Wolfgang Bosbach und die 60-Stunden-Woche
Der CDU-Politiker feiert seinen 70. Geburtstag
BERGISCH GLADBACH (dpa) Wie ist er denn so im persönlichen Umgang, der einstige Talkshow-König und CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach? Tochter Caroline muss lachen. „Er ist ein unterhaltsamer, humorvoller und vielseitig interessierter Mensch. Und weil er in den letzten Jahrzehnten auch gut rumgekommen ist, hat er ein beachtliches Repertoire an Storys auf Lager.“Es ist ein sonniger Tag in Bergisch Gladbach, die 32-Jährige ist zum Gespräch mit ihrem Vater dazu gekommen, der am kommenden Samstag 70 Jahre alt wird.
So gar keine Abgrenz-Bewegungen? Nunja. Als sie während ihrer Studienzeit in Berlin wohnte und er auf die Idee kam, unter der Woche bei ihr einzuziehen, war für sie Schluss. „Auf gar keinen Fall!“, ruft sie heute noch aus. Er berichtet: „Ich hab ja immer im Hotel gewohnt, und als Caroline nach Berlin gezogen ist, war mein erster Gedanke, wir machen eine Wohngemeinschaft. Ich hab gesagt: „Caroline, ich ziehe ein. Du störst mich nicht.“Da hat sie gesagt: ‚Ja, dass ich dich nicht störe, ist klar.‘ Den Rest hab ich an ihrem erschrockenen Gesicht gesehen.“
Die Entspanntheit, mit der Wolfgang Bosbach solche Geschichten erzählt, ist nicht mit dem Alter gekommen. Er hatte sie schon während seiner Zeit im Bundestag – was ihn sehr populär gemacht hat. 2017 schied er aus dem Parlament aus. Richtig ruhig ist es bei ihm aber nicht geworden. Nur ein bisschen anders.
Der 70. Geburtstag etwa soll auf Sardinien gefeiert werden. Gute 50 Familienmitglieder und Freunde sind eingeladen, aber nur ein einziger prominenter Politiker, und der ist noch nicht mal aus Bosbachs Partei: Wolfgang Kubicki, der stellvertretende FDP-Chef und Bundestagsvizepräsident, ist der Auserwählte. Er soll auch eine Rede halten. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass er die passenden Worte finden wird. Nur nichts Trauriges!“Natürlich verfolgt er die Politik nach wie vor und ist um einen Kommentar nicht verlegen. „Ich sag‘ immer, wenn du Einschlafstörungen hast, guck dir ‘ne Rede von Olaf Scholz an.“Er erkennt aber im Rückblick auch bei seiner eigenen Partei Versäumnisse: „Die Union hat lange Zeit das Thema Klimaschutz nicht mit der Intensität behandelt wie andere Parteien.“
Aus seiner Krebserkrankung hat er nie ein Geheimnis gemacht. Dass es ihm heute gut geht, will er nicht sagen. „Dafür habe ich zu viele Einschränkungen, muss zu viele Medikamente nehmen, bin zu oft bei Ärzten zu Besuch.“Aber er könne zufrieden sein. „Für mich ist entscheidend, dass ich das tun kann, was ich tun möchte. Ich merke natürlich, dass mir vieles schwerer fällt als früher, aber wenn du 70 bist, bist du eben keine 35 mehr.“Das sei ja auch der Grund gewesen, warum er mit 65 Jahren aus der Politik gegangen sei: „Ich wusste, dass ich das Tempo nicht mehr durchhalten kann.“Sein normaler Tagesablauf sieht heute so aus, dass er vormittags in seiner Anwaltskanzlei arbeitet und nachmittags fast jeden Tag zu einem Vortrag oder einer Diskussion fährt. „Eine 60-Stunden-Woche hab ich immer noch, aber ich bin nicht mehr gefangen durch den Sitzungskalender des Bundestags.“
Was Talkshows betrifft: Da komme nun „höchst selten“eine Einladung. „Das, was ich jetzt im Jahr mache, schafft Lauterbach an einem Abend“, sagt er. Dafür produziert er einen Podcast („Die Wochentester“). Und er schreibt ein Buch darüber, warum die Politik Vertrauen verloren hat und wie sie es wiedergewinnen kann.