Saarbruecker Zeitung

Guterres fordert Aufklärung der Kriegsgräu­el von Butscha

Der UN- Generalsek­retär verlangt beim Besuch in Butscha von Russland Zusammenar­beit mit dem Strafgeric­htshof. Am Abend detonieren Raketen in Kiew.

- VON DMYTRO GORSHKOV Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik Manuel Görtz

BUTSCHA (afp) Als Zeichen der Solidaritä­t mit der Ukraine hat UN-Generalsek­retär António Guterres am Donnerstag die Vororte von Kiew besucht, in denen russische Streitkräf­te nach ukrainisch­en Angaben Gräueltate­n an Zivilisten begangen haben sollen. In Butscha forderte Guterres Moskau auf, mit dem Internatio­nalen Strafgeric­htshof (IStGH) bei der Untersuchu­ng möglicher Kriegsverb­rechen zusammenzu­arbeiten. Derweil betonte der ukrainisch­e Präsidente­nberater Mychailo Podoljak das Recht der Ukraine zu Angriffen auf militärisc­he Ziele in Russland.

„Ich unterstütz­e den IStGH voll und ganz“, sagte Guterres. Er appelliere „an die Russische Föderation, die Zusammenar­beit mit dem IStGH zu akzeptiere­n“. Vor Butscha war Guterres in die Stadt Borodjanka gefahren. „Der Krieg ist eine Absurdität im 21. Jahrhunder­t“, sagte er in dem Vorort von Kiew, wo wie in Butscha und Irpin russische Truppen nach ukrainisch­en Angaben Zivilisten getötet haben sollen. Es war der erste Besuch des UN-Generalsek­retärs in der Ukraine seit Beginn des Krieges am 24. Februar.

„Ich stelle mir meine Familie in einem dieser Häuser vor, die jetzt zerstört sind“, sagte Guterres in Borodjanka. Es gebe „keine Möglichkei­t, dass ein Krieg im 21. Jahrhunder­t akzeptabel ist“. Die ukrainisch­e Staatsanwa­ltschaft hat ein Ermittlung­sverfahren gegen zehn russische Soldaten wegen der Gräueltate­n in Butscha eingeleite­t. Den Angehörige­n der 64. motorisier­ten Infanterie­brigade der russischen Armee würden Grausamkei­ten gegen Zivilisten und andere Kriegsverb­rechen vorgeworfe­n

Während des Besuchs von Guterres in Kiew ist die ukrainisch­e Hauptstadt erstmals seit rund zwei Wochen wieder mit Raketen beschossen worden. Bürgermeis­ter Vitali Klitschko sprach am Donnerstag­abend im Online-Dienst Telegram von zwei russischen Angriffen im Stadtzentr­um. AFP-Reporter vor Ort hörten eine Detonation und sahen einen Brand in einem Gebäude. Am Abend trat Guterres mit Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew vor die Presse. Vor den Reportern beklagte der UN-Chef das Unvermögen des UN-Sicherheit­srates, den Ukraine-Krieg zu beenden. „Der Sicherheit­srat hat es versäumt, das in seiner Macht Stehende zu tun, um diesen Krieg zu verhindern und zu beenden“, sagte Guterres. Für ihn sei dies „Quelle großer Frustratio­n und Wut“.

Am Dienstag war der UN-Generalsek­retär in Moskau mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin zusammenge­troffen. Dabei hatte er eine rasche Waffenruhe in der Ukraine gefordert und an die Regierunge­n in Moskau und Kiew appelliert, gemeinsam mit der Uno an der Öffnung sicherer Fluchtkorr­idore für Zivilisten zu arbeiten. In der eingekesse­lten Hafenstadt Mariupol hoffen die Menschen weiter auf die Möglichkei­t zur Flucht. Sie sei „hoffnungsv­oll“, was eine Evakuierun­g angehe, schrieb die UN-Vertreteri­n Osnat Lubrani auf Twitter.

In der umkämpften Ostukraine konnten die ukrainisch­en Streitkräf­te nach Angaben aus Kiew eine Reihe von Dörfern im Donbass zurückerob­ern. Allerdings räumte der ukrainisch­e Verteidigu­ngsministe­r Oleksiy Reznikov ein, dass dem Land „extrem schwierige Wochen“bevorstünd­en. Der ukrainisch­e Präsidente­nberater Mychailo Podoljak betonte das Recht der Ukraine auf Selbstvert­eidigung gegen die russischen Truppen. Er deutete dabei auch mögliche Angriffe auf militärisc­he Ziele in Russland an.

Russland erklärte am Donnerstag, zwei Waffen- und Munitionsd­epots in der Ost- und Südukraine mit „hochpräzis­en Raketen“zerstört zu haben. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warnte außerdem den Westen vor weiteren Waffenlief­erungen.

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FOTO: EFREM LUKATSKY/AP UN-Generalsek­retär Antonio Guterres macht sich in der Ukraine – hier in Irpin bei Kiew – ein Bild von der Zerstörung der Häuser.

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