Fehltage-Rekord wegen psychischer Leiden
Saarländische Beschäftigte werden wegen seelischer Beschwerden häufiger und länger krankgeschrieben als in allen anderen Bundesländern. Das zeigt eine repräsentative Erhebung der Krankenkasse Barmer.
SAARBRÜCKEN Beschäftigte aus dem Saarland haben nie zuvor so oft wegen psychischer Erkrankungen im Job gefehlt wie im Jahr 2021. Psychische Leiden wie Depressionen sorgten im vergangenen Jahr bei jedem saarländischen Beschäftigten im Durchschnitt für 4,8 Fehltage am Arbeitsplatz. 2020 waren es durchschnittlich 4,7 Tage. Das zeigt eine repräsentative Auswertung der
Krankenkasse Barmer, die dafür die Krankschreibungen von rund 52 000 versicherten Erwerbspersonen mit Wohnsitz im Saarland anonymisiert ausgewertet hat. „Im Saarland ist die Zahl der Fehltage im Beruf wegen seelischer Leiden auch ohne Corona seit Jahren gewachsen. Arbeitgeber sollten dieser Entwicklung mit betrieblichem Gesundheitsmanagement gegensteuern“, sagt Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer im Saarland und in Rheinland-Pfalz.
Laut Barmer verzeichnete das Saarland zudem im letzten Jahr so viele Fehltage im Beruf wegen seelischer Beschwerden wie kein anderes Bundesland. Die wenigsten Tage von Arbeitsunfähigkeit infolge psychischer Erkrankungen registrierte die Krankenkasse in Baden-Württemberg und Bayern mit je 3,3 Tagen. Der Bundesdurchschnitt lag bei 3,9 Tagen. Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Leiden lag im Saarland je Beschäftigtem im Jahr 2021 um 37 Prozent höher als im Jahr 2011. Damals lag der Schnitt bei 3,5 Tagen.
Erstmals waren damit seelische Erkrankungen der häufigste Grund für Krankschreibungen im Saarland. Gleich zwei saarländische Landkreise befinden sich unter den 20 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland mit den höchsten Fehlzeiten durch psychische Probleme. Der Saarpfalz-Kreis nimmt Platz acht ein (5,5 Tage) und der Regionalverband Saarbrücken Platz 18 (5,1 Tage).
Der zweithäufigste Grund für Fehlzeiten im Beruf von Beschäftigten mit Wohnsitz im Saarland waren im Jahr 2021 Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen. Sie sorgten im Land für 4,7 Fehltage je Erwerbsperson (2020: 4,7 Tage, Bund 2021: 3,9 Tage). Seit dem Jahr 2011 ist dieser Wert um 15 Prozent gestiegen. Nur in Sachsen-Anhalt, Thüringen (je 5,0 Tage) und Mecklenburg-Vorpommern (4,9 Tage) war er höher. Unter den sechs Landkreisen im Saarland verzeichnete der Kreis Neunkirchen bei den MuskelSkelett-Leiden den höchsten Wert (5,1 Tage), der Kreis Saarlouis den geringsten (4,1 Tage). „Arbeitgeber können Rückenleiden ihrer Beschäftigten vorbeugen, indem sie unter anderem die Ausstattung des Arbeitsplatzes auf die Körpergröße abstimmen. Wichtig sind auch häufige Haltungs- und Belastungswechsel am Arbeitsplatz“, erklärt Kleis. Psychische Faktoren könnten Rückenschmerzen verstärken.
Dritthäufigster Grund für Arbeitsunfähigkeitstage von saarländischen Beschäftigten waren im vergangenen Jahr Verletzungen wie Bänderrisse oder Verstauchungen. Der Durchschnitt lag wie schon im Jahr zuvor bei 2,4 Tagen. Auf Rang vier landeten Atemwegserkrankungen wie Erkältungsschnupfen und Bronchitis (1,9 Tage). Die Zahl der Fehltage im Job wegen Erkrankungen der Atemwege ist im Saarland im Vergleich mit dem Jahr 2020 (2,7 Tage) stark gesunken. „Hauptverantwortlich für diesen Rückgang dürfte das Ausbleiben einer Grippeund Erkältungswelle im Frühjahr 2021 gewesen sein. Dazu dürften die Corona-Schutzmaßnahmen und die mit der Pandemie zusammenhängenden Veränderungen der Lebensumstände und Verhaltensweisen beigetragen haben“, erläutert Kleis.
Über alle Krankheiten hinweg zählte die Barmer im vergangenen Jahr 20,4 Arbeitsunfähigkeitstage je Beschäftigten aus dem Saarland. Im Jahr 2020 waren es 21,3 Tage. Der Bundesdurchschnitt lag 2021 bei 17,5 Tagen. Über zwei Drittel der Fehltage saarländischer Beschäftigter im Beruf gingen im Jahr 2021 auf das Konto von psychischen Leiden (23,5 Prozent), Muskel-Skelett-Erkrankungen (23 Prozent), Verletzungen (11,8 Prozent) und Atemwegserkrankungen (9,3 Prozent). Im Durchschnitt meldete sich jede Erwerbsperson aus dem Saarland im vergangenen Jahr 1,2-mal krank. Der Bundesschnitt lag bei 1,1 Fehltagen.
52,7 Prozent der Beschäftigten aus dem Saarland blieben mindestens einmal arbeitsunfähig zu Hause. 2020 waren es 53,8 Prozent, der Bundesdurchschnitt lag 2021 bei 48,4 Prozent. Der Krankenstand der saarländischen Beschäftigten lag bei 5,6 Prozent (2020: 5,8 Prozent, Bund 2021: 4,8 Prozent). „Das bedeutet, dass an einem durchschnittlichen Kalendertag von 1000 Beschäftigten aus dem Saarland 56 arbeitsunfähig gemeldet waren“, erläutert Dunja Kleis.