Innenminister einig bei Bevölkerungsschutz und Beamtenrecht
WÜRZBURG (dpa) Erstmals seit zwei Jahren haben sich die Innenminister von Bund und Ländern wieder in Präsenz getroffen. Unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges und der Folgen von Corona-Krise und Klimawandel diskutierten die Ressortchefs vor allem über zwei Problemfelder: Den Kampf gegen Kriminalität im Internet und den besseren Schutz der Bevölkerung vor Naturkatastrophen sowie Angriffen von außen jeglicher Art. Die wichtigsten Ergebnisse der Innenministerkonferenz (IMK):
Finanzierung des Zivil- und Katastrophenschutzes: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schloss sich nach langem Zögern der Haltung mehrerer ihrer Länderkollegen an: In den nächsten zehn Jahren soll der Bund zehn Milliarden Euro bereitstellen – analog zum Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Mit dem Geld, das der Bundestag allerdings erst noch bewilligen muss, soll etwa ein flächendeckendes System von Warnsirenen aufgebaut werden, die dann sowohl für den Katastrophenschutz als auch für den Schutz der Bevölkerung im Verteidigungsfall genutzt werden können. Auch das Cell-Broadcasting, also das etwa in den USA übliche flächendeckende Versenden von Warnungen an alle in einer Funkzelle eingeloggten Mobiltelefone und der Ausbau von WarnApps sollen mit Millionensummen vorangetrieben werden.
Bevölkerungsschutz: Die Minister unterzeichneten in Würzburg eine Vereinbarung zum Aufbau eines gemeinsamen Kompetenzzentrums Bevölkerungsschutz von Bund und Ländern in Bonn. Das mit Experten aus Bund und Ländern besetzte Zentrum soll einerseits länderübergreifend Informationen sammeln, etwa Wetterdaten zur schnellen Vorhersage von bevorstehenden Unwetterkatastrophen und Daten über die bundesweite Verfügbarkeit von Ressourcen wie etwa Rettungshubschrauber oder Notunterkünfte. Der Katastrophenschutz bleibt aber Ländersache.
Internetkriminalität: Über die IPAdressen der Computer sollen nach dem Willen der Innenminister künftig Identitäten von Nutzern für Ermittler zuzuordnen sein. Voraussetzung soll allerdings sein, dass ein Ermittlungsrichter dies anordnet. „Wir müssen durchsetzen, dass jedenfalls gegenüber den Providern offengelegt wird, welche Identitäten sich hinter einer entsprechenden IP-Adresse verbergen“, sagt der IMK-Vorsitzende, Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU). Er verspricht sich davon vor allem bessere Erfolge im Kampf gegen die Verbreitung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern im Netz. Der IMK-Arbeitskreis für Polizeifragen soll laut Herrmann bis zur Konferenz im Herbst prüfen, „welche Sicherungsmechanismen und -zeiten von IP-Adressen für erfolgreiche Ermittlungsarbeit notwendig erscheinen“.
Kampf gegen Desinformation: Unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wollen die Innenminister zusätzliche Maßnahmen zur Abwehr von Desinformationskampagnen ergreifen. Sie kündigten einen „gemeinsamen Aktionsplan gegen Desinformation und für eine wehrhafte Demokratie“an. Zentral sei dabei der Aufbau eines Netzwerks, an dem alle relevanten Akteure von Bund, Ländern und Kommunen beteiligt werden. Auch um „gezielte und gesteuerte Desinformationskampagnen aufzudecken“und durch kommunikative Maßnahmen zu bekämpfen. Das Problem sei auch international relevant. Der in Deutschland inzwischen abgeschaltete Propaganda-Kanal RT erfreue sich etwa in Lateinamerika großen Zuspruchs.
Volksverhetzung bei Beamten: Wenn ein Beamter der Volksverhetzung schuldig gesprochen wird und mindestens zu einem halben Jahr Haft verurteilt wird, soll er künftig aus dem Staatsdienst entfernt werden können. Die Innenminister hätten sich auf einen entsprechenden Vorschlag zur Änderung des Beamtenstatusgesetzes geeinigt, sagte Hessens Ressortchef Peter Beuth (CDU). Das Bundesgesetz sieht bisher vor, dass eine Verurteilung wegen einer Straftat zu mindestens einem Jahr nötig ist, um eine Entfernung eines Beamten aus dem Staatsdienst zu erreichen. Mit der Verschärfung solle das Grundvertrauen der Bürger in den Staat gestärkt werden, sagte Beuth.