Saarbruecker Zeitung

Eine Hündin namens Cora

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Erinnern Sie sich, wie nicht wenige Leute früher Hunde hielten? In einem Zwinger mit Betonboden und Drahtzaun. Manche dieser Tiere waren angekettet. Auch Coras Leben bestand aus Beton, Drahtgefle­cht und Leere. Immerhin war sie kein Kettenhund. Cora war eine Deutsche Schäferhün­din mit honiggelbe­m und schwarzem

Fell. Ihr Zaun grenzte zum Teil an den Garten meines Onkels.

Als ich klein war, besuchten wir ihn öfters. Immer, wenn wir das taten, besuchte ich Cora. Sie kam angelaufen, legte sich auf den Bauch und streckte mir eine Pfote durch den Drahtzaun entgegen.

Die passte da gerade so hindurch. Ich nahm die Pfote in meine Hand und streichelt­e sie. Dann erzählte ich Cora von meinem Tag, was ich gemacht und gespielt hatte, was Spannendes passiert war, seit wir uns das letzte Mal getroffen hatten. Meine komplette Besuchszei­t verbrachte ich mit ihr. Cora lauschte mit gespitzten Ohren und winselte gelegentli­ch dazu. Sie roch etwas streng, dafür konnte sie aber nichts. Das wäre jedem in so einem Käfig so gegangen. Die Besitzer von Cora habe ich nie kennengele­rnt. Warum sie überhaupt einen Hund hielten, verstand ich nicht. Wo sie offenbar nie da waren und Cora einsam im Zwinger hocken musste. Irgendwann besuchten wir den Onkel seltener. So traf ich auch Cora kaum mehr. Was aus ihr geworden ist, ich weiß es nicht. Bestimmt kein glückliche­r Hund. Manchmal geht sie mir durch den Sinn. Ich sehe sie, wie sie ihren Kopf auf die Pfoten legt, als sei er zu schwer zum Hochhalten, wie ihre Hundenase glänzt und ihre Augen auch, noch nicht bar jeder Hoffnung. Begegnet mir ein unglücklic­her Hund, denke ich an Cora. Dann spüre ich wieder das Gewicht ihrer Pfote in meiner Hand und staune über die Zuversicht, mit der sie mir gereicht wurde.

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