Große Oper für kleine Menschen bei den Musikfestspielen Saar
VÖLKLINGEN (kek) Man hat‘s nicht leicht als Chorknabe. Von dieser ominösen „Zauberflöte“hat Tamino ( Tobias Zepernick) null Ahnung und generell wenig Bock auf die Musik eines gewissen Mozart. Zumal Chorleiter Sarastro ( Tobias Hagge), der gern mit seinen tiefen Tönen kokettiert, oberlehrer-haften Frontalunterricht hält. Da ist es doch gemütlicher, sich per Handyspiel in eine ziemlich abgespacte virtuelle Welt weg zu beamen, wo man ungestört Held sein darf: die dreiköpfige Hydra besiegen, die schöne Pamina retten – wunderbar.
Doch damit fangen Taminos Probleme erst richtig an. Denn bald geraten Realität und Traum mächtig durcheinander, und dann kriegt er deswegen auch noch Krach mit seinen befreundeten Mit-Choristen Pamina (Marlene Metzger), Papagena (Marie Sofie Jacob) und Papageno (Kolja Martens). Obendrein entpuppt sich die hilfreiche Wundertröte als quäkendes Kazoo, wegen seiner klanglichen Qualitäten auch „Entenfänger“genannt. Nein, so hat man des Wolferls Singspiel noch nicht gesehen – und erst recht nicht gehört – wie bei diesem Musiktheater für Kinder ab sechs Jahren: Die auf „große Oper für kleine Menschen“spezialisierte und mehrfach preisgekrönte „Taschenoper Lübeck“präsentierte ihr „Magisches Game“am Sonntag gleich zweimal im Rahmen der Musikfestspiele Saar.
Und weil das Ensemble von der Lichtinstallation in der Erzhalle des Weltkulturerbes Völklinger Hütte so begeistert war, hat es die leuchtenden Zugfenster spontan integriert. Was wunderbar passte, weil die temporeiche Inszenierung des gebürtigen Saarländers Sascha Mink ohnehin auf eine ausgeklügelte Lichtregie mit expressiven Projektionen und Farb-Effekten setzt. Das Bühnenbild mit großen, mobilen Lichtbojen stammt von Katia Diegmann, die den Solisten für die virtuelle Parallelwelt futuristische Kostüme mit Cosplay
Perücken verpasst hat. Das Geschehen schrumpft trotz der hinzugefügten Rahmenhandlung im Hier und Jetzt auf kindgerechte 70 Minuten, während die musikalischen Auszüge für sechs Vokalisten neu arrangiert wurden.
Wobei sich die drei Sängerinnen in wechselnden Rollen stimmlich durchweg leichter tun als ihre männlichen Kollegen. Die Orchestrierung (musikalische Leitung: Carl Augustin) hat‘s nun in sich, denn sie kommt mit Klavier (Andrea Dalonzo) und Stabspiel, Percussion, Nasenflöte (Peter Bauer) sowie diversen schlauchgeblasenen Melodikas aus – virtuos, skurril und komisch zugleich, ohne dass Mozarts Noten denunziert würden. Dabei klinkt sich Bauer als Musiker gelegentlich wortlos in die Handlung ein, und bei interaktiven Passagen mutiert das ganze Publikum zum Opernchor oder darf (wie im Klassenzimmer) Wissens-Fragen beantworten und demokratisch mitdiskutieren. Schließlich werden hier nebenbei so wichtige Dinge wie Freundschaft und Verantwortung verhandelt und nebst der Gefahren von Computerspielen auch das Wesen von Heldentum kritisch hinterfragt.