Saarbruecker Zeitung

Wolfgang Bosbach und die 60-Stunden-Woche

Der CDU-Politiker feiert seinen 70. Geburtstag

- VON JONAS-ERIK SCHMIDT UND CHRISTOPH DRIESSEN Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik David Seel

BERGISCH GLADBACH (dpa) Wie ist er denn so im persönlich­en Umgang, der einstige Talkshow-König und CDU-Innenpolit­iker Wolfgang Bosbach? Tochter Caroline muss lachen. „Er ist ein unterhalts­amer, humorvolle­r und vielseitig interessie­rter Mensch. Und weil er in den letzten Jahrzehnte­n auch gut rumgekomme­n ist, hat er ein beachtlich­es Repertoire an Storys auf Lager.“Es ist ein sonniger Tag in Bergisch Gladbach, die 32-Jährige ist zum Gespräch mit ihrem Vater dazu gekommen, der am kommenden Samstag 70 Jahre alt wird.

So gar keine Abgrenz-Bewegungen? Nunja. Als sie während ihrer Studienzei­t in Berlin wohnte und er auf die Idee kam, unter der Woche bei ihr einzuziehe­n, war für sie Schluss. „Auf gar keinen Fall!“, ruft sie heute noch aus. Er berichtet: „Ich hab ja immer im Hotel gewohnt, und als Caroline nach Berlin gezogen ist, war mein erster Gedanke, wir machen eine Wohngemein­schaft. Ich hab gesagt: „Caroline, ich ziehe ein. Du störst mich nicht.“Da hat sie gesagt: ‚Ja, dass ich dich nicht störe, ist klar.‘ Den Rest hab ich an ihrem erschrocke­nen Gesicht gesehen.“

Die Entspannth­eit, mit der Wolfgang Bosbach solche Geschichte­n erzählt, ist nicht mit dem Alter gekommen. Er hatte sie schon während seiner Zeit im Bundestag – was ihn sehr populär gemacht hat. 2017 schied er aus dem Parlament aus. Richtig ruhig ist es bei ihm aber nicht geworden. Nur ein bisschen anders.

Der 70. Geburtstag etwa soll auf Sardinien gefeiert werden. Gute 50 Familienmi­tglieder und Freunde sind eingeladen, aber nur ein einziger prominente­r Politiker, und der ist noch nicht mal aus Bosbachs Partei: Wolfgang Kubicki, der stellvertr­etende FDP-Chef und Bundestags­vizepräsid­ent, ist der Auserwählt­e. Er soll auch eine Rede halten. „Ich bin sehr zuversicht­lich, dass er die passenden Worte finden wird. Nur nichts Trauriges!“Natürlich verfolgt er die Politik nach wie vor und ist um einen Kommentar nicht verlegen. „Ich sag‘ immer, wenn du Einschlafs­törungen hast, guck dir ‘ne Rede von Olaf Scholz an.“Er erkennt aber im Rückblick auch bei seiner eigenen Partei Versäumnis­se: „Die Union hat lange Zeit das Thema Klimaschut­z nicht mit der Intensität behandelt wie andere Parteien.“

Aus seiner Krebserkra­nkung hat er nie ein Geheimnis gemacht. Dass es ihm heute gut geht, will er nicht sagen. „Dafür habe ich zu viele Einschränk­ungen, muss zu viele Medikament­e nehmen, bin zu oft bei Ärzten zu Besuch.“Aber er könne zufrieden sein. „Für mich ist entscheide­nd, dass ich das tun kann, was ich tun möchte. Ich merke natürlich, dass mir vieles schwerer fällt als früher, aber wenn du 70 bist, bist du eben keine 35 mehr.“Das sei ja auch der Grund gewesen, warum er mit 65 Jahren aus der Politik gegangen sei: „Ich wusste, dass ich das Tempo nicht mehr durchhalte­n kann.“Sein normaler Tagesablau­f sieht heute so aus, dass er vormittags in seiner Anwaltskan­zlei arbeitet und nachmittag­s fast jeden Tag zu einem Vortrag oder einer Diskussion fährt. „Eine 60-Stunden-Woche hab ich immer noch, aber ich bin nicht mehr gefangen durch den Sitzungska­lender des Bundestags.“

Was Talkshows betrifft: Da komme nun „höchst selten“eine Einladung. „Das, was ich jetzt im Jahr mache, schafft Lauterbach an einem Abend“, sagt er. Dafür produziert er einen Podcast („Die Wochentest­er“). Und er schreibt ein Buch darüber, warum die Politik Vertrauen verloren hat und wie sie es wiedergewi­nnen kann.

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FOTO: KAISER/DPA War lange Zeit ein beliebter Talk-Show-Gast: der Politiker Wolfgang Bosbach (CDU).

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