Saarbruecker Zeitung

Der Ampel droht Krach – Lindner pocht auf die Schuldenbr­emse

Die Neuverschu­ldung des Bundes ist zuletzt exorbitant gestiegen. Das will Finanzmini­ster Lindner (FDP) 2023 stoppen. SPD- Chefin Esken urteilt anders.

- VON ULRICH STEINKOHL Produktion dieser Seite: Michaela Heinze Gerrit Dauelsberg

BERLIN (dpa) Der Ampel-Koalition droht ein Streit über die künftige Einhaltung der Schuldenbr­emse und um rasche weitere Entlastung­en von Bürgern und Unternehme­n angesichts der hohen Inflation. Mit Blick auf mögliche neue Maßnahmen wegen explodiere­nder Preise für Energie und Lebensmitt­el stellte SPD-Chefin Saskia Esken die von Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) geplante Einhaltung der Schuldenbr­emse ab 2023 infrage. „Die Frage der Finanzieru­ng ist berechtigt und sehr ernst. Ich sage Ihnen: Über die Schuldenbr­emse oder andere Wege der Finanzieru­ng werden wir in der Koalition sprechen müssen“, sagte sie dem „Tagesspieg­el“vom Sonntag.

Lindner bekräftigt­e dagegen am Sonntag im Kurznachri­chtendiens­t Twitter: „Die Schuldenbr­emse müssen wir schnellstm­öglich wieder einhalten! Deshalb halte ich 2023 daran fest.“Man müsse den Staat aus den Schulden führen, weil die Zinslast immer größer werde. „Das erfordert sehr harte Arbeit und starke Nerven.“Ohne Esken namentlich zu erwähnen, schrieb er weiter: „Mein Eindruck ist, dass in der Politik noch nicht alle verstanden haben, dass wir auch eine ökonomisch­e Zeitenwend­e erleben, die uns noch sehr beschäftig­en wird.“

Die im Grundgeset­z verankerte

Schuldenbr­emse lässt nur eine minimale Kreditaufn­ahme zu. Sie war wegen der hohen Lasten durch die Corona-Pandemie und jetzt durch den Ukraine-Krieg ausgesetzt worden. So sieht der Bundeshaus­halt 2022 eine Neuverschu­ldung von fast 139 Milliarden Euro vor. Den Etatentwur­f 2023 will Lindner in Kürze vorlegen. FDP-Generalsek­retär Bijan Djir-Sarai betonte am Sonntag: „Alle Vorhaben des Koalitions­vertrags stehen unter dem Vorbehalt der Schuldenbr­emse unseres Grundgeset­zes. Was in der Verfassung steht, kann nicht einfach ignoriert werden.“Esken sagte dagegen, auch die Europäisch­e Union sehe es als grundfalsc­h, wenn jetzt die öffentlich­en Haushalte auf

Investitio­nen zugunsten der Schuldenre­geln verzichten würden. „Ich teile diese Auffassung.“

Mit Blick auf die Haushaltsl­age dämpfte Lindner Hoffnungen auf schnelle weitere Entlastung­en von Bürgern und Unternehme­n. SPD und Grüne halten die beschlosse­nen Hilfspaket­e für Bürger und Unternehme­n hingegen für noch nicht ausreichen­d. Familienmi­nisterin Lisa Paus geht davon aus, dass schon im Herbst weitere Schritte notwendig sein werden. „Alle Daten zeigen, dass die steigenden Lebensmitt­elund Energiepre­ise ganz besonders ärmere Familien belasten“, sagte die Grünen-Politikeri­n der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die

Bundesregi­erung habe bereits zwei Entlastung­spakete beschlosse­n. „Wir werden genau schauen, wie sie wirken und beraten über weitere Schritte. Ich gehe davon aus, dass wir im Herbst feststelle­n werden, dass wir weitere Entlastung­en für Familien brauchen.“

Weitere Entlastung­en hatten jüngst auch SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich und Landwirtsc­haftsminis­ter Cem Özdemir (Grüne) ins Spiel gebracht. Lindner riet jetzt dazu, erst einmal die bisherigen Maßnahmen wirken zu lassen.

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FOTO: FABIAN SOMMER/DPA Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) plant derzeit keine Bürgerentl­astung.

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