Heftiger Streit in der Politik um neue Corona-Maßnahmen für den Herbst
Während die Grünen schnell ein neues Infektionsschutzgesetz verabschieden wollen, pocht die FDP auf eine fachliche Bewertung der Maßnahmen.
BERLIN/SAARBRÜCKEN (dpa/SZ) Die Debatte um Corona-Maßnahmen für den Herbst gewinnt an Schärfe. Grünen-Chef Omid Nouripour forderte eine rasche Änderung des Infektionsschutzgesetzes, um für die kältere Jahreszeit gewappnet zu sein – dafür hatte sich am Samstag auch Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) ausgesprochen. Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki erinnerte daraufhin daran, dass es einen gesetzlichen Auftrag gebe, Corona-Maßnahmen zunächst fachgerecht zu beurteilen. Nur auf der Grundlage eines entsprechenden Berichts könnten evidenzbasierte Entscheidungen getroffen werden.
Justizminister Marco Buschmann (FDP) kritisierte am Sonntag auf Twitter: „Einige in der Politik suchen gezielt Streit zum Thema Corona, um sich zu profilieren. Das ist unseriös.“
Die Ministerpräsidentenkonferenz habe im gesetzlichen Fahrplan das Prinzip akzeptiert: „Erst evaluieren, dann entscheiden.“
Nouripour sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Wir brauchen eine Einigung, so schnell es geht. Je früher wir auf den Herbst vorbereitet sind, desto besser ist es. Länder und Kommunen brauchen einen Vorlauf.“Es gehe darum, die Fehler der vergangenen beiden Jahre nicht zu wiederholen. „Der Sommer darf nicht ungenutzt verstreichen“, betonte Nouripour.
Ähnlich hatte sich zuletzt auch Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) geäußert. Eine Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes dürfe „nicht wieder erst im letzten Moment erfolgen“, sagte sie vergangene Woche dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Mit dem geänderten Infektionsschutzgesetz sind seit Anfang April die allgemeine Maskenpflicht für Veranstaltungen oder beim Einkaufen sowie 2G- und 3G-Zugangsregelungen weggefallen. Vorerst gilt ein „Basisschutz“– etwa mit Maskenpflicht in Bussen, Bahnen, Kliniken, Praxen und Pflegeheimen. Die derzeit geltende Fassung des Gesetzes läuft bis zum 23. September. Der Deutsche Städtetag hatte eine Anpassung des Gesetzes noch vor der Sommerpause des Bundestags gefordert, um auf Corona im Herbst vorbereitet zu sein.
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, forderte die Ampel dagegen auf, vor der Festlegung neuer Corona-Maßnahmen für den Herbst die Wirksamkeit bisheriger Schutzkonzepte zu überprüfen. „Vor einer Festlegung auf Maßnahmen muss zunächst einmal eine Evaluation erfolgen. Was haben die ergriffenen Maßnahmen der vergangenen mehr als zwei Jahre gebracht?“, sagte er dem RND. Hingegen warf Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der Ampel vor, wertvolle Zeit zu vergeuden. Statt die Dinge zu regeln, stifte die Koalition „Verwirrung, Verunsicherung und Stillstand“, sagte er.