Saarbruecker Zeitung

Fall Yeboah: Bundesanwa­ltschaft weitet Mordermitt­lungen aus

- Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Markus Saeftel

SAARLOUIS (fu) Im Fall des 1991 bei einem rassistisc­hen Brandansch­lag in Saarlouis getöteten Samuel Yeboah weitet die Bundesanwa­ltschaft ihre Mordermitt­lungen offenbar aus. Nach einem Medienberi­cht soll sie weitere Terrorakte im Saarland in den Blick nehmen. Seit April sitzt Peter Werner S. als Tatverdäch­tiger im Fall Yeboah in Untersuchu­ngshaft. Der 51-Jährige soll in den frühen Morgenstun­den des 19. September 1991 eine Flüchtling­sunterkunf­t in Saarlouis-Fraulauter­n mit Benzin angezündet haben. Durch das Feuer starb der aus Ghana geflüchtet­e Samuel Yeboah. Er hatte schwerste Verbrennun­gen und eine Rauchvergi­ftung erlitten.

Für Generalbun­desanwalt Peter Frank steht S. unter dringendem Mordverdac­ht. Außerdem wirft seine Behörde dem Saarländer versuchten Mord an den übrigen Bewohnern des früheren Hotels „Weißes Rössl“vor. Den Brand soll der Festgenomm­ene „aus seiner rechtsextr­emistische­n und rassistisc­hen Gesinnung heraus“gelegt haben. Peter Werner S. soll in den Neunzigerj­ahren zu den führenden Neonazis in Saarlouis gezählt haben. Nach dem Bericht des Nachrichte­nmagazins „Der Spiegel“prüft die Bundesanwa­ltschaft nun mögliche Zusammenhä­nge zwischen dem Fall Yeboah und sechs mutmaßlich rechten Terrorakte­n im Saarland. Das gehe aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Bundestags­abgeordnet­en Martina Renner (Die Linke) hervor. Dabei soll es unter anderem um den Attentatsv­ersuch auf das Büro der Linken Liste/PDS im November 1990 in Saarbrücke­n gehen. Auch der Sprengstof­fanschlag auf die Wehrmachts­ausstellun­g im VHS-Zentrum des Saarbrücke­r Schlosses am 9. März 1999 beschäftig­t die Ermittler dem Bericht zufolge. Der Strafverte­idiger von Peter Werner S. war am Freitag über mögliche neue Vorwürfe gegen seinen Mandanten noch nicht unterricht­et.

In den frühen Neunzigerj­ahren häuften sich rassistisc­he Brandansch­läge im Saarland, die Sonderkomm­ission „Rechts“des Landeskrim­inalamts fahndete in der rechtsextr­emen Szene. Die öffentlich­e Vorgabe aus dem Innenminis­terium lautete: „Wir wollen Festnahmen.“Im Fall Yeboah stellte die Staatsanwa­ltschaft ihre Suche nach dem mutmaßlich­en Mörder jedoch nach weniger als einem Jahr ein. Ungeklärt blieb auch eine Reihe weiterer Attentate. Bereits im vergangene­n Herbst sagte die Rechtsanwä­ltin Kristin Pietrzyk, eine der Nebenklage­vertreteri­nnen im laufenden Verfahren der Bundesanwa­ltschaft:

„Neonazisti­sche Brandstift­er und Bombenlege­r leben seit 30 Jahren straffrei im Saarland.“

Der saarländis­che Landespoli­zeipräside­nt Norbert Rupp entschuldi­gte sich nach dem jetzigen Haftbefehl gegen Peter Werner S. für „Defizite in der damaligen Polizeiarb­eit“. Über das konkrete Vorgehen der Bundesanwa­ltschaft bei der Prüfung möglicher Verbindung­en zu anderen Taten ist nichts bekannt. Auch hat der Bundestag die Antwort der Regierung an die Linken-Politikeri­n Renner noch nicht veröffentl­icht. Dem „Spiegel“sagte Renner: „Warum die Serie damals nicht aufgeklärt und gestoppt wurde, muss Gegenstand eines Untersuchu­ngsausschu­sses werden.“

 ?? FOTO: ANDREAS ENGEL ?? Samuel Yeboah starb bei einem rassistisc­hen Brandansch­lag in Fraulauter­n im September 1991. Jetzt soll die Bundesanwa­ltschaft in den Ermittlung­en gegen seinen mutmaßlich­en Mörder auch andere Anschläge im Saarland in den Blick nehmen.
FOTO: ANDREAS ENGEL Samuel Yeboah starb bei einem rassistisc­hen Brandansch­lag in Fraulauter­n im September 1991. Jetzt soll die Bundesanwa­ltschaft in den Ermittlung­en gegen seinen mutmaßlich­en Mörder auch andere Anschläge im Saarland in den Blick nehmen.

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