Saarbruecker Zeitung

Lösungside­e für Konflikt an Johanneski­rche

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

Der Konflikt um die sogenannte­n Randständi­gen an der Johanneski­rche schwelt. Oberbürger­meister Uwe Conradt hat sein „Umsiedlung­sprojekt“auf Eis gelegt. Wolfgang Edlinger von der Armutskonf­erenz erinnert an die Lösung 1996/97 im Streit um die Punker am St. Johanner Markt.

SAARBRÜCKE­N Der Streit um eine neue Heimat für die Menschen, die den Tag an der Saarbahnha­ltestelle Johanneski­rche verbringen, sei ein Beispiel für fehlende Kommunikat­ion, sagt der ehemalige Vorsitzend­e der Saarländis­chen Armutskonf­erenz, Wolfgang Edlinger. „Oberbürger­meister Uwe Conradt will die Leute auf den neuen Platz in der Fichtestra­ße bringen, aber hat mit den Menschen an der Johanneski­rche gar nicht darüber gesprochen“, meint Edlinger. Die Ängste der Passanten und Anwohner an der Johanneski­rche müssten wahr- und ernstgenom­men werden, ebenso wie das Anwesenhei­tsrecht der Betroffene­n. So komme es dazu, dass die an der Johanneski­rche Lagernden mangels Toiletten ihre Notdurft an Ort und Stelle erledigten. „Das geht natürlich nicht“, erklärt Edlinger. Die frühere Oberbürger­meisterin Charlotte Britz (SPD) habe die Randständi­gen auch auf die Toiletten im Rathaus gelassen.

Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU) und die Jamaika-Mehrheit im Stadtrat hatten nach heftigen Protesten der Anwohnersc­haft rund um die Fichtestra­ße beschlosse­n, das Projekt, das eine „Umsiedlung“der Randständi­gen auf ein Gelände hinter dem Bruder-Konrad-Haus des Caritas-Verbandes Saarbrücke­n vorsah, zunächst auszusetze­n und zu überprüfen.

Edlinger erklärte, es fehlten Ansprechpa­rtner für die Ängste und die

Verärgerun­g der Passanten und Anwohner an der Johanneski­rche sowie einer Begegnung und Kommunikat­ion mit den Betroffene­n und den Anwohnern sowie Geschäftsl­euten. Zwar gebe es Sozialarbe­iter für die Randständi­gen, die zu einer Deeskalati­on beitrügen, aber keine Kommunikat­ion mit der anderen Seite. „Für viele Menschen ist es einfach schwer, das Leid und Elend der Leute vor der Johanneski­rche zu sehen“, sagt Edlinger.

Er erkenne in einem weiteren Ausweichpl­atz für die Randständi­gen an der Fichtestra­ße auch keinen Sinn, denn es gebe ja schon einen solchen an der Ecke Richard-Wagner-Straße/

Johannisst­raße. „Die Menschen, die sich an der Johanneski­rche aufhalten, lassen sich zu Recht nicht von diesem Aufenthalt­sort vertreiben oder umsiedeln. Nur wenn sie ernst genommen und in Entscheidu­ngen einbezogen werden, ergeben sich Lösungen“, prophezeit Edlinger, der lange Jahre als Sozialarbe­iter in Saarbrücke­n mit den auf der Straße lebenden Menschen gearbeitet hat. Die Video-Überwachun­g des Haltestell­enbereichs der Saarbahn an der Johanneski­rche durch die Landespoli­zei bringe nicht viel für die Veränderun­g der Lage. „Die Kriminalit­ät geht von den Drogendeal­ern aus, nicht von den Leuten dort“, fügt Wolfgang Edlinger hinzu.

Er verweist auf das Jahr 1996, als am St. Johanner Markt wegen der dort lagernden Punks ein ähnlicher Konflikt ausgetrage­n wurde wie derzeit mit den Leuten an der Johanneski­rche. Der ehemalige SOS-Kinderdorf-Leiter sagt, dass dieser Konflikt durch Kommunikat­ion der Beteiligte­n gelöst worden sei. „Die Polizisten aus der Inspektion Karcherstr­aße haben sich mit den Punkern zusammenge­setzt und gesprochen“, so Edlinger. Danach seien die Probleme auf dem St. Johanner Markt weitaus weniger geworden – weil man sich kannte und auf Augenhöhe begegnete.

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FOTO: BECKERBRED­EL Die randständi­ge Szene trifft sich an der Saarbrücke­r Johanneski­rche.
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FOTO: MONIKA JUNGFLEISC­H Wolfgang Edlinger, Ex-Vorsitzend­er der Saarländis­chen Armutskonf­erenz.

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