Doppelstockwesen türmen sich im E-Werk auf
Doch diese Männer und Frauen können noch höher, türmen sich zu dritt, gar zu viert übereinander. Nicht diese Statik jedoch macht ihren Reiz aus, sondern ihre Dynamik, wie sie da hoch und wieder hinunter kommen: Mal bilden sich menschliche Treppen, über die sie wieselflink die Höhe erklimmen, mal schwingen sie sich, von den anderen geworfen, hinauf mit tollkühnen Salti und Schrauben. „Oh“, macht das Publikum und gibt Szenenapplaus. Immer, wenn man denkt, jetzt habe man aber alle möglichen Sprung-Flug-Varianten gesehen, vollführen sie noch eine weitere.
Auch dramaturgisch hält die kunstvolle, sprachlose, mit subtilem Musik- und Lichtspiel unterlegte Vorführung die Spannung. Actionreiche Momente wechseln mit ruhigen, zum Innehalten ab, in denen sie gleichwohl ständig die Formationen wechseln, man merkt, dass mit Rachid Ouramdane auch ein Choreograf mitgestaltete. Denn auch auf normaler Bodenhöhe wissen die Akrobaten zu gefallen, mit allerlei PaarFiguren und Domino-Effekten, wie man sie aus dem Tanz kennt. Mehr noch als der Geist der Freiheit, der Überwindung der Schwerkraft, wie man vielleicht erwarten könnte, ist es der Gruppengeist, mit dem die Compagnie XY so bezaubert und beeindruckt. Kein noch so hoher ihrer Flüge ist ein Soloflug, denn möglich ist er nur, weil alle ständig aufeinander achten und zusammenhalten. Es ist eine achtsame Gemeinschaft, wie man sie in unseren Selfie-Zeiten eher selten erlebt, die sie so besonders macht. Das Publikum spendete begeistert Applaus im Stehen.
Die „Möbius“-Vorstellungen am 4. und 5. Juni sind bereits ausverkauft.