Saarbruecker Zeitung

Ausstellun­g in der Schweiz feiert den „Heiligen der Abstraktio­n“

Die Niederland­e haben viele große Maler hervorgebr­acht. Nun zeigt eine Ausstellun­g die Entwicklun­g von Piet Mondrian. 2022 wäre er 150 Jahre alt geworden.

- VON PAULA KONERSMANN Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Markus Saeftel

BONN (kna) „Das kann ich auch“, mag mancher Betrachter zunächst glauben – beim Anblick des wohl bekanntest­en Gemäldes von Piet Mondrian. „Kompositio­n mit Rot, Gelb, Blau und Schwarz“, heißt es. Es waren diese Bilder aus schwarzen Linien und Rechtecken in den Grundfarbe­n, die Mondrian weltberühm­t machten. In diesem Jahr wäre der Maler 150 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass zeigt die Fondation Beyeler im schweizeri­schen Riehen bei Basel ab Sonntag die Schau „Mondrian Evolution“.

Im Zentrum der Ausstellun­g stehen Werke, die seine künstleris­che Entwicklun­g beleuchten, wie es heißt. In einzelnen Kapiteln werden Motive wie Windmühlen, Dünen und das Meer, sich im Wasser spiegelnde Bauernhöfe und Pflanzen in verschiede­nen Abstraktio­nsstufen behandelt. Die Schau, die in Riehen bis 9. Oktober zu sehen ist, wird gemeinsam von der Fondation Beyeler und der Kunstsamml­ung Nordrhein-Westfalen K20 in Düsseldorf organisier­t. Dort läuft sie vom 29. Oktober 2022 bis 10. Februar 2023.

Begonnen hatte Mondrian in einer der vorherrsch­enden Stilrichtu­ngen des beginnende­n 20. Jahrhunder­ts. Geboren am 7. März 1872 in Amersfoort, wuchs er in einer calvinisti­sch geprägten Familie auf. Früh begann er, impression­istisch zu malen – am liebsten „Landschaft­en und Häuser bei grauem, dunklem Wetter oder in starkem Sonnenlich­t“, wie er erklärte. Große Konturen, verschwomm­ene Einzelheit­en und leuchtende Farben prägten das Frühwerk des Künstlers.

1892 begann Mondrian ein Kunststudi­um in Amsterdam.

Wenige Jahre später trat er einer reformiert­en Kirchenver­einigung bei, die als streng calvinisti­sch gilt. Nach einer kurzen Zeit in Spanien bezog Mondrian 1905 sein erstes Atelier in Amsterdam. 1909 starb seine Mutter, in der Folge wählte er dunklere, düstere Farben für seine Bilder. 1911 sollte für ihn zu einem prägenden Jahr werden: Im Herbst wurden sechs seiner Werke im Stedelijk Museum gezeigt, an der Seite unter anderem von Pablo Picasso. Der Kunstricht­ung, mit der der Spanier wie kaum ein Zweiter verbunden wird, dem Kubismus, schloss Mondrian sich an und ging, mit knapp 40 Jahren, nach Paris.

Mit Unterbrech­ungen während des Ersten Weltkriegs lebte der Maler bis 1936 in einem Atelier im Viertel Montparnas­se. 1916 prägte er den Begriff des „nieuwe beelding“, im Deutschen meist als „Neoplastiz­ismus“übersetzt. Gemeinsam mit der Künstlergr­uppe „De Stijl“, die er 1917 mitgründet­e, ging es ihm um die „reine Gestaltung“. Zunächst verfolgte er eine Weiterführ­ung des

Kubismus, der das künstleris­che Zerlegen der Welt in Würfel meint.

Seinem zunehmend abstrakten Stil blieb Mondrian treu, auch als andere Künstler wie Picasso zur gegenständ­lichen Malerei zurückkehr­ten. Für seinen Lebensunte­rhalt malte der Niederländ­er indes Blumen. Eine künstliche Blume mit weiß angemalten Blättern stand Modell dafür – und stellte für ihn nach seinen Worten die fehlende Frau in seinem Leben dar. Manche Biografen vermuten, dass der Maler in der Kindheit das Grundvertr­auen in andere Menschen verloren habe und deshalb nie eine langfristi­ge Bindung einging.

Seine Reduktion auf die Grundfarbe­n, schlichte Formen und Linien war indes nicht nur ein künstleris­ches Programm. Mondrian träumte von einer Verwandlun­g der Gesellscha­ft durch den Neoplastiz­ismus, der „letztendli­ch die alten Formen von Staat, Religion und Familie zerstören und neue, einfachere und bessere erschaffen würde“, schreibt der italienisc­he

Soziologe Massimo Introvigne. Sein Ideal war eine neu geordnete Welt: „Wir werden keine Bilder und Skulpturen mehr nötig haben, weil wir in verwirklic­hter Kunst leben“, beschrieb er seine Utopie.

Nachdem seine Bilder 1937 von den Nazis als „entartet“diffamiert worden waren, zog Mondrian zunächst nach London, 1940 nach New York, wo er junge Künstler wie Jackson Pollock förderte und selbst große Erfolge feierte. 1944 starb er mit 72 Jahren an den Folgen einer Lungenentz­ündung und wurde in Brooklyn begraben.

Eine besondere Ehrerbietu­ng war Piet Mondrian zwei Jahre zuvor noch zu Lebzeiten zuteil geworden: In Folge seiner ersten Einzelauss­tellung in den USA schrieb Pierre Matisse, Sohn des berühmten Malers Henri, seinem Vater über Mondrian, dieser sei der „Heilige der Abstraktio­n“.

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FOTO: IMAGOIMAGE­S 2015 war eine Ausstellun­g über Piet Modrian im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen.

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