Saarbrücken hat wieder seinen eigenen Wein
Eine Arztfamilie und ein Moselwinzer haben den historischen Weinberg am Winterberg zu neuem Leben erweckt und ein kleines Paradies „wie in der Toskana“geschaffen. Der edle Tropfen ist der neue Rathauswein der Landeshauptstadt. Doch auch Privatleute können den Jahrgang 2021 ab sofort kaufen. Noch.
Brombeeren und saß auf den Mauerresten des alten Lucas’schen Weinbergs in der Sonne. „Viel später, als Arzt im Klinikum, konnte ich fast jeden Tag auf den Weinberg schauen.“
Er war Chefarzt der Radiologie, und als der Ruhestand näher rückte und das Gelände mit dem alten Weinberg verkauft wurde, musste er zusammen mit seiner Frau Stefanie nicht allzu lange überlegen. „Das Grundstück war relativ erschwinglich, wir wollten es als eine Art verlängerten Garten nutzen.“
Dass daraus wieder ein Weingarten werden könnte, daran dachten die Brills zunächst nicht. Bis ihre Tochter Esther den entscheidenden Satz sagte: „Macht doch das daraus, was es schon einmal war.“Das WeinbergAbenteuer begann. Das war 2015.
„Wir hatten von Weinanbau überhaupt keine Ahnung“, erzählt Günter Brill, sie hätten erst viel gelesen und dann jemanden gesucht, der sich damit auskennt. Über einen Freund lernten sie den Winzer Ralf Steffen aus dem auch bei vielen Saarländern beliebten Moselort Trittenheim kennen. Ein Glücksfall, wie man heute weiß, denn es wurde eine im wahrsten Sinne fruchtbare Zusammenarbeit.
Mit der jungen besonders widerstandsfähigen Rebsorte „Cabernet Blanc“legten sie los. 2016 wurden die ersten von heute 600 Rebstöcken gepflanzt, die erste Ernte gab es 2019, „aber nur eine Badewanne voll“, sagt Günter Brill und lacht. 2020 waren es dann schon 400 Liter, 2021 sind es 1000 Liter geworden. Für Winzer Steffen eine ideale Ausbeute. „Wir könnten auch 2000 Liter rausholen, aber wir wollen auf Qualität gehen, nicht auf Quantität.“Brill ergänzt: „Es soll etwas Exklusives bleiben.“
Insgesamt 1350 Flaschen des 21erJahrgangs gibt es, sie wurden erst vor zwei Wochen abgefüllt. Es sei ein „verdammt fruchtiger, toller Wein geworden“, sagt Steffen: „Riechen Sie mal, ist doch Wahnsinn, oder?“Die Stadt hat 150 Flaschen als Rathauswein geordert, er soll an besondere Gäste verschenkt werden. „Wieder Wein aus Saarbrücken zu haben, ist natürlich etwas ganz Außergewöhnliches“, findet Oberbürgermeister Uwe Conradt.
Auch Privatleute können den echten Saarbrücker Wein erwerben, ein Karton mit sechs Flaschen ist für 105 Euro nur über das Kontaktformular auf der Webseite www.gs-vinum. saarland erhältlich. Eine Flasche kostet also 17,50 Euro, sicher kein Schnäppchen, dafür ist der Wein eine Rarität, regional und bio. Es sei nicht besprüht worden, keine Bodenbearbeitung, alles Handarbeit. Modernste Technik kommt dann bei der Weiterverarbeitung in Trittenheim zum Einsatz, zum Beispiel bei der computergesteuerten Kaltvergärung. „Und am Ende kommt sowas Feines dabei raus“, sagt Winzer Steffen und nimmt einen Schluck.
Dennoch: Der Weg bis zum Saarbrücker Wein war lang. „Das Gelände war ein Trümmerfeld, wir haben fast
„Das Gelände war ein Trümmerfeld, wir haben fast zwei Jahre lang aufgeräumt.“Hobbywinzer Günter Brill über den neu angelegen Weinberg
zwei Jahre lang aufgeräumt“, erklärt Günter Brill. Unmengen Plastikmüll hätten sie eingesammelt, die Stützmauern mussten wieder aufgebaut werden, erst dann konnte allmählich die Arbeit mit den Reben beginnen. Die Lage sei einfach ideal: Sonne ohne Ende, kein Frost, besser als in seiner Heimat an der Mosel, findet Ralf Steffen. Er sagt, die ganze Mühe der letzten Jahre habe sich gelohnt: „Das hier ist doch das schönste Stück von Saarbrücken, wie in der Toskana.“