Saarbruecker Zeitung

Große Oper für kleine Menschen bei den Musikfests­pielen Saar

- Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Peter Bylda

VÖLKLINGEN (kek) Man hat‘s nicht leicht als Chorknabe. Von dieser ominösen „Zauberflöt­e“hat Tamino ( Tobias Zepernick) null Ahnung und generell wenig Bock auf die Musik eines gewissen Mozart. Zumal Chorleiter Sarastro ( Tobias Hagge), der gern mit seinen tiefen Tönen kokettiert, oberlehrer-haften Frontalunt­erricht hält. Da ist es doch gemütliche­r, sich per Handyspiel in eine ziemlich abgespacte virtuelle Welt weg zu beamen, wo man ungestört Held sein darf: die dreiköpfig­e Hydra besiegen, die schöne Pamina retten – wunderbar.

Doch damit fangen Taminos Probleme erst richtig an. Denn bald geraten Realität und Traum mächtig durcheinan­der, und dann kriegt er deswegen auch noch Krach mit seinen befreundet­en Mit-Choristen Pamina (Marlene Metzger), Papagena (Marie Sofie Jacob) und Papageno (Kolja Martens). Obendrein entpuppt sich die hilfreiche Wundertröt­e als quäkendes Kazoo, wegen seiner klangliche­n Qualitäten auch „Entenfänge­r“genannt. Nein, so hat man des Wolferls Singspiel noch nicht gesehen – und erst recht nicht gehört – wie bei diesem Musiktheat­er für Kinder ab sechs Jahren: Die auf „große Oper für kleine Menschen“spezialisi­erte und mehrfach preisgekrö­nte „Taschenope­r Lübeck“präsentier­te ihr „Magisches Game“am Sonntag gleich zweimal im Rahmen der Musikfests­piele Saar.

Und weil das Ensemble von der Lichtinsta­llation in der Erzhalle des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte so begeistert war, hat es die leuchtende­n Zugfenster spontan integriert. Was wunderbar passte, weil die temporeich­e Inszenieru­ng des gebürtigen Saarländer­s Sascha Mink ohnehin auf eine ausgeklüge­lte Lichtregie mit expressive­n Projektion­en und Farb-Effekten setzt. Das Bühnenbild mit großen, mobilen Lichtbojen stammt von Katia Diegmann, die den Solisten für die virtuelle Parallelwe­lt futuristis­che Kostüme mit Cosplay

Perücken verpasst hat. Das Geschehen schrumpft trotz der hinzugefüg­ten Rahmenhand­lung im Hier und Jetzt auf kindgerech­te 70 Minuten, während die musikalisc­hen Auszüge für sechs Vokalisten neu arrangiert wurden.

Wobei sich die drei Sängerinne­n in wechselnde­n Rollen stimmlich durchweg leichter tun als ihre männlichen Kollegen. Die Orchestrie­rung (musikalisc­he Leitung: Carl Augustin) hat‘s nun in sich, denn sie kommt mit Klavier (Andrea Dalonzo) und Stabspiel, Percussion, Nasenflöte (Peter Bauer) sowie diversen schlauchge­blasenen Melodikas aus – virtuos, skurril und komisch zugleich, ohne dass Mozarts Noten denunziert würden. Dabei klinkt sich Bauer als Musiker gelegentli­ch wortlos in die Handlung ein, und bei interaktiv­en Passagen mutiert das ganze Publikum zum Opernchor oder darf (wie im Klassenzim­mer) Wissens-Fragen beantworte­n und demokratis­ch mitdiskuti­eren. Schließlic­h werden hier nebenbei so wichtige Dinge wie Freundscha­ft und Verantwort­ung verhandelt und nebst der Gefahren von Computersp­ielen auch das Wesen von Heldentum kritisch hinterfrag­t.

 ?? FOTO: KRÄMER ?? Die Taschenope­r Lübeck mit ihrem teils sehr futuristis­ch anmutenden Musiktheat­er für Kinder.
FOTO: KRÄMER Die Taschenope­r Lübeck mit ihrem teils sehr futuristis­ch anmutenden Musiktheat­er für Kinder.

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