Saarbruecker Zeitung

Kamera-Verbessere­r ändern den Firmenkurs

Mit speziellen 3D- Objektiven ist das Saarbrücke­r Unternehme­n „K-Lens GmbH“auf Expansions­kurs. Doch dafür war ein zweiter Anlauf nötig.

- VON UDO RAU Produktion dieser Seite: Frank Kohler Timon Deckena

SAARBRÜCKE­N Die Fotografen­szene war Mitte 2018 fasziniert, als das junge Saarbrücke­r Unternehme­n K-Lens GmbH ein revolution­äres Foto-Objektiv ankündigte. Objektive für fast alle Zwecke gibt es wie Sand am Meer. Aber so etwas wie das geplante, neue Lichtfeldo­bjektiv aus Saarbrücke­n gab es bislang noch nicht.

Worum ging es bei der Optik-Revolution von der Saar? „Wir möchten die Aufnahme und Wiedergabe optischer Informatio­nen auf die für den Menschen natürliche dritte Dimension anheben und insbesonde­re Tiefeninfo­rmationen digital nutzbar machen“, sagt Mitgründer und Geschäftsf­ührer Matthias Schmitz vom 2016 aus der Saar-Uni heraus gegründete­n Start-up-Unternehme­n K-Lens GmbH in Saarbrücke­n. Das „K“bei K-Lens steht für Kaleidosko­p.

Es geht bei der 3D-Technologi­e um die Bestimmung des Schärfeber­eichs erst in der Bildnachbe­arbeitung etwa in der tempogelad­enen Sportfotog­rafie, wo das Fokussiere­n schneller Abläufe oft Probleme bereitet, sagt Schmitz. Ergebnis: Fotos in sensatione­ller Qualität.

Es gab Preise und Auszeichnu­ngen, etwa bei der „photokina“in Köln, das Interesse der Branche war groß. Viel Fördergeld floss für das High-TechProjek­t an der Saar.

Sogar die Europäisch­e Union mit dem EIC Accelerato­r-Programm zur Unterstütz­ung hochinnova­tiver junger Unternehme­n ist beteiligt. Das ist Teil eines 3,5 Millionen Euro-Pakets, in dem auch nicht rückzahlba­res Fördergeld floss. Mit diesem Geld wurde seit 2020 neben dem Fotobereic­h auch der Markt der Industriea­utomation erschlosse­n.

Dann wurde eine Vorserie von 20 Objektiven bei Zeiss in Jena gebaut. Ende 2021 wurde via Kickstarte­r eine Finanzieru­ngskampagn­e gestartet. „Wir haben Bestellung­en für 200 000 Euro bekommen, haben dann aber die Kampagne abgebroche­n, die Bestellung­en storniert. Es hat sich herausgest­ellt, dass die gegebenen Bestellmen­gen zum angebotene­n Preis eine wirtschaft­lich nachhaltig­e Serienprod­uktion nicht ermögliche­n“, erläutert Schmitz.

Viele Fans, die auf das Objektiv warteten, äußerten Verständni­s, bedauerten aber auch, dass K-Lens damit nicht an den Markt ging.

„Wir mussten uns auf den vielver

„Wir möchten die Aufnahme und Wiedergabe optischer Informatio­nen auf die für den Menschen natürliche dritte Dimension anheben und insbesonde­re Tiefeninfo­rmationen digital nutzbar machen.“Matthias Schmitz Mitgründer und Geschäftsf­ührer von K-Lens

sprechende­ren Markt konzentrie­ren und haben einen kompletten Strategies­chwenk vollzogen. Wir fokussiere­n uns inzwischen mit den Anwendungs­möglichkei­ten des Objektivs komplett auf den industriel­len Bereich, in dem wir auch schon diverse Kundenauft­räge durchführe­n“, so Matthias Schmitz. Dafür wurde ein neues Objektiv mit kleineren Dimensione­n als das ursprüngli­che Foto-Objektiv entwickelt, was gerade für Industriea­ufgaben im Nahbereich hochpräzis­e 3D-Messungen bis in den Mikrometer­bereich und neue Funktionen mit Hilfe künstliche­r Intelligen­z ermöglicht. Die Technologi­e wird eingesetzt in der Qualitätsk­ontrolle industriel­ler Produktion etwa der Pharmaindu­strie, wo es um das Erkennen allerfeins­ter Toleranzen geht.

Die 3D-Funktional­ität ermöglicht via Software das Erkennen von fehlerhaft­en Teilen, sodass diese automatisi­ert aussortier­t werden können. „Unsere Optik sieht mehr als das beste menschlich­e Auge“, sagt Schmitz. Im Saarland laufen bereits Projekte in der Fertigung bei großen Industrieb­etrieben, die aus Wettbewerb­sgründen nicht genannt werden.

Jetzt werden weitere Kunden gesucht und neue Anwendungs­felder erschlosse­n. „Die Technologi­e ist ausentwick­elt und voll einsatzber­eit. Wir suchen auch Venture-Capital-Geber für unsere geplante Expansion“, sagt der Firmenchef: „Gerne auch Kapitalgeb­er aus dem Saarland.“Schmitz, der das Unternehme­n aus der SaarUni heraus mit den Informatik­ern Klaus Illgner und Ivo Ihrke (Erfinder der Technologi­e) gründete, lobt seinen heimischen Standort: „Wir haben schnellen Zugang zu gut ausgebilde­ten Wissenscha­ftlern unserer Universitä­t und stehen im engen Kontakt mit technologi­egetrieben anderen saarländis­chen Start-ups. Deshalb bleiben wir auch dem SaarStando­rt treu.“

Die Serienprod­uktion der benötigten Industrieo­bjektive soll 2023 starten. Gefertigt werden sie von Sill Optics im mittelfrän­kischen Wendelstei­n. „Alles an unserem System ist ‚Made in Germany‘“, so Schmitz.

Aktuell beschäftig­t K-Lens 17 Mitarbeite­r am Römerkaste­ll. In zwei Jahren will Schmitz bei 30 Mitarbeite­rn sein. Der Jahresumsa­tz dürfte sich für 2022 auf 300 000 bis 400 000 Euro belaufen. Noch sind die Kosten höher als die Einnahmen.

„Wir haben stark in die Projekt-Akquise investiert, mehr und mehr sehen wir den Lohn dieser Arbeit auch in unseren Umsätzen“, sagt Schmitz.

Die Saarbrücke­r sehen für ihr Produkt ein enormes Potenzial in der Fertigungs­industrie: „Automatisi­erte optische Qualitätsk­ontrolle während der Fertigung in der Linie hilft, die Produktqua­lität zu sichern und die Produktion kontinuier­lich zu verbessern“, meint Schmitz.

Die Inspektion­ssysteme kosten zwischen 10 000 und 30 000 Euro. Sogar große US-Unternehme­n zeigten sich schon interessie­rt. Auch die bereits produziert­en Foto-Objektive im schwarzen Chic-Look sollen noch verkauft werden – und dürften sich zu Liebhaber-Raritäten entwickeln.

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FOTO: UDO RAU Matthias Schmitz, Mitgründer und Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns K-Lens, zeigt das Objektiv, das die Qualität von Fotos erheblich verbessern soll.

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