Was aus Schotterwüsten werden kann
Schottergärten waren mal der letzte Schrei. Mittlerweile gelten sie als ökologisch problematisch. Aber es gibt viele Möglichkeiten, sie zu wertvollem Lebensraum zu machen.
SAARBRÜCKEN Schottergärten gibt es in vielen Formen und Formationen. Vor chicen Neubauten ergänzen sie häufig die moderne, kubische Architektur im Stil japanischer Gärten. Wohl platzierte, korrekt getrimmte Buchsbäume in gepflegten Steingärten, in denen kein „Unkraut“die Symmetrie stört. Das sieht zwar ästhetisch aus, ist aber meist nicht umweltfreundlich. In saarländischen Dörfern wiederum, wo die alten Häuser oft große Vorgärten haben, sind Schottergärten besonders beliebt, weil – vermeintlich – pflegeleicht. Die oft älteren Bewohner können „de Gaarde nimme mache“und füllen ihn deshalb mit Schotter auf. Ein paar große Steine oder Blumentöpfe drauf – und fertig ist der pflegeleichte Vorgarten?
Mitnichten, sagt Andreas Bettinger. Er ist im Saar-Umweltministerium für Arten- und Biotopschutz zuständig und leitet das Zentrum für Biodokumentation. Es sei ein Mythos, dass Schottergärten pflegeleicht seien. Denn wer nicht ständig „Unkraut“rupft oder – noch schlimmer – Herbizide sprüht, wird schon nach kurzer Zeit sehen, dass sich die Natur den Lebensraum zurückerobert. „Das ist dann manchmal zwar nicht schön im üblichen Sinn, aber gut für Insekten, Bienen und andere Lebewesen“, sagt Bettinger.
Ein Steingarten könne durchaus ein Biotop sein. Gut gemachte Steingärten, aber auch Sandflächen, helfen – wie alle nährstoffarmen, ungedüngten Stellen – vielen Insekten und manchem Wildkraut. Ganz wichtig sei, dass auf Plastikfolien, auch Unkrautvliese, sowie auf den Einsatz von Chemie verzichtet wird. „Vlies ist nicht gleich Vlies“, sagt Bettinger. Es kommt auf dessen Wasserdurchlässigkeit an. Denn die Versiegelung schadet nicht nur der Artenvielfalt, sondern verhindert auch, dass Wasser versickern kann. Mit den bekannten Folgen unter anderem bei Starkregen-Ereignissen, wie sie in den vergangenen Jahren immer häufiger geworden sind.
„Man kann mit wenig Aufwand und Mitteln sterile Flächen in artenreichen Lebensraum verwandeln“, betont Andreas Bettinger. Der Experte möchte Schottergärten auch nicht komplett verteufeln. Es komme aber darauf an, wie sie angelegt sind. Wer es zulasse, dass sich Moose und Algen, Flechten und Pilze auf den Steinen bilden, Wildkräuter und Gräser stehen lässt und auch heimische blühende Pflanzen einpflanzt, handelt ökologisch. So nisten fast 80 Prozent der heimischen Wildbienen im Boden, viele an vegetationsfreien Stellen. Das sei dann der entscheidende Unterschied zu den berüchtigten, naturfernen „sterilen Schottergärten“. Das Problem dabei: Überlässt man der Natur den Schottergarten, sieht er schnell ungepflegt aus, ist aber ökologisch wertvoller Lebensraum. Abhilfe schaffen zum Beispiel bepflanzte Töpfe oder in den Schotter integrierte Pflanzinseln.
Wie man seinen Schottergarten umwelt- und naturverträglich umgestalten kann, dazu gibt eine Broschüre des Umweltministeriums Tipps, die gerade nachgedruckt wird, aber auch im Internet erhältlich ist. Weil Schottergärten nicht mehr zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung passen, haben viele Städte sie bereits verboten. Auch Saarbrücken verabschiedet demnächst eine Begrünungssatzung (wir berichteten).