Am Markt haben nun viele ihr zweites Zuhause
„Kinderhaus & Gemeinwesenarbeit Völklingen-Innenstadt“bietet Familien vieles, was den Alltag erleichtert – und eine Portion Lebensfreude.
VÖLKLINGEN Grundschüler, die ihre Hausaufgaben machen, fühlen sich in dem schmucken Haus mit dem markanten Erker ebenso wohl wie junge Mütter, die sich zum Familienfrühstück treffen. „Für viele ist das hier ein sicherer Hafen“, sagt Sozialarbeiterin Alexandra Gstöttner. „Kinderhaus & Gemeinwesenarbeit Völklingen-Innenstadt“heißt das 2009 in der Marktstraße gestartete Projekt.
Träger sind der Caritasverband für Saarbrücken und Umgebung und die Diakonie Saar. Der Regionalverband Saarbrücken übernimmt die Personalkosten und gibt einen Sachkostenzuschuss, die Stadt Völklingen stellt die von ihr gemieteten Räume kostenlos zur Verfügung. Honorarkräfte unterstützen das vierköpfige hauptamtliche Team.
Die meisten Besucher sind aus Einwandererfamilien. Montags bis
Grundschüler, die ihre Hausaufgaben machen, fühlen sich in dem schmucken Haus mit dem markanten Erker ebenso wohl wie junge Mütter, die sich zum Familienfrühstück treffen.
donnerstags trifft sich nach der Schule eine feste Gruppe im Kinderhaus. Die Schüler essen gemeinsam zu Mittag. Anschließend macht der Nachwuchs, unterstützt von den Mitarbeiterinnen, seine Hausaufgaben. Danach gibt es Freizeitangebote für die Kinder. „Aktuell laufen zwei Projekte“, erläutert Waldorfpädagogin Judith Schmidt.
Die Mädchen lassen ihrer Fantasie in einem spannenden Rollenspiel freien Lauf, die Jungs trommeln und singen mit einer Musikpädagogin. „Dabei werden die Sozialkontakte eingeübt“, erläutert Sozialarbeiterin Deborah Schneider.
Manche ihrer Schützlinge hatten wegen der Corona-Einschränkungen noch nicht oft Gelegenheit, gemeinsam zu spielen und zu lernen. „Andere Kinder machen Spaß und sind keine Gefahr“, lautet die Botschaft. Die zehn Plätze in dieser festen Gruppe sind begehrt, die Warteliste ist lang.
Jungs und Mädchen, die keinen Platz in der festen Gruppe ergattert haben, können normalerweise im offenen Treff vorbeischauen. Wegen der Pandemie liegt dieses Angebot zurzeit aber noch auf Eis. Die Familien, so die Erfahrungen des Teams, haben sehr unter Corona gelitten.
Manche Eltern wurden arbeitslos. Andere bekamen Probleme mit ihrem Aufenthaltsstatus, weil sie nicht die geforderten Dokumente beschaffen konnten. Sie hatten
Schwierigkeiten, Dinge übers Internet oder telefonisch zu erledigen. Mit Online-Formularen und dem Behördendeutsch, das sie bei den automatischen Ansagen hörten, waren sie überfordert.
Bei der Gemeinwesenarbeit fanden die Hilfesuchenden immer ein offenes Ohr. „Wir machen viele Einzelberatungen“, erläutert Sozialarbeiterin Eliza Shibilova. Während Corona auch gerne an der Haustür oder vom Fenster aus. Sie und ihre
Kolleginnen waren beeindruckt vom Durchhaltevermögen und der Flexibilität vieler Väter und Mütter.
„Die Familien haben das sehr gut hinbekommen“, sagt Alexandra Gstöttner. Es hat sie aber auch viel Kraft gekostet. Deshalb möchten sie jetzt wieder Energie tanken. Eliza Shibilova erzählt von einer Dame, die kürzlich beim gemeinsamen Frühstück vorschlug, endlich wieder einen Ausflug zu machen. Vielleicht lasse sich ja mit dem Neun-Euro-Ticket eine Bahnfahrt organisieren, schlug die Sozialarbeiterin vor.
Sie wäre auch bereit, mehr zu zahlen, sagte die Mutter. Und wenn nötig, würde sie auch auf einem Esel reiten. „Ich will nur raus“, betonte sie.
Doch nicht jedes Problem hängt mit der Pandemie zusammen. „Natürlich fehlen viele Kindergartenplätze“, betont Gstöttner. „KitaEinstieg“nennt sich ein Angebot an Familien, deren Nachwuchs noch keinen Kindergartenplatz ergattern konnte, obwohl er bereits drei Jahre alt ist. Dabei werden die Jungen und Mädchen spielerisch auf den Kindergarten vorbereitet.
Schon kurz nach der Geburt überreichen die Mitarbeiterinnen beim Hausbesuch eine Babybegrüßungstasche mit Beratungsadressen. Anregungen und Tipps im Umgang mit den Neugeborenen erhalten Eltern auch in der Marktstraße: zunächst im Babyclub, dann in der Krabbelgruppe. Der Kurs „Mama lernt Deutsch“ist für Frauen aus unterschiedlichen Herkunftsländern. Die Hilfe wird gern angenommen. „Wir haben durch die Bank positive Erfahrungen“, sagt Alexandra Gstöttner.
Der respektvolle Umgang schafft Vertrauen. Manchmal melden sich ehemalige Besucher des Kinderhauses als junge Erwachsene. Sie zeigen ihr eigenes Baby, berichten von beruflichen Erfolgen oder schütten ihr Herz aus. Das Haus in der Marktstraße haben sie in guter Erinnerung behalten. Und auch die aktuellen Nutzer fühlen sich dort wohl. Immer wieder, erzählt das Team, tauche das Gebäude auf Bildern der Kinder auf – wenn sie malen, wo sie gerne wohnen würden.
Kontakt: Kinderhaus & Gemeinwesenarbeit Völklingen-Innenstadt, Marktstraße 15, Tel. (0 98) 3 09 09 14.