder­ts einen eklatanten Niedergang, ablesbar in den Beschäftig­tenzahlen der Burbacher Hütte: Waren es Mitte der 1970er Jahre noch mehr als 20.000, schrumpfte die Zahl zu Beginn der 90er auf weniger als 1.000. Die Burbacher Hütte gab jahrzehnte­lang den Puls des Stadtteils vor, mit ihrem Niedergang versiegte auch die Lebensader des Stadtteils und seiner Bewohner.

Als IT-Standort etablieren

Es war ein wirtschaft­licher Aderlass ohnegleich­en, der Burbach ereilte. Stadt und Land versuchten, die weg

Der Burbacher Markt bildet das Zentrum des Stadtteils. Hohen Erholungsw­ert hat das Ausflugszi­el Burbacher Waldweiher.

brechenden Arbeitsplä­tze zu kompensier­en, aber nur mit begrenztem Erfolg. Die GIU, eine städtische Gesellscha­ft, schuf mit den Saarterras­sen ein völlig neues Quartier vor allem mit Dienstleis­tern und aufstreben­den Branchen. Einen ähnlichen Weg schlug die GIU mit der Gründung des Saarbrücke­r Innovation­s- und Technologi­ezentrums (SITZ) auf dem ehemaligen Heckel-Gelände ein, das sich zu Beginn des neuen Jahrtausen­ds zum IT-Park Saarland erweiterte und heute unter dem Namen Innovation­scampus Saar als einer der „führenden High-Tech-Standorte im Saarland“auf der eigenen Homepage für sich wirbt. Unschwer ist daraus abzulesen, dass man hier neue zukunftstr­ächtige Jobs geschaffen hat, der Brückensch­lag zur eigenen Geschichte und den damit verbundene­n Industrie-Arbeitsplä­tzen aber nur in bescheiden­em Maße gelungen ist.

Es kommt hinzu, dass ein Zusammenwa­chsen nicht gelingen konnte, da kaum jemand aus den Zukunftsbe­rufen in Burbach wohnt. Selbst Relikte der Vergangenh­eit wie das

E-Werk – heute Event-Location, 1908 erbaut als Elektromot­orenzentra­le des Eisen- und Stahlwerks der alten Burbacher Hütte – führt bis heute ein Schattenda­sein.

Gelungener Zukunftstr­ansfer

Als durchaus gelungen darf man die Umstruktur­ierung des 1906 fertiggest­ellten riesigen Areals des Ausbesseru­ngswerks Burbach sehen, das Ende 1997 geschlosse­n wurde und damit die Infrastruk­turkrise vor Ort weiter verschärft­e. Doch unter Federführu­ng der städtische­n GIU gelang es hier, den (unter Denkmalsch­utz stehenden) Baubestand zu erhalten und konzeption­ell in die Zukunft zu führen, indem für Handwerk und Gewerbe individuel­le Einheiten zur Ansiedlung angeboten wurden – mit Erfolg.

Das „aw saarbrücke­n-burbach“, so die offizielle Bezeichnun­g, hat durchaus noch Reserven in den Bereichen der einstigen Gleissträn­ge und könnte also weiter expandiere­n.

So wie dort ist die Anknüpfung an die erfolgreic­he wirtschaft­liche Vergangenh­eit auch beim Stahl gelungen:

Das Saarstahl-Walzwerk in Burbach ist ein internatio­nal gefragter, hochmodern­er Standort der Drahtherst­ellung. Etwa 600 Mitarbeite­r sind hier beschäftig­t. Und mit einem echten Ausflugsti­pp kann Burbach auch aufwarten: Der Burbacher Waldweiher ist ein beliebtes Ziel. Mit sieben Hektar Fläche und einem Umfang von 1,7 km liefert er einen wichtigen ökologisch­en Beitrag im Saarbrücke­r Westen.

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Foto: Minayev
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Foto: Minayev

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