Kamera-Verbesserer ändern den Firmenkurs
Mit speziellen 3D- Objektiven ist das Saarbrücker Unternehmen „K-Lens GmbH“auf Expansionskurs. Doch dafür war ein zweiter Anlauf nötig.
SAARBRÜCKEN Die Fotografenszene war Mitte 2018 fasziniert, als das junge Saarbrücker Unternehmen K-Lens GmbH ein revolutionäres Foto-Objektiv ankündigte. Objektive für fast alle Zwecke gibt es wie Sand am Meer. Aber so etwas wie das geplante, neue Lichtfeldobjektiv aus Saarbrücken gab es bislang noch nicht.
Worum ging es bei der Optik-Revolution von der Saar? „Wir möchten die Aufnahme und Wiedergabe optischer Informationen auf die für den Menschen natürliche dritte Dimension anheben und insbesondere Tiefeninformationen digital nutzbar machen“, sagt Mitgründer und Geschäftsführer Matthias Schmitz vom 2016 aus der Saar-Uni heraus gegründeten Start-up-Unternehmen K-Lens GmbH in Saarbrücken. Das „K“bei K-Lens steht für Kaleidoskop.
Es geht bei der 3D-Technologie um die Bestimmung des Schärfebereichs erst in der Bildnachbearbeitung etwa in der tempogeladenen Sportfotografie, wo das Fokussieren schneller Abläufe oft Probleme bereitet, sagt Schmitz. Ergebnis: Fotos in sensationeller Qualität.
Es gab Preise und Auszeichnungen, etwa bei der „photokina“in Köln, das Interesse der Branche war groß. Viel Fördergeld floss für das High-TechProjekt an der Saar.
Sogar die Europäische Union mit dem EIC Accelerator-Programm zur Unterstützung hochinnovativer junger Unternehmen ist beteiligt. Das ist Teil eines 3,5 Millionen Euro-Pakets, in dem auch nicht rückzahlbares Fördergeld floss. Mit diesem Geld wurde seit 2020 neben dem Fotobereich auch der Markt der Industrieautomation erschlossen.
Dann wurde eine Vorserie von 20 Objektiven bei Zeiss in Jena gebaut. Ende 2021 wurde via Kickstarter eine Finanzierungskampagne gestartet. „Wir haben Bestellungen für 200 000 Euro bekommen, haben dann aber die Kampagne abgebrochen, die Bestellungen storniert. Es hat sich herausgestellt, dass die gegebenen Bestellmengen zum angebotenen Preis eine wirtschaftlich nachhaltige Serienproduktion nicht ermöglichen“, erläutert Schmitz.
Viele Fans, die auf das Objektiv warteten, äußerten Verständnis, bedauerten aber auch, dass K-Lens damit nicht an den Markt ging.
„Wir mussten uns auf den vielver
„Wir möchten die Aufnahme und Wiedergabe optischer Informationen auf die für den Menschen natürliche dritte Dimension anheben und insbesondere Tiefeninformationen digital nutzbar machen.“Matthias Schmitz Mitgründer und Geschäftsführer von K-Lens
sprechenderen Markt konzentrieren und haben einen kompletten Strategieschwenk vollzogen. Wir fokussieren uns inzwischen mit den Anwendungsmöglichkeiten des Objektivs komplett auf den industriellen Bereich, in dem wir auch schon diverse Kundenaufträge durchführen“, so Matthias Schmitz. Dafür wurde ein neues Objektiv mit kleineren Dimensionen als das ursprüngliche Foto-Objektiv entwickelt, was gerade für Industrieaufgaben im Nahbereich hochpräzise 3D-Messungen bis in den Mikrometerbereich und neue Funktionen mit Hilfe künstlicher Intelligenz ermöglicht. Die Technologie wird eingesetzt in der Qualitätskontrolle industrieller Produktion etwa der Pharmaindustrie, wo es um das Erkennen allerfeinster Toleranzen geht.
Die 3D-Funktionalität ermöglicht via Software das Erkennen von fehlerhaften Teilen, sodass diese automatisiert aussortiert werden können. „Unsere Optik sieht mehr als das beste menschliche Auge“, sagt Schmitz. Im Saarland laufen bereits Projekte in der Fertigung bei großen Industriebetrieben, die aus Wettbewerbsgründen nicht genannt werden.
Jetzt werden weitere Kunden gesucht und neue Anwendungsfelder erschlossen. „Die Technologie ist ausentwickelt und voll einsatzbereit. Wir suchen auch Venture-Capital-Geber für unsere geplante Expansion“, sagt der Firmenchef: „Gerne auch Kapitalgeber aus dem Saarland.“Schmitz, der das Unternehmen aus der SaarUni heraus mit den Informatikern Klaus Illgner und Ivo Ihrke (Erfinder der Technologie) gründete, lobt seinen heimischen Standort: „Wir haben schnellen Zugang zu gut ausgebildeten Wissenschaftlern unserer Universität und stehen im engen Kontakt mit technologiegetrieben anderen saarländischen Start-ups. Deshalb bleiben wir auch dem SaarStandort treu.“
Die Serienproduktion der benötigten Industrieobjektive soll 2023 starten. Gefertigt werden sie von Sill Optics im mittelfränkischen Wendelstein. „Alles an unserem System ist ‚Made in Germany‘“, so Schmitz.
Aktuell beschäftigt K-Lens 17 Mitarbeiter am Römerkastell. In zwei Jahren will Schmitz bei 30 Mitarbeitern sein. Der Jahresumsatz dürfte sich für 2022 auf 300 000 bis 400 000 Euro belaufen. Noch sind die Kosten höher als die Einnahmen.
„Wir haben stark in die Projekt-Akquise investiert, mehr und mehr sehen wir den Lohn dieser Arbeit auch in unseren Umsätzen“, sagt Schmitz.
Die Saarbrücker sehen für ihr Produkt ein enormes Potenzial in der Fertigungsindustrie: „Automatisierte optische Qualitätskontrolle während der Fertigung in der Linie hilft, die Produktqualität zu sichern und die Produktion kontinuierlich zu verbessern“, meint Schmitz.
Die Inspektionssysteme kosten zwischen 10 000 und 30 000 Euro. Sogar große US-Unternehmen zeigten sich schon interessiert. Auch die bereits produzierten Foto-Objektive im schwarzen Chic-Look sollen noch verkauft werden – und dürften sich zu Liebhaber-Raritäten entwickeln.