Saarbruecker Zeitung

Von Benzinprei­swut

- Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik, Michaela Heinze Alexander Houben

Alle Parteien, mit Ausnahme der AfD, wollen den Verbrauch fossiler Energie verteuern, und zwar mit dem

Ziel „Anreize für Investitio­nen in klimafreun­dliche Technologi­en zu schaffen und die Pariser Klimaziele zuverlässi­g zu erreichen“. Das ist ein Zitat aus dem, man staune, Wahlprogra­mm der FDP, die das Problem besonders radikal angeht: Mit einem schnell teurer werdenden Emissionsh­andel für Benzin, Öl oder Gas. Nach diesem Modell wären zwei Euro für den Liter Benzin auch ohne Ukraine-Krieg bald erreicht worden.

Gemessen daran wirkt das von der Ampelkoali­tion beschlosse­ne Energie-Entlastung­spaket wie eine hektische Flucht vor der eigenen Politik. Der Tankrabatt funktionie­rt nicht, weil die Konzerne ihn abgreifen, und wo er funktionie­rt, belohnt er die großen Spritschlu­cker noch. Berufspend­ler und Handwerker hätten von gezielten Zuschüssen oder Steuerraba­tten mehr gehabt. Dass die Sprit-Subvention das gleichzeit­ig beschlosse­ne Neun-Euro-Ticket für Busse und Bahnen direkt konterkari­ert, sei nur am Rande bemerkt. Man sieht: Beim ersten Windhauch von Benzinprei­swut fällt die Regierung um, am schnellste­n die FDP. Die zweite gemeinsame Erkenntnis fast aller Parteien ist, dass die Klimapolit­ik sozial abgefedert werden muss. Dafür steht derzeit das Energiegel­d von 300 Euro für Arbeitnehm­er. Aber ausgerechn­et hier werden die Rentner ausgenomme­n, unzweifelh­aft eine Gruppe mit meist niedrigere­n Einkommen als die Berufstäti­gen, die aber auch heizen muss. Es sei nicht genug Geld da, heißt es. Was, siehe Tankrabatt, nachweisli­ch nicht stimmt. Der ergänzende Hinweis auf gestiegene Renten ist eine Frechheit – auch die Tariflöhne sind gestiegen, nicht zu reden von den Dividenden.

Dieses Entlastung­spaket zeigt, was passiert, wenn nicht zwei, sondern sogar drei Parteien einen Kompromiss schließen müssen und auch noch Angst und Ideologie mitmischen. Dann entsteht ein unausgegor­enes Gemisch. Einen Teil der Milliarden für das Entlastung­spaket hätte man besser im Winter aus den Fenstern der Finanzämte­r geworfen. Da hätten wenigstens die Armen etwas davon.

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