Ein Wettbewerb auf dem Kraftstoffmarkt wäre sinnvoll
Die Mineralölkonzerne hatten die Chance: Über Pfingsten hätten sie beweisen können, dass sie besser sind als ihr schlechter Ruf und der Wettbewerb an der Zapfsäule funktioniert. Doch sie entschieden sich anders: Anstatt die Preise weiter zu senken, hoben sie diese wieder an. Die kleine Reduktion zum Start des Tankrabatts am Mittwoch entpuppte sich als billiger Marketing-Gag, die großen Fünf stecken die Steuersenkung lieber in die eigene Tasche.
Weder die Entwicklung des Rohölpreises noch logistische Fragen rechtfertigen das aktuelle Preisniveau. Der Rohölpreis stagniert. Und den hoch besteuerten Sprit, den die Tankstellen noch zum Steuersatz im Mai eingekauft hatten, haben sie längst wieder verkauft. Gemessen am Tag vor der Steuersenkung müssten die Preise eigentlich bei 1,80 Euro pro Liter Benzin und 1,87 pro Liter Diesel liegen. Davon waren die Preise am Pfingstwochenende weit entfernt. Der Tankrabatt ist sozial- und klimapolitisch unsinnig: Er belohnt die Wohlhabenden mit großen Tanks, anstatt die Bedürftigen gezielt zu entlasten. Er macht den Verbrauch von fossilen Energien günstiger, was für das Klima schlecht ist. Doch abgesehen von diesem grundlegenden Manko muss sich die Ampel-Koalition fragen, ob sie sich von den Konzernen weiter an der Nase herumführen lassen will. Offenkundig funktioniert der Wettbewerb am Kraftstoffmarkt nicht.
Die Ampel macht es sich zu einfach, wenn sie auf das Kartellamt verweist. Dieses kann keine Preise verbieten, auch wenn sie hoch sind. Es kann nur eingreifen, wenn Preise kartellrechtswidrig abgesprochen worden sind. Der Vorschlag von Grünen-Chefin Ricarda Lang und SPD-Chef Lars Klingbeil lautet nun, man möge doch solche Krisen- oder Übergewinne extra besteuern. Der Vorstoß ist von der Sorte „gut gemeint, zu kurz gedacht“. Es öffnet der Willkür Tür und Tor, wenn der Staat plötzlich entscheidet, welche Gewinne angemessen und welche übermäßig sind. An den Gewinnen, die der Impfstoff-Hersteller Biontech in der Corona-Krise macht, stört sich der Staat auch (aus guten Gründen) nicht. Gewinne sind per se nichts Böses, sondern honorieren unternehmerischen Mut und Investitionen – wenn denn der Markt funktioniert. Sinnvoller wäre es daher auch, den Wettbewerb auf dem Kraftstoffmarkt anzuheizen. Hier kann die Politik vom Strommarkt lernen: Für den Wettbewerb gab es einen gewaltigen Schub, als die Stromkonzerne zum „Unbundling“gezwungen wurden, zur Abspaltung der Netze. Shell und Co. zur Abspaltung der Tankstellen-Ketten zu zwingen, wäre ein vergleichbarer Schritt. Der Staat muss die Kumpanei der Konzerne zu Lasten der Verbraucher knacken.
Auch politisch bedeutet der Tankrabatt neuen Ärger. Die Grünen, die nun nachbessernd mit der Übergewinn-Steuer kommen, hatten von Anfang an ihre Koalitionspartner gewarnt. Die FDP aber wollte den Rabatt unbedingt, als die Ampel-Parteien über das Entlastungspaket feilschten. Nun sind alle sauer – Autofahrer, Sozialverbände, Klimaschützer, Koalitionäre. Schlechter kann man Energiepolitik eigentlich nicht machen.