„Warum sollte Friedrich Merz nicht als Kanzlerkandidat antreten?“
Der CDU- Generalsekretär spricht über den Streit um die Bundeswehr, das Grundsatzprogramm seiner Partei und einen möglichen Kanzler Merz.
BERLIN Für CDU-Generalsekretär Mario Czaja ist Parteichef Friedrich Merz der starke Mann in der Union, Finanzminister Christian Lindner (FDP) der Schuldenminister schlechthin. Bei einer Steuerreform würde die Union aber mitmachen. Vehement weist Czaja Vorwürfe zurück, die Union habe die Bundeswehr kaputtgespart.
Herr Czaja, der Bundeskanzler sagt, CDU und CSU hätten die Bundeswehr kaputtgespart. Hat er recht?
CZAJA Nein! Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder Vorschläge eingebracht, um die Bundeswehr zu stärken und den Wehretat zu erhöhen. Die sind regelmäßig von der SPD, unserem Koalitionspartner damals, abgebügelt worden. An vorderster Front durch den damaligen Finanzminister Olaf Scholz. Er sollte sein Gedächtnis auffrischen und sich ehrlich machen.
Aber wahr ist auch, dass mit KarlTheodor zu Guttenberg von der CSU der Spar- und Reformkurs begonnen hat. Und danach folgten CDU-Minister im Verteidigungsministerium.
CZAJA Es gab doch lange Zeit keine gesellschaftliche Mehrheit für die Stärkung der Bundeswehr. Alle wähnten sich in einer stabilen Friedensordnung. Das gehört zur Wahrheit dazu. Es geht jetzt um die bessere Ausstattung der Truppe, um die Reform des Beschaffungswesens. Da hilft der Blick zurück nicht. Denn die Welt ist inzwischen eine andere.
Es fehlt auch an Personal. Wo sollen die Soldaten herkommen?
CZAJA Wir brauchen eine neue Form von Wertschätzung für die Bundeswehr. Und damit einhergehend auch Möglichkeiten, dass die Bundeswehr junge Menschen über ihre Arbeit und die möglichen Betätigungsfelder informieren kann. Zum Beispiel auch – durch Lehrkräfte begleitet – an Schulen. Das wollen SPD und Linke nicht. Nur wenn die Soldatinnen und Soldaten mit jungen Menschen in den Austausch treten können, bleibt die Bundeswehr letztendlich eine Armee der Bürger.
Beim Sondervermögen hat sich die Union am Ende mit der Ampel geeinigt. Wann endet die Kooperation?
CZAJA Hier geht es darum, dass Demokratien auch gegen Autokratien ihre Wehrhaftigkeit zeigen. Da stehen Demokraten zusammen. So haben wir etwa dafür gesorgt, dass es einen gemeinsamen Beschluss im Bundestag gegeben hat, der die Ukraine in ihrem Überlebens- und Freiheitskampf unterstützt. Doch noch ist fast nichts geliefert. Leider bleibt der Kanzler wieder hinter seinen vollmundigen Ankündigungen zurück. Das werden wir ihm nicht durchgehen lassen.
Minister Lindner will eine umfassende Steuerreform. Wäre das auch ein Punkt, wo Sie kooperieren würden?
CZAJA Christian Lindner ist schon jetzt der größte Schuldenminister in der Geschichte der Bundesrepublik. Ich bin erstaunt, was die FDP alles an finanzpolitischen Kapriolen zulässt. Ich sage aber auch: Eine Steuerreform ist zwingend erforderlich. Wir haben bereits zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger gegen die hohen Energiepreise konstruktive Vorschläge unterbreitet und werden dies im Kampf gegen die rasant steigende Inflation auch weiterhin tun. Die kleinen und mittleren Einkommen brauchen mehr Netto vom Brutto, deshalb muss man die Kalte Progression anpacken. Auch an den Freibeträgen muss man dann arbeiten. Mit einer klugen und ausgewogenen Steuerreform wird Christian Lindner nicht an uns, sondern wenn dann nur an seinen Koalitionspartnern scheitern.
Nun überlagert der Ukraine-Krieg fast alles. Hat das auch Einfluss auf das neue Grundsatzprogramm der CDU?
CZAJA Ja. Wir sehen, dass unser Modell einer freiheitlichen und rechtsstaatlichen Demokratie in verschiedenen Regionen der Welt unter Druck geraten ist. Auch ist eine möglichst enge wirtschaftliche Verflechtung kein Garant für gesellschaftlichen Wandel. Das stellt uns vor neue Herausforderungen. Und die werden sich auch inhaltlich und programmatisch in unserem Grundsatzprogramm widerspiegeln. Wenn der Krieg einmal endet, können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Wir brauchen einen verlässlichen Kompass für unser Land.
2025 wird Friedrich Merz 70. Nach eigenen Aussagen ist das kein Grund, nicht als Kanzlerkandidat anzutreten. Stimmen Sie dem zu?
CZAJA Die Frage stellt sich aktuell nicht, aber grundsätzlich teile ich diese Aussage. Ich erlebe Friedrich Merz sehr kraft- und schwungvoll. Da muss auch ich als 46-Jähriger erst mal mithalten. Ich sehe nicht, warum er im Jahr 2025 nicht als Kanzlerkandidat antreten sollte.