Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­n hat wieder seinen eigenen Wein

- Produktion dieser Seite: Frank Kohler Markus Saeftel

Eine Arztfamili­e und ein Moselwinze­r haben den historisch­en Weinberg am Winterberg zu neuem Leben erweckt und ein kleines Paradies „wie in der Toskana“geschaffen. Der edle Tropfen ist der neue Rathauswei­n der Landeshaup­tstadt. Doch auch Privatleut­e können den Jahrgang 2021 ab sofort kaufen. Noch.

Brombeeren und saß auf den Mauerreste­n des alten Lucas’schen Weinbergs in der Sonne. „Viel später, als Arzt im Klinikum, konnte ich fast jeden Tag auf den Weinberg schauen.“

Er war Chefarzt der Radiologie, und als der Ruhestand näher rückte und das Gelände mit dem alten Weinberg verkauft wurde, musste er zusammen mit seiner Frau Stefanie nicht allzu lange überlegen. „Das Grundstück war relativ erschwingl­ich, wir wollten es als eine Art verlängert­en Garten nutzen.“

Dass daraus wieder ein Weingarten werden könnte, daran dachten die Brills zunächst nicht. Bis ihre Tochter Esther den entscheide­nden Satz sagte: „Macht doch das daraus, was es schon einmal war.“Das WeinbergAb­enteuer begann. Das war 2015.

„Wir hatten von Weinanbau überhaupt keine Ahnung“, erzählt Günter Brill, sie hätten erst viel gelesen und dann jemanden gesucht, der sich damit auskennt. Über einen Freund lernten sie den Winzer Ralf Steffen aus dem auch bei vielen Saarländer­n beliebten Moselort Trittenhei­m kennen. Ein Glücksfall, wie man heute weiß, denn es wurde eine im wahrsten Sinne fruchtbare Zusammenar­beit.

Mit der jungen besonders widerstand­sfähigen Rebsorte „Cabernet Blanc“legten sie los. 2016 wurden die ersten von heute 600 Rebstöcken gepflanzt, die erste Ernte gab es 2019, „aber nur eine Badewanne voll“, sagt Günter Brill und lacht. 2020 waren es dann schon 400 Liter, 2021 sind es 1000 Liter geworden. Für Winzer Steffen eine ideale Ausbeute. „Wir könnten auch 2000 Liter rausholen, aber wir wollen auf Qualität gehen, nicht auf Quantität.“Brill ergänzt: „Es soll etwas Exklusives bleiben.“

Insgesamt 1350 Flaschen des 21erJahrga­ngs gibt es, sie wurden erst vor zwei Wochen abgefüllt. Es sei ein „verdammt fruchtiger, toller Wein geworden“, sagt Steffen: „Riechen Sie mal, ist doch Wahnsinn, oder?“Die Stadt hat 150 Flaschen als Rathauswei­n geordert, er soll an besondere Gäste verschenkt werden. „Wieder Wein aus Saarbrücke­n zu haben, ist natürlich etwas ganz Außergewöh­nliches“, findet Oberbürger­meister Uwe Conradt.

Auch Privatleut­e können den echten Saarbrücke­r Wein erwerben, ein Karton mit sechs Flaschen ist für 105 Euro nur über das Kontaktfor­mular auf der Webseite www.gs-vinum. saarland erhältlich. Eine Flasche kostet also 17,50 Euro, sicher kein Schnäppche­n, dafür ist der Wein eine Rarität, regional und bio. Es sei nicht besprüht worden, keine Bodenbearb­eitung, alles Handarbeit. Modernste Technik kommt dann bei der Weitervera­rbeitung in Trittenhei­m zum Einsatz, zum Beispiel bei der computerge­steuerten Kaltvergär­ung. „Und am Ende kommt sowas Feines dabei raus“, sagt Winzer Steffen und nimmt einen Schluck.

Dennoch: Der Weg bis zum Saarbrücke­r Wein war lang. „Das Gelände war ein Trümmerfel­d, wir haben fast

„Das Gelände war ein Trümmerfel­d, wir haben fast zwei Jahre lang aufgeräumt.“Hobbywinze­r Günter Brill über den neu angelegen Weinberg

zwei Jahre lang aufgeräumt“, erklärt Günter Brill. Unmengen Plastikmül­l hätten sie eingesamme­lt, die Stützmauer­n mussten wieder aufgebaut werden, erst dann konnte allmählich die Arbeit mit den Reben beginnen. Die Lage sei einfach ideal: Sonne ohne Ende, kein Frost, besser als in seiner Heimat an der Mosel, findet Ralf Steffen. Er sagt, die ganze Mühe der letzten Jahre habe sich gelohnt: „Das hier ist doch das schönste Stück von Saarbrücke­n, wie in der Toskana.“

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FOTO: THOMAS SCHÄFER Professor Günter Brill und seine Frau Stefanie stoßen in ihrem Weinberg mit dem wohlschmec­kenden Ergebnis ihrer Bemühungen an.
 ?? FOTO: THOMAS SCHÄFER ?? Das Etikett auf der Rückseite verrät dem Weinkenner, was er über den leckeren Tropfen vom Winterberg wissen muss.
FOTO: THOMAS SCHÄFER Das Etikett auf der Rückseite verrät dem Weinkenner, was er über den leckeren Tropfen vom Winterberg wissen muss.

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