Malediven – mal anders
Die Malediven stehen bei den Fernreisezielen weit vorn. Oft gleichen sich die Wohlfühlangebote der Inseln, aber es gibt Ausnahmen.
MAAMIGILI Auf den ersten Blick sind auf der Cora Cora-Insel Maamigili im Raa-Atoll keine gravierenden Unterschiede zu den anderen rund 150 Urlaubsinseln der Malediven zu erkennen. Klein, in 30 Minuten zu Fuß zu umrunden, mit Palmen und allerlei Büschen bewachsen, die sich über die Insel und ihre weißen Traumstrände ausbreiten. Strandvillen und auf Stelzen thronende Lagunenbungalows sorgen bei maximal 200 Gästen für reichlich Privatsphäre und die vier unterschiedlichen Restaurants und Bars für Gaumenfreuden und gute Laune. Der All Inclusive Service, der auch sämtliche nichtmotorisierte Wassersportarten und ein modern ausgestattetes Fitnessstudio einschließt, garantiert einen unbeschwerten Urlaub bei durchschnittlich 28 Grad und türkis schillerndem Badewasser.
Erst bei genauerer Betrachtung fallen merkwürdige, aus Sandstein errichtete Rundbäder, ein kleiner Friedhof, die Grundmauern einer Moschee und ein altertümliches Wohngebäude auf. Hier beginnt das Reich von Wifag, einem jungen Malediver, der es versteht, sein Wissen um die Geschichte seiner Heimat anschaulich mit den Inselgästen zu teilen. Gern führt er sie über das kleine archäologische Gelände, erklärt die Funktion der Bäder aus vorislamischer Zeit für rituelle und reinigende Zwecke, geleitet sie durch das 130 Jahre alte Wohnhaus und klärt darüber auf, wie inmitten des Indischen Ozeans auf den Inseln Brunnen gegraben wurden, die mit ihrem Süßwasser erst eine Besiedlung ermöglichten. Vor einem Tongefäß voller Kauri-Muscheln bleibt er stehen: „Das ist der Vorgänger des Geldtresors. Bis zum 13. Jahrhundert dienten die Muscheln als Zahlungsmittel.“
Nur 100 Meter weiter stattete Wifag mit Kollegen ein kleines Museum mit Ausgrabungsgegenständen von der Insel und mit Artefakten aus der Nachbarschaft aus. Sie berichten von der Geschichte der Fischer und vom handwerklichen Geschick der Frauen, die aus Kokosnüssen und Baumfasern Gebrauchsgegenstände unterschiedlichster Art entstehen ließen. Ausgezeichnet erhaltenes Porzellangeschirr und lackierte Holzschüsseln geben Aufschluss über den Handel mit Chinesen und anderen asiatischen Kaufleuten, die auf ihren Handelsrouten die Malediven als Zwischenstation nutzten, um auf die rechten Winde zu warten und ihren Proviant aufzubessern. Wifag ist mit Recht stolz darauf, auf dem winzigen Eiland ein Museum betreuen zu können, von dem es mit Ausnahme des Nationalmuseums in der Hauptstadt Male kein zweites im Reich der 1200 Inseln gibt.
Das Museum ist nicht die einzige Besonderheit, auf die man im Cora Cora trifft. Shameen und seine Frau Shyeen haben es sich zur Aufgabe gemacht, junge Malediver für die Kunst zu begeistern und Talente zu fördern. Im Resort gibt Shameen so auch Malkurse für Urlauber und garantiert selbst Anfängern die volle Zufriedenheit mit ihren Erstlingswerken. „Fotos kann jeder leicht mit nach Hause nehmen, ein eigenes Bild vom Strand ist schon etwas Besonderes“, erklärt der Schnellzeichner und Maler seine Popularität bei den Gästen und zeigt auf ein respektables Panoramabild einer vierjährigen Klientin. Mit Auftragsarbeiten, T-Shirt-Bemalung und Henna-Bodypainting ergänzt er sein Angebot.
Während ein Flughund vom benachbarten Palmenast neugierig das Treiben an der Staffelei betrachtet, schwebt eine aromatische Kaffeewolke auf die Anwesenden zu. Gleich neben dem Art Shop ist die junge Thailänderin Punch damit beschäftigt, frischen Kaffee für ihre Gäste zu rösten. Minutiös kontrolliert sie die Rösttemperatur, die ab 150 Grad grüne in braune Bohnen verwandelt. „Wir wollen den Urlaubern nicht nur in den Restaurants besondere Geschmackserlebnisse bieten“, sagt Punch und erkundigt sich nach speziellen Aromawünschen der Kunden und ob es ein Gelato zum Kaffee sein darf.
Langsam nähert sich die Sonne dem Meereshorizont, sodass es
viele Gäste zum Sundowner an die Beachbar zieht. Jetzt wird Discjockey Sisi aktiv, legt erst italienische, dann lateinamerikanische Musik auf. Die junge Südafrikanerin fühlt sich auf Cora Cora sichtlich wohl. „Das warme Meeresklima passt bestens zu meinem Musikstil“, raunt sie uns zu, während erste junge Damen barfuß im Sand zu tanzen beginnen. Sie kommen aus Russland, sind der Kälte des Nordens entflohen und froh, sich fern von Corona wieder einmal im Rhythmus eingängiger Musik wiegen zu können. Andere Gäste nutzen den gelbrot glühenden Himmel für eine Sunset-Tour. Ein Abend, wie er stimmungsvoller kaum ausklingen kann und selbst Corona gerät für ein paar Tage aus dem Fokus.