Guterres fordert Aufklärung der Kriegsgräuel von Butscha
Der UN- Generalsekretär verlangt beim Besuch in Butscha von Russland Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof. Am Abend detonieren Raketen in Kiew.
BUTSCHA (afp) Als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine hat UN-Generalsekretär António Guterres am Donnerstag die Vororte von Kiew besucht, in denen russische Streitkräfte nach ukrainischen Angaben Gräueltaten an Zivilisten begangen haben sollen. In Butscha forderte Guterres Moskau auf, mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) bei der Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen zusammenzuarbeiten. Derweil betonte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak das Recht der Ukraine zu Angriffen auf militärische Ziele in Russland.
„Ich unterstütze den IStGH voll und ganz“, sagte Guterres. Er appelliere „an die Russische Föderation, die Zusammenarbeit mit dem IStGH zu akzeptieren“. Vor Butscha war Guterres in die Stadt Borodjanka gefahren. „Der Krieg ist eine Absurdität im 21. Jahrhundert“, sagte er in dem Vorort von Kiew, wo wie in Butscha und Irpin russische Truppen nach ukrainischen Angaben Zivilisten getötet haben sollen. Es war der erste Besuch des UN-Generalsekretärs in der Ukraine seit Beginn des Krieges am 24. Februar.
„Ich stelle mir meine Familie in einem dieser Häuser vor, die jetzt zerstört sind“, sagte Guterres in Borodjanka. Es gebe „keine Möglichkeit, dass ein Krieg im 21. Jahrhundert akzeptabel ist“. Die ukrainische Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen zehn russische Soldaten wegen der Gräueltaten in Butscha eingeleitet. Den Angehörigen der 64. motorisierten Infanteriebrigade der russischen Armee würden Grausamkeiten gegen Zivilisten und andere Kriegsverbrechen vorgeworfen
Während des Besuchs von Guterres in Kiew ist die ukrainische Hauptstadt erstmals seit rund zwei Wochen wieder mit Raketen beschossen worden. Bürgermeister Vitali Klitschko sprach am Donnerstagabend im Online-Dienst Telegram von zwei russischen Angriffen im Stadtzentrum. AFP-Reporter vor Ort hörten eine Detonation und sahen einen Brand in einem Gebäude. Am Abend trat Guterres mit Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew vor die Presse. Vor den Reportern beklagte der UN-Chef das Unvermögen des UN-Sicherheitsrates, den Ukraine-Krieg zu beenden. „Der Sicherheitsrat hat es versäumt, das in seiner Macht Stehende zu tun, um diesen Krieg zu verhindern und zu beenden“, sagte Guterres. Für ihn sei dies „Quelle großer Frustration und Wut“.
Am Dienstag war der UN-Generalsekretär in Moskau mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammengetroffen. Dabei hatte er eine rasche Waffenruhe in der Ukraine gefordert und an die Regierungen in Moskau und Kiew appelliert, gemeinsam mit der Uno an der Öffnung sicherer Fluchtkorridore für Zivilisten zu arbeiten. In der eingekesselten Hafenstadt Mariupol hoffen die Menschen weiter auf die Möglichkeit zur Flucht. Sie sei „hoffnungsvoll“, was eine Evakuierung angehe, schrieb die UN-Vertreterin Osnat Lubrani auf Twitter.
In der umkämpften Ostukraine konnten die ukrainischen Streitkräfte nach Angaben aus Kiew eine Reihe von Dörfern im Donbass zurückerobern. Allerdings räumte der ukrainische Verteidigungsminister Oleksiy Reznikov ein, dass dem Land „extrem schwierige Wochen“bevorstünden. Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak betonte das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung gegen die russischen Truppen. Er deutete dabei auch mögliche Angriffe auf militärische Ziele in Russland an.
Russland erklärte am Donnerstag, zwei Waffen- und Munitionsdepots in der Ost- und Südukraine mit „hochpräzisen Raketen“zerstört zu haben. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warnte außerdem den Westen vor weiteren Waffenlieferungen.