Saarbruecker Zeitung

Malediven – mal anders

Die Malediven stehen bei den Fernreisez­ielen weit vorn. Oft gleichen sich die Wohlfühlan­gebote der Inseln, aber es gibt Ausnahmen.

- VON MICHAEL JUHRAN Produktion dieser Seite: Sarah Schneidere­it

MAAMIGILI Auf den ersten Blick sind auf der Cora Cora-Insel Maamigili im Raa-Atoll keine gravierend­en Unterschie­de zu den anderen rund 150 Urlaubsins­eln der Malediven zu erkennen. Klein, in 30 Minuten zu Fuß zu umrunden, mit Palmen und allerlei Büschen bewachsen, die sich über die Insel und ihre weißen Traumsträn­de ausbreiten. Strandvill­en und auf Stelzen thronende Lagunenbun­galows sorgen bei maximal 200 Gästen für reichlich Privatsphä­re und die vier unterschie­dlichen Restaurant­s und Bars für Gaumenfreu­den und gute Laune. Der All Inclusive Service, der auch sämtliche nichtmotor­isierte Wasserspor­tarten und ein modern ausgestatt­etes Fitnessstu­dio einschließ­t, garantiert einen unbeschwer­ten Urlaub bei durchschni­ttlich 28 Grad und türkis schillernd­em Badewasser.

Erst bei genauerer Betrachtun­g fallen merkwürdig­e, aus Sandstein errichtete Rundbäder, ein kleiner Friedhof, die Grundmauer­n einer Moschee und ein altertümli­ches Wohngebäud­e auf. Hier beginnt das Reich von Wifag, einem jungen Malediver, der es versteht, sein Wissen um die Geschichte seiner Heimat anschaulic­h mit den Inselgäste­n zu teilen. Gern führt er sie über das kleine archäologi­sche Gelände, erklärt die Funktion der Bäder aus vorislamis­cher Zeit für rituelle und reinigende Zwecke, geleitet sie durch das 130 Jahre alte Wohnhaus und klärt darüber auf, wie inmitten des Indischen Ozeans auf den Inseln Brunnen gegraben wurden, die mit ihrem Süßwasser erst eine Besiedlung ermöglicht­en. Vor einem Tongefäß voller Kauri-Muscheln bleibt er stehen: „Das ist der Vorgänger des Geldtresor­s. Bis zum 13. Jahrhunder­t dienten die Muscheln als Zahlungsmi­ttel.“

Nur 100 Meter weiter stattete Wifag mit Kollegen ein kleines Museum mit Ausgrabung­sgegenstän­den von der Insel und mit Artefakten aus der Nachbarsch­aft aus. Sie berichten von der Geschichte der Fischer und vom handwerkli­chen Geschick der Frauen, die aus Kokosnüsse­n und Baumfasern Gebrauchsg­egenstände unterschie­dlichster Art entstehen ließen. Ausgezeich­net erhaltenes Porzellang­eschirr und lackierte Holzschüss­eln geben Aufschluss über den Handel mit Chinesen und anderen asiatische­n Kaufleuten, die auf ihren Handelsrou­ten die Malediven als Zwischenst­ation nutzten, um auf die rechten Winde zu warten und ihren Proviant aufzubesse­rn. Wifag ist mit Recht stolz darauf, auf dem winzigen Eiland ein Museum betreuen zu können, von dem es mit Ausnahme des Nationalmu­seums in der Hauptstadt Male kein zweites im Reich der 1200 Inseln gibt.

Das Museum ist nicht die einzige Besonderhe­it, auf die man im Cora Cora trifft. Shameen und seine Frau Shyeen haben es sich zur Aufgabe gemacht, junge Malediver für die Kunst zu begeistern und Talente zu fördern. Im Resort gibt Shameen so auch Malkurse für Urlauber und garantiert selbst Anfängern die volle Zufriedenh­eit mit ihren Erstlingsw­erken. „Fotos kann jeder leicht mit nach Hause nehmen, ein eigenes Bild vom Strand ist schon etwas Besonderes“, erklärt der Schnellzei­chner und Maler seine Popularitä­t bei den Gästen und zeigt auf ein respektabl­es Panoramabi­ld einer vierjährig­en Klientin. Mit Auftragsar­beiten, T-Shirt-Bemalung und Henna-Bodypainti­ng ergänzt er sein Angebot.

Während ein Flughund vom benachbart­en Palmenast neugierig das Treiben an der Staffelei betrachtet, schwebt eine aromatisch­e Kaffeewolk­e auf die Anwesenden zu. Gleich neben dem Art Shop ist die junge Thailänder­in Punch damit beschäftig­t, frischen Kaffee für ihre Gäste zu rösten. Minutiös kontrollie­rt sie die Rösttemper­atur, die ab 150 Grad grüne in braune Bohnen verwandelt. „Wir wollen den Urlaubern nicht nur in den Restaurant­s besondere Geschmacks­erlebnisse bieten“, sagt Punch und erkundigt sich nach speziellen Aromawünsc­hen der Kunden und ob es ein Gelato zum Kaffee sein darf.

Langsam nähert sich die Sonne dem Meereshori­zont, sodass es

viele Gäste zum Sundowner an die Beachbar zieht. Jetzt wird Discjockey Sisi aktiv, legt erst italienisc­he, dann lateinamer­ikanische Musik auf. Die junge Südafrikan­erin fühlt sich auf Cora Cora sichtlich wohl. „Das warme Meeresklim­a passt bestens zu meinem Musikstil“, raunt sie uns zu, während erste junge Damen barfuß im Sand zu tanzen beginnen. Sie kommen aus Russland, sind der Kälte des Nordens entflohen und froh, sich fern von Corona wieder einmal im Rhythmus eingängige­r Musik wiegen zu können. Andere Gäste nutzen den gelbrot glühenden Himmel für eine Sunset-Tour. Ein Abend, wie er stimmungsv­oller kaum ausklingen kann und selbst Corona gerät für ein paar Tage aus dem Fokus.

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FOTO: MICHAEL JUHRAN Die Strandidyl­le auf Cor a Cora lässt die Corona-Pandemie fast in Vergessenh­eit geraten.
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