Lauterbach erwartet Omikron-Vakzine frühestens im September
Der Gesundheitsminister erwartet wirksame Impfstoffe. Die Ärztekammer prangert derweil einen Corona-„Datenblindf lug“an und fordert Abhilfe.
BERLIN (dpa) Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet im Herbst Corona-Impfstoffe, die an die Omikron-Varianten angepasst sind. Frühestens im September rechne er damit, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im Deutschlandfunk. Daran werde intensiv gearbeitet. Es gebe vielversprechende Daten von Moderna, auch mit Biontech sei man im Kontakt. Er sei zuversichtlich, dass es sehr gute angepasste Impfstoffe geben werde. Das Unternehmen Moderna hatte am Mittwoch erste Daten zur Wirksamkeit seines angepassten Corona-Impfstoffes vorgestellt. „mRNA-1273.214“, so der Name des Boosters, ist eine Kombination aus dem ursprünglichen Moderna-Impfstoff Spikevax und einem speziell auf die Omikron-Variante zugeschnittenen ImpfstoffKandidaten. Bei den insgesamt 437 Probanden der klinischen Studie, die das neue Präparat als zweiten Booster erhalten hatten, fanden die Wissenschaftler nach einem Monat deutlich mehr neutralisierende Antikörper als nach einer BoosterImpfung mit dem herkömmlichen Präparat, insbesondere gegen die Omikron-Variante. Die Impfung sei gut verträglich, Nebenwirkungen entsprächen denen nach dem herkömmlichen Booster.
Das Unternehmen kündigte an, die vorliegenden Daten in den kommenden Wochen den Zulassungsbehörden vorzulegen. Man hoffe, dass der Booster im Spätsommer verfügbar sei. Aktuell dominiert die Omikron-Sublinie BA.2 in Deutschland, der Anteil der Untervariante BA.5 wächst allerdings, wenngleich auf niedrigem Niveau. Lauterbach nannte BA.5 aber „keine besonders gefährliche Variante“, auch wenn sie ansteckender sei als BA.1 und BA.2.
Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung hatte am Mittwoch auf Vorbereitungen für den Herbst und Winter gedrungen und drei Szenarien für die Entwicklung der Pandemie entworfen. Lauterbach bezeichnete das mittlere Szenario mit weniger gravierenden Auswirkungen als derzeit wahrscheinlichstes. Es sei nicht auszuschließen, dass es zu Virusvarianten komme, die ansteckender und gefährlicher seien. „Wir hoffen es aber alle nicht“, sagte Lauterbach. Man müsse jedoch darauf vorbereitet sein. Der Minister nannte die Beschaffung von Impfstoffen, ein Impfund ein Testkonzept sowie schnellere Daten aus den Krankenhäusern.
„Auf jeden Fall“geändert und verlängert werden müsse auch das Infektionsschutzgesetz. Es läuft am 23. September aus. Die FDP fordert, noch die Expertise eines Sachverständigenausschusses abzuwarten, die bisherige Schutzmaßnahmen bewertet. Das Gutachten soll bis 30. Juni vorliegen.
Im Kampf gegen die Corona-Pandemie braucht Deutschland aus Sicht der Bundesärztekammer dringend eine bessere Datenbasis. „Wir haben in den letzten zweieinhalb
Jahren einen wahren Datenblindflug erlebt, der keine gute Grundlage für rationale Entscheidungen war“, sagte Ärztepräsident Klaus Reinhardt der Funke-Mediengruppe. Nur wenn Klarheit über das tatsächliche Infektionsgeschehen herrsche, könne die Belegung der Krankenhaus- und Intensivbetten realistisch prognostiziert werden. Die Bundesregierung sollte sich daher den Rat ihrer Experten zu eigen machen und endlich systematisch Daten zu Infektionsdynamik, Krankheitsschwere und zur Belastung des Gesundheitswesens erheben und auswerten.