Saarbruecker Zeitung

Deutsche Wirtschaft hängt an Chinas Tropf

- VON BIRGIT MARSCHALL Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Iris Neu-Michalik

Eine noch unveröffen­tlichte Studie zeigt die enorme Abhängigke­it der deutschen Wirtschaft von Rohstoffen aus China. Ohne diese können hierzuland­e keine Windturbin­en oder Fotovoltai­k-Anlagen gebaut werden. Die hohe Abhängigke­it müsse schnell reduziert werden, fordert das Institut der deutschen Wirtschaft.

BERLIN Die deutsche Wirtschaft ist nach einer noch unveröffen­tlichten Studie stärker von chinesisch­en Rohstoffen wie Lithium und Kobalt abhängig als der Weltmarkt insgesamt. Chinas weltweiter Exportante­il von Seltenen Erden umfasse 34 Prozent, heißt es in der Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Damit sei China Weltmarktf­ührer. In Deutschlan­d machen chinesisch­e Importe gemessen an allen Importen solcher Metalle jedoch bereits 45 Prozent aus, heißt es in der Studie. „Die Abhängigke­it von China ist noch größer als sie auf den ersten Blick erscheint: Der Anteil der Rohstoff-Weitervera­rbeitung von China liegt weltweit bei Lithium und Kobalt zwischen 50 und 70 Prozent und bei Seltenen Erden bei fast 90 Prozent“, schreibt das Kölner Institut.

Alarmieren­d ist die hohe Abhängigke­it von diesen chinesisch­en Rohstoffen vor allem im Hinblick auf die geopolitis­chen Risiken für Deutschlan­d und Europa nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs und des Klimawande­ls. Seltene Erden sind für die Erneuerbar­en Energien von zentraler Bedeutung – und auf sie wird Deutschlan­d aus Klimaschut­zgründen künftig noch stärker angewiesen sein. Zudem ist die autokratis­ch geführte Volksrepub­lik China „vom Systemwett­bewerber zum Systemriva­len“geworden, schreibt das Institut. Im UkraineKri­eg positionie­rt sich China nicht gegen Russland. Ein Zerfallen der Welt in zwei große Blöcke – hier die westlichen Demokratie­n, dort die östlichen Autokratie­n – rückt näher.

Im strategisc­h wichtigen Sektor Erneuerbar­e Energien sei die Abhängigke­it Europas von China besonders hoch, warnt das Institut. So würden laut einer Analyse der EUKommissi­on 65 Prozent der Rohstoffe für Elektromot­oren aus China importiert. „Auch bei Windturbin­en und Fotovoltai­k-Anlagen ist China mit über 50 Prozent Anteil führend bei den Rohstoffzu­lieferunge­n.“Bei den Seltenen Erden führe dies zu „Klumpenris­iken“für Deutschlan­d und Europa. Denn hinzu komme, „dass der Ruf der Volksrepub­lik China als zuverlässi­ger Handelspar­tner und Zulieferer von wichtigen Vorleistun­gsprodukte­n und Rohstoffen durch das Lockdown-Chaos der

„Auf dem Weg zur Unabhängig­keit von russischen Energieträ­gern könnte Deutschlan­d sich in neue Abhängigke­iten zu China begeben.“Institut für deutsche Wirtschaft (IW)

Null-Covid-Strategie gefährdet“sei.

Deutschlan­d und die EU unternehme­n derzeit wegen des Ukraine-Kriegs große Anstrengun­gen, um unabhängig­er von russischer nachhaltig

Energie zu werden. „Auf dem Weg zur Unabhängig­keit von russischen Energieträ­gern könnte Deutschlan­d sich in neue Abhängigke­iten zu China begeben“, warnt das IW in seiner Studie.

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FOTO: DPA Im Tagebau im chinesisch­en Ganxian werden Seltene Erden gefördert. Deutschlan­d ist von diesen Rohstoffen ganz besonders abhängig.

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