Özdemir stellt Pläne zur Kennzeichnung von Tierhaltung vor
BERLIN Mit ziemlich viel Enthusiasmus stellte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) am Dienstag seine Eckpunkte einer „verpflichtenden, staatlichen Tierhaltungskennzeichnung“zunächst für in Deutschland produziertes Schweinefleisch vor. Fünf Haltungsstufen sind geplant. Den Elan wird der Minister auch weiterhin benötigen, damit sein Vorhaben dann auch im kommenden Jahr tatsächlich umgesetzt sein wird. Fragen und Antworten zu den Plänen.
Welches Modell ist vorgesehen Laut letztem Ernährungsreport ist über 90 Prozent der Deutschen wichtig, wie ein Tier gehalten wird. Dem will der Minister jetzt durch ein fünfstufiges Modell nachkommen, über das der Verbraucher erfährt, wie das Schwein während der Mast gehalten worden ist. Später sollen weitere Tierarten hinzukommen.
Wie sehen die Haltungsformen konkret aus Die Haltungsformen sind „Stall“mit 0,75 Quadratmeter pro Tier, also gemäß der gesetzlichen Mindestanforderung. Es folgt „Stall+Platz“, den Schweinen steht mindestens 20 Prozent mehr zur Verfügung. Nummer drei ist Haltungsform „Frischluftstall“– den Tieren wird ein dauerhafter Kontakt zum Außenklima ermöglicht – etwa indem mindestens eine Seite des Stalls offen ist. Zudem steht ihnen mindestens 46 Prozent mehr Platz zur Verfügung. Es folgt „Auslauf/Freiland“: Den Schweinen ist ganztägig, mindestens jedoch acht Stunden pro Tag ein Auslauf ins Freie möglich. Zudem haben sie mindestens 86 Prozent mehr Platz. Haltungsform fünf ist „Bio“: Das bedeutet für die Tiere eine noch größere Auslauffläche und noch mehr Platz.
Wie und wo erfolgt die Kennzeichnung Es soll so sein, dass die Haltungsform im Supermarkt „gut sichtbar und gut lesbar“auf dem Lebensmittel anzubringen ist, Verbraucher also schnell erkennen können, ob Wurst und Schnitzel von Tieren aus artgerechter Haltung stammen. Bei unverpacktem Schweinefleisch muss die Kennzeichnung in der Nähe zu sehen sein, etwa auf einem Schild. Wer online kauft, dem muss sie vor Abschluss des Kaufvertrages mitgeteilt werden.
Was erwartet die Landwirte Viele dürften ihre Ställe umbauen müssen, wenn sie eine besonders gute Haltungsform umsetzen möchten. Das ist auch so gewollt. Jedenfalls müssen sie den Behörden die Haltungsform dann mitteilen, in der die Tiere in ihrem Betrieb leben. Die wiederum vergeben Kennnummern, legen ein Register an und kontrollieren auch – bei Verstößen drohen Bußgelder. Im Herbst soll für das Vorhaben übrigens ein Gesetzentwurf und die EU-Notifizierung vorliegen. Dann erfolgt die Beratung im Bundestag.
Wird Schweinefleisch teurer durch die neue Kennzeichnung „Auf die Preise wirkt es sich erst mal gar nicht aus“, so der Minister. Bis zur Marktdurchdringung und der Ausweitung auf andere Tierarten würden auch noch Jahre vergehen. Hinzu kommt:
Einige Supermarktketten haben eine Haltungskennzeichnung bereits eingeführt. Teilnehmende Bauern erhalten Preisaufschläge, wenn sie mehr für Tierschutz tun.
Wer bezahlt jetzt was Eine Milliarde Euro stehen in Özdemirs Haushalt bis 2026 bereit, damit der Umbau zu tiergerechteren Ställen gestartet werden kann. Vorschläge für die weitere Finanzierung liegen auf dem Tisch. Etwa durch die Borchert-Kommission zum Umbau der Landwirtschaft. Eine „Tierwohlabgabe“in Höhe von 40 Cent ist in der Diskussion, ebenso ein höherer Mehrwertsteuersatz. Die FDP hat sich angesichts der Inflation gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausgesprochen, auch eine Verbraucherabgabe lehnt sie ab. Aus der SPD hieß es am Dienstag, sobald der Gesetzentwurf vorliege, werde man ihn sich „genau anschauen und gründlich beraten“. Özdemir räumte ein, es gebe noch Klärungsbedarf in der Koalition.