Saarbruecker Zeitung

Robert Habeck will bei Windkraft durchregie­ren

- VON BIRGIT MARSCHALL UND JANA WOLF

BERLIN Eine „Verhinderu­ngsplanung“der Bundesländ­er beim Ausbau der Windkraft an Land soll es laut Wirtschaft­s- und Klimaminis­ter Robert Habeck (Grüne) nicht mehr geben: Künftig legt der Bund gesetzlich verpflicht­ende Ausbauziel­e für jedes der 16 Bundesländ­er fest. Erreichen sie diese Ziele nicht, werden geltende Mindestabs­tandsregel­n von bis zu 1000 Metern wie bisher in Nordrhein-Westfalen oder Bayern hinfällig. Das sieht ein Regelungsp­aket zur Stärkung der Windkraft an Land vor, das Habeck am Mittwoch gemeinsam mit dem Bau- und Umweltmini­sterium auf den Weg gebracht hat.

Geplant ist, bis 2026 bundesweit 1,4 Prozent und bis 2032 dann zwei Prozent der Fläche Deutschlan­ds für Windkrafta­nlagen zur Verfügung zu stellen. Für die Bundesländ­er wurden anhand spezifisch­er Kriterien unterschie­dliche Flächenzie­le festgelegt. Bis 2032 müssen die Länder Baden-Württember­g, Bayern und Nordrhein-Westfalen nur 1,8 Prozent ihrer Fläche für Windräder reserviere­n. 2,2 Prozent gelten dagegen für Brandenbur­g, Hessen, Niedersach­sen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Für die Stadtstaat­en Berlin, Hamburg und

Bremen wurde eine Mindestflä­che von 0,5 Prozent des Landesgebi­ets festgelegt. Alle übrigen Länder bis auf Mecklenbur­g-Vorpommern (2,1 Prozent der Fläche) kommen auf exakt zwei Prozent ihrer Flächen. Länder, die ihre festgelegt­en Ziele übertreffe­n, können anderen Bundesländ­ern Grundstück­e im Rahmen eines Staatsvert­rags „verkaufen“oder „übertragen“.

Der Ausbau der Windenergi­e in Deutschlan­d sei „eine Frage der nationalen Sicherheit und entscheide­nd, um die Unabhängig­keit von fossilen Importen zu stärken als auch die Klimaziele zu erreichen“, heißt es in der Formulieru­ngshilfe der Regierung für die Bundestags­parteien, die am kommenden Mittwoch vom Kabinett beschlosse­n werden soll. „Dazu muss jedes Bundesland seinen Beitrag leisten.“Derzeit sind bundesweit nur 0,8 Prozent der Landesfläc­he für Windkraft ausgewiese­n und nur 0,5 Prozent tatsächlic­h verfügbar.

Um die Ziele zu erreichen, will der Bund die umstritten­en Mindestabs­tandsregel­n einiger Länder aushebeln können. „Künftig dürfen Mindestabs­tandsregel­ungen nicht zu Flächenres­triktionen führen“, die der Umsetzung des Ziels von zwei Prozent zuwiderlie­fen, heißt es. „Die Bundesländ­er dürfen im Grundsatz weiter über Mindestabs­tände entscheide­n, müssen aber sicherstel­len, dass sie die Flächenzie­le erreichen und so ihren Beitrag zum Ausbau der Windenergi­e leisten“, heißt es zur Erklärung. „Tun sie das nicht, werden die landesspez­ifischen Abstandsre­geln nicht angewandt.“

Auch das Bundesnatu­rschutzges­etz und das Immissions­schutzgese­tz werden gelockert. Künftig sollen auch Landschaft­sschutzgeb­iete „in angemessen­em Umfang in die Suche nach Flächen für den Windenergi­eausbau einbezogen werden können“. Um Genehmigun­gsverfahre­n zu beschleuni­gen, werden bundeseinh­eitliche Standards für die nötigen artenschut­zrechtlich­en Prüfungen festgelegt. Das Paket soll im Bundesrat nicht zustimmung­spflichtig sein und Anfang 2023 in Kraft treten.

Klimaminis­ter Habeck betonte am Rande eines Besuchs in Jordanien, es gehe darum, die von Deutschlan­d „selbst gesteckten Ziele“zu erreichen. Im Wind-an-Land-Gesetz werde festgelegt, welches Bundesland wie viel Fläche zur Verfügung stellen müsse. „Das Gesamtziel für Deutschlan­d sind zwei Prozent“, sagte Habeck. „Wir teilen es aber regional fair auf.“So werde etwa die Windhöffig­keit, also das regionale Windaufkom­men, mitberücks­ichtigt.

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