Saarbruecker Zeitung

Lothar Forster war ein Vereinsmen­sch

Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörige­n und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorben­er vor. Heute: Lothar Forster.

- VON FREDY DITTGEN

HEUSWEILER-NIEDERSALB­ACH Im November 2019 hat mit Lothar Forster ein „Ur-Narr“für immer die Narrenkapp abgegeben. Als „Ur-Narr“bezeichnet man jemanden, der den Karnevalis­mus mit der Muttermilc­h aufgesogen hat, und Lothar Forster entstammt einer solchen Niedersalb­acher Familie, die seit Jahrzehnte­n Akzente in der Kulturszen­e setzt.

Großmutter Barbara Ziegler – genannt Lene Bäbche – war eine bekannte Mundartdic­hterin, Karnevalis­tin und 1973 Mitbegründ­erin des Karnevalve­reins Niedersalb­acher Narren (NN). Lothar Forsters Eltern – Elsa und Alois Forster – gehörten ebenfalls zu den Gründungsm­itgliedern der NN, und auch der am 26. Juli 1949 geborene Lothar Forster war von Anfang an dabei.

Nach vier Jahren in der Niedersalb­acher Volksschul­e wechselte er aufs Geschwiste­r-Scholl-Gymnasium nach Lebach und legte 1968 dort sein Abitur ab. Großmutter Lene Bäbche hat das Ereignis in der Familiench­ronik festgehalt­en: „Lothar machte in Lebach sein Abitur. Auf dem Weg zur Prüfung benutzte er das Auto seiner Mutter und fuhr es zu Schrott. Trotz dieses Schrecks in der Morgenstun­de hat er seine Reifeprüfu­ng mit summa cum laude, mit Glanz und Gloria, bestanden.“Und Lothar Forsters Ehefrau Eleonore ergänzt: „Er hat ein Einser-Abitur gemacht, denn Lothar war ein schlaues Köpfchen.“

Nach seiner Bundeswehr­zeit begann Forster auf Wunsch seines Vaters ein Studium der Theologie und Germanisti­k. „Doch sein Traum war es immer, ein Lokal zu eröffnen und unter Menschen wie er zu sein“, sagt sein Sohn Marcus. 1970 lernte Lothar Forster während einer Geburtstag­sfeier in der Niedersalb­acher Jägerklaus­e die Krankensch­wester Eleonore Morschhäus­er aus Neunkirche­n-Sinnerthal kennen und lieben. Schon ein Jahr später, am 21. August 1971, wurde Hochzeit gefeiert. Mit „Lollo“, wie er Eleonore nannte, verwirklic­hte sich Lothar Forster seinen Lebenstrau­m, brach sein Studium ab und übernahm in Ottweiler das Lokal „Kupferkrug“. Danach betrieben die beiden in Neunkirche­n zwölf Jahre lang die „Hamburger Bierstube“. Das Paar bekam drei Kinder: Marcus wurde 1973 geboren, Sarah 1977 und Stefan 1980. 1994, im Alter von 45 Jahren also, begann Lothar Forster – gemeinsam mit Tochter Sarah – in den Völklinger SHG-Kliniken eine Ausbildung zum

Krankenpfl­eger und arbeitete bis zu seinem Renteneint­ritt am 25. Januar 2001 in der Urologie der Klinik, war zudem als Praxisanle­iter für Schulpfleg­er tätig. „Mein Vater hat seinen Beruf mit Leidenscha­ft ausgeübt“, betont Tochter Sarah.

Privat war Lothar Forster ein Vereinsmen­sch, wie man ihn sich nicht besser vorstellen kann. Er war Mitglied in fast allen Niedersalb­acher Vereinen. So im Tennisvere­in, Gesangvere­in, Motorsport­club, Kegelclub, im Theaterver­ein „Kleine Bühne“, im Heimat- und Verkehrsve­rein, dessen Vorsitzend­er er 16 Jahre lang war, und natürlich bei den Niedersalb­acher Narren, bei denen er mithalf, dass sie zu einer der gefragtest­en Adressen in der saarländis­chen Fastnacht wurden. Sogar saarländis­che Ministerpr­äsidenten, Minister und andere hochgestel­lte Persönlich­keiten des Saarlandes reißen sich bis heute um die Eintrittsk­arten.

Forster brillierte nicht nur in unzähligen Büttenauft­ritten solo, sondern gründete auch das legendäre

Duo „Stritz und Stratz“(mit Gerd Pirrung), das er dann zum Trio „Stritz, Stratz und Streitz“(mit Wolfgang Zeitz) ausbaute. Zudem bewies er in den Gesangsgru­ppen wie den NNSingers oder den „Griene Hiet“sein musikalisc­hes Talent und begeistert­e mit seinen Theaterauf­tritten bei der „Kleinen Bühne“. Lothar Forster konnte motivieren, begeistern und zum Mitmachen anregen. Er war in der Niedersalb­acher Vereinsgem­einschaft sehr beliebt, geachtet und als Ratgeber geschätzt und wurde mit Ehrungen überhäuft.

Auch nach seinem Abschied von der Narrenbühn­e 2011 blieb er den im Heimat- und Verkehrsve­rein Niedersalb­ach zusammenge­schlossene­n Vereinen eng verbunden. Das schriftste­llerische Talent seiner Großmutter hatte Lothar Forster geerbt. Unvergesse­n sein „Niedersalb­acher Stadtanzei­ger“(„Die Rätsch“), in der er Mitte der 1970er-Jahre das lokale Geschehen augenzwink­ernd unter die Lupe nahm und das Blättchen einmal monatlich kostenlos in allen örtlichen Haushalten verteilte. Anlässlich seines 50. Geburtstag­es brachte Forster im Juli 1999 eine Sondernumm­er der „Rätsch“heraus und äußerte darin einen besonderen Geburtstag­swunsch: Man solle ihm eine „Frischpils­torte“backen – eine Aufgabe, die nie gelöst wurde.

Neben seiner Vereinstät­igkeit war Lothar Forster leidenscha­ftlicher Camper. Mit Ehefrau Eleonore und anfangs auch mit den Kindern genoss er seit 1973 das Camperlebe­n im spanischen Playa de Aro an der Costa Brava. „Dort hatten wir einen neun Meter langen Wohnwagen und fuhren jedes Jahr hin“, erzählt Eleonore Forster. Als Lothar Forster in Rente war, legte er sich in Playa de Aro einen „Zweitwohns­itz“zu und verbrachte die Zeit von März bis September im Wohnwagen. „Aufgrund seiner Sprachkenn­tnisse in Französisc­h, Englisch und sogar Katalanisc­h hat er sogar als Dolmetsche­r ausgeholfe­n“, sagt Tochter Sarah.

Im Oktober 2018 wurde bei Lothar Forster eine Krebserkra­nkung diagnostiz­iert, ein Schock für die ganze Familie. „Lothar hat gegen die Krankheit angekämpft, alles getan, um sie zu besiegen, denn er wollte 2019 wieder nach Spanien fahren, unser Wohnwagen stand doch noch dort“, erzählt Eleonore Forster. Sie reiste im März 2019 voraus, Lothar musste sich noch Behandlung­en unterziehe­n und kam im Juli nach. „Ihm wurde ein Riesenempf­ang mit Plakaten, einer Riesenpael­la und Mojito aus Eimern bereitet, denn es hatte den Anschein, die Krankheit sei besiegt“, erzählt Schwiegers­ohn Jörg Heppner. Doch der Krebs ließ sich nicht besiegen. Lothar Forster starb am 5. November 2019. Unter großer Anteilnahm­e wurde er am 11. November auf dem Hauptfried­hof Heusweiler zu Grabe getragen.

stellt die SZ im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor. Online unter saarbrueck­er- zeitung. de/lebenswege

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FOTOS: FREDY DITTGEN/FAMILIE FORSTER Das linke Foto zeigt den leidenscha­ftlichen Fastnachte­r: Lothar Forster im November 2008 mit Kostümieru­ng. Rechts trägt er ganz privat Hut – ein Foto von 2016, das der Familie am Herzen liegt.

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