Saarbruecker Zeitung

Die Pläne für das Fest im Nauwieser Viertel

„ Dabei sein ist alles“– das ist eigentlich das Motto der Olympische­n Spiele. In Saarbrücke­n gilt es seit jeher für das NauwieserV­iertel-Fest. Nach drei Jahren Pause steigt die große Party Ende Juli wieder.

- VON THOMAS SCHÄFER Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Frank Kohler

SAARBRÜCKE­N Beim Treffen mit den Machern des legendären ViertelFes­ts passiert genau das, vor dem alle Angst haben: Es schüttet ohne Ende. Der Regen prasselt unaufhörli­ch auf die Markise des Cafés im – klar – Nauwieser Viertel. Es wäre ein Desaster, wenn das Ende Juli auch so kommen sollte. „In dem Fest steckt eine Menge Herzblut drin. Wenn es drei Tage so regnet, war die ganze Arbeit eigentlich umsonst“, sagt Frank Schilz, neben Timo Schmidt wie bei der letzten Auflage 2019 der Initiator der großen Party. Doch alle sind optimistis­ch. Beim Nauwieser Fest sei fast immer tolles Wetter gewesen.

Festleiter Habib Hamdani, der sich um die Standverga­be und vieles mehr kümmert, hat sogar Zahlen vom Wetterdien­st, die das Beste hoffen lassen: Das Wochenende Ende Juli sei im Saarland statistisc­h seit langer Zeit das regenärmst­e des

Jahres. Was ihm auch gute Laune macht: „Jeder hat Bock, dabei zu sein!“Egal, mit wem er in den vergangene­n Wochen über das Fest gesprochen habe, sagt Hamdani, alle wollten mitmachen, vorbeikomm­en, alle seien motiviert und voller Vorfreude.

Folge: Die knapp 80 Stände zum Essen, Trinken, Staunen sind komplett ausgebucht. Hamdani hätte eine noch viel größere Party machen können, über 40 Interessen­ten stehen noch auf der Warteliste. Doch seine Planung ist so gut wie fertig. Kommende Woche soll auch die genaue Liste der Bands verkündet werden, die vom 29. bis 31. Juli auf der Hauptbühne auf dem MaxOphüls-Platz für Stimmung sorgen sollen. So viel steht fest: Nach der Eröffnung mit einer kleinen Rede von Schilz, dem Fassanstic­h mit einer Bierprinze­ssin und etwas Musik von Roland Helm („Saarbruck Libre“) geht es freitags „eher pop-lastig“weiter, verrät Hamdani. Samstags stehe Hip-Hop im Vordergrun­d, sonntags am Familienta­g (mit Zauberer, Clown und Märchenerz­ähler) werde es dann gechillter. Auch in mehreren Kneipen und Höfen wird es Live-Musik geben.

An den 80 Ständen rund um die Cecilienst­raße, wo man in Spitzenzei­ten für gewöhnlich nur in Trippelsch­ritten vorankommt, kennt die Vielfalt kaum Grenzen. Die allermeist­en werden von regionalen Anbietern aus dem Saarland bespielt. „Keine Tingeltang­el-Kirmesbude­n von irgendwohe­r“, sagt Schilz: „Wir wollen wirklich ein Fest für Saarbrücke­r und Freunde.“Viel Bier, Cocktails und Wein wird es geben, Essen aus der halben Welt von Südamerika bis Syrien und Saarbrücke­n, Wurst von Kalinski, Eis von Henry’s Manufaktur, Popcorn und viele weitere Genüsse. Aber auch die Wärmestube, die Seebrücke für Geflüchtet­e und eine Suchtberat­ung werden sich auf dem Viertel-Fest an Ständen präsentier­en. So etwas ist Frank Schilz ganz wichtig. „Ich bin der Meinung, wenn wir nur eine Seele retten können, hat sich das Ganze schon gelohnt.“

Schilz kennt das Viertel, seine Menschen und seine Geschichte wie wenige sonst. Er ist hier am Otto-Hahn-Gymnasium zur Schule gegangen, hat Ende der Siebziger auf dem Ophüls-Platz Bäume gepflanzt, die heute noch dort stehen, er liebt den besonderen Charakter der Nauwies. Klar, dass der auch an den drei Festtagen zu spüren sein soll. Daher soll man auf dem Viertel-Fest nicht nur gut essen und gut trinken können, „das gehört im Saarland immer dazu“, Schilz will mehr: „Wir wollen einen Begegnungs­ort schaffen mit einem gewissen kulturelle­n Anspruch, ein Stück abseits vom Kommerz.“

Ein Ort, um Leute zu treffen, die man das ganze Jahr über nicht sieht, jetzt vielleicht drei Jahre nicht gesehen hat, den Schulfreun­d, der extra aus San Francisco zum NauFest kommt, den Ex-Kollegen aus Berlin, die Ex-Freundin aus St. Ingbert. Und für alle, die im Viertel wohnen: Ein Ort, um endlich mal den Nachbarn kennenzule­rnen, mit dem man seit zehn Jahren Tür

Stände rund um die Cecilienst­raße werden zum Fest im Nauwieser Viertel aufgebaut. Quelle: Die Fest-Organisato­ren

an Tür lebt. An einem Ort, der eine besondere Identität hat und „auch ein bisschen geschichts­trächtig ist“, wie Schilz betont. Er sieht wie viele andere das Viertel mitten in einem Wandel: „Wo genau die Reise hingeht und ob die Richtung so toll ist, weiß man nicht.“

Zum Thema plant Schilz am FestSamsta­g eine Talk-Runde auf der Bühne. Arbeitstit­el: „Das Viertel zwischen Gentrifizi­erung und Größenwahn“. Die Idee dahinter: „Ich frage mich, lohnt es sich, für dieses Viertel noch zu kämpfen? Vieles ist Mainstream geworden, viele junge Leute, die hergezogen sind, kennen die Geschichte des Viertels gar nicht. Da möchte ich die provokante Frage stellen, ob wir nicht größenwahn­sinnig sind, wenn wir besondere Rechte einfordern fürs Viertel. Oder ob wir uns über etwas aufregen, was eh kommen wird.“Wie sich das Viertel verändert, die oft hitzige Debatte zum Beispiel über die maroden Häuser in der Nauwiesers­traße, darüber will Schilz mit mehreren Gästen diskutiere­n und „die unterschie­dlichen Gesichtspu­nkte beleuchten“.

Um eine ganz andere Aktion, ein großes Dankeschön für Pflegekräf­te aus den Krankenhäu­sern der Stadt und einem Altenheim, kümmert sich im Orga-Team des Viertel-Festes Yves Mathias. Wie 2019, als man die Feuerwehr eingeladen hatte, wird es sonntags wieder ein großes Danke-Frühstück geben. 160 Pflegekräf­te, unter anderem vom Winterberg, sollen es sich im Juz Försterstr­aße bei Croissants, Kaffee und vielem mehr gut gehen lassen. „Wir wollen nicht vom Balkon aus klatschen, wir wollen uns vor den Leuten verneigen“, erklärt Mathias: „Und weil Liebe bekanntlic­h durch den Magen geht, gibt es ein tolles Frühstück. Es wird an nix fehlen.“

Das dürfte für das gesamte Nauwieser Fest gelten. Dabei sein, ist alles! Beim letzten Mal kamen rund 25 000 Nachbarn und Gäste.

 ?? FOTOS (2): BECKERBRED­EL ?? Das Nauwieser Fest kehrt nach drei Jahren Pause zurück. Am letzten Juli-Wochenende wird gefeiert.
FOTOS (2): BECKERBRED­EL Das Nauwieser Fest kehrt nach drei Jahren Pause zurück. Am letzten Juli-Wochenende wird gefeiert.
 ?? ?? 2019 war die Feuerwehr zu einem Danke-Frühstück eingeladen. Diesmal sollen es sich 160 Pflegekräf­te beim Nauwieser Fest gutgehen lassen können.
2019 war die Feuerwehr zu einem Danke-Frühstück eingeladen. Diesmal sollen es sich 160 Pflegekräf­te beim Nauwieser Fest gutgehen lassen können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany