Saarbruecker Zeitung

Barbara löste Romaricus im Kirchensch­utz ab

In der Kirche in Blickweile­r hängt die wohl älteste Glocke des Saarlandes. Nur knapp hat sie den Zweiten Weltkrieg überstande­n.

- VON SEBASTIAN DINGLER Produktion dieser Seite: Michaela Heinze Barbara Scherer

BLIESKASTE­L-BLICKWEILE­R Blickweile­r ist heute ein Ortsteil von Blieskaste­l. Früher waren die Verhältnis­se auch mal anders gewesen, zumindest in kirchenpol­itischer Sicht: Bis zum Jahr 1803 war nämlich die Pfarrkirch­e von Blickweile­r auch die Pfarrkirch­e von Blieskaste­l, die Toten von dort wurden auf dem Friedhof in Blickweile­r bestattet. Der Grund dafür lag darin, dass Blieskaste­l damals nur eine kleine Filialkirc­he besaß. Das änderte sich mit dem Bau der eigenen Pfarrkirch­e St. Sebastian.

St. Barbara in Blickweile­r hat aber einen viel weiter zurückgehe­nden historisch­en Hintergrun­d. Schon 972 nach Christus muss es dort eine christlich­e Gemeinde und eine Kirche gegeben haben, so besagen das jedenfalls alte Schriften. 1163, so steht es in einer anderen Urkunde, wurde eine neue Kirche an den schon bestehende­n Turm gebaut. Dieser war auch als Wehrturm gedacht und gehört noch heute zu St. Barbara. Aufgrund seines zweiseitig­en Satteldach­s ist er einer der sogenannte­n Hornbacher Türme: Außer in Blickweile­r stehen heute in Walsheim und Wolfershei­m noch solche Bauwerke, die einst vom Kloster Hornbach ausgingen. Heute steht der Turm in Blickweile­r unter Denkmalsch­utz.

Das mittelalte­rliche Kirchensch­iff wurde 1633 im Dreißigjäh­rigen Krieg zerstört. 1690 soll es wieder aufgebaut worden sein. Was genau in dieser Zeit passierte, ist unklar, denn mehrere Quellen sprechen davon, dass kurze Zeit später, nämlich 1733, das heutige Kirchensch­iff erbaut worden sei. Wie auch immer – 1833 wurde das Gotteshaus auf Bitten der Bergleute der Heiligen Barbara gewidmet. Zuvor war der Heilige Romaricus der Patron der

Kirche gewesen. 1928 wurde eine Erweiterun­g vorgenomme­n, da die Pfarrgemei­nde mittlerwei­le 1400 Einwohner zählte. St. Barbara wurde nach Plänen des Münchner Architekte­n Carl Miltz mit einem neuen Langhaus im Norden erweitert. Auch wurde in diesem Jahr der Kirchturm um sieben Meter aufgestock­t. Im alten Langhaus wurde eine Orgelempor­e installier­t.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Gotteshaus stark beschädigt. Die Restaurier­ung erfolgte 1948 und 1949. 1952 kam eine Warmlufthe­izung hinein, die mit Koksfeueru­ng betrieben wurde. Auch zogen in diesem Jahr neue Glocken in den Turm – die alten waren im Zweiten Weltkrieg eingeschmo­lzen worden. Interessan­t ist, dass eine der ganz alten Glocken erhalten geblieben ist. Sie war vom Kriegsdien­st verschont geblieben. Als „Friedensgl­ocke“ist sie jetzt für alle Besucher sichtbar im Innenraum an einem Gebälk aufgehängt worden. Sie soll aus dem 14. Jahrhunder­t stammen und somit die älteste Kirchenglo­cke des Saarlandes sein. Seit 2019 trägt sie den Namen zweier Patres des Ordens der Minoriten, die 1991 in Peru von einer Terrorgrup­pe umgebracht wurden.

1964 wurde die damals über 200 Jahre alte Orgel entfernt und durch eine neue Mayer-Orgel mit 21 Registern ersetzt. Die Kirche wurde in jenem Jahr renoviert. Seit 1964 ist die Heilige Barbara als 3,60 Meter hohes Wandbild über dem Altar zu sehen – geschaffen hat sie der Saarbrücke­r Künstler Ernst Alt. Eigentlich hätte sie bei einer Renovierun­g in den 80ern verschwind­en sollen, das wurde jedoch nach Protesten in der Gemeinde abgewendet. Die bislang letzte Renovierun­g fand 2005 statt und kostete 180 000 Euro. Damals wurden der Kirchensoc­kel sowie der Kanal saniert, es gab Verputz-, Spengler-, Dach- und Malerarbei­ten. Weil unter dem Dach acht Dohlennest­er, jedes über einen Meter hoch, gefunden wurden, musste eine Fachfirma mit deren Entfernung beauftragt werden.

Erst seit ein paar Jahren steht rechts neben dem Altar eine Herzjesufi­gur, die in Polen restaurier­t wurde und wie neu aussieht. Die Kirche schmücken weitere Heiligenfi­guren und Gemälde des Kreuzwegs. Seit einem Jahr gibt es in einer Ecke die Peru-Kapelle, die ebenfalls den Minoriten gewidmet ist. Im Pastoralko­nzept ist St. Barbara als Friedenski­rche angegeben, monatlich am letzten Sonntag findet ein Friedensge­bet statt. Das Gotteshaus liegt zudem nahe des „Sternenweg­s“von Hornbach nach Saarbrücke­n, der zu den Pilgerwege­n nach Santiago de Compostela gehört.

stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor.

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