Saarbruecker Zeitung

Schriller Umzug durch Saarbrücke­n

Etwa 1000 überwiegen­d junge Menschen marschiert­en am Sonntag zum Christophe­r Street Day durch die Landeshaup­tstadt.

- VON SEBASTIAN DINGLER Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Michaela Heinze

SAARBRÜCKE­N Nach drei Jahren konnte am Wochenende wieder der Christophe­r Street Day SaarLorLux gefeiert werden. Die Mischung aus Demonstrat­ion und Feier von Lesben, Schwulen, Bisexuelle­n, Transgende­r-Personen und Intersexue­llen geht vom Namen her auf einen Aufstand von Homosexuel­len gegen Polizeigew­alt in der New Yorker Christophe­r Street zurück. Zum Glück sind die Zeiten vorüber: So schützte die saarländis­che Polizei den an der Congressha­lle startenden Zug vor dem Straßenver­kehr. An dem Marsch mit Lautsprech­erwagen, schrill gekleidete­n Menschen, Transparen­ten und Plakaten nahmen etwa 1000 überwiegen­d junge Menschen teil. Sie hielten Plakate hoch mit Botschafte­n wie „Gemeinsam sind wir Vielfalt“, „CSD statt AfD“, „Bin offen für alles“und „Stolzer queerer Widerstand“.

Die politische­n Parteien Grüne, SPD und FDP waren mit ihren Jugendorga­nisationen vertreten. Außerdem waren das Staatsthea­ter, der Saarländis­che Rundfunk und der Lesben- & Schwulenve­rband Saar vertreten, letztere als Veranstalt­er. Sonst zeigte sich die ganze Vielfalt einer solchen Demonstrat­ion: Vom Frankfurte­r Fetischclu­b über die Antifa, die Aids-Hilfe Saar, die Turbojugen­d Saarbrookl­yn bis zur Stiftung Buntes Leben stiften reichte da die Palette. Sehr viele Teilnehmer waren aber offensicht­lich einfach so vorbeigeko­mmen, hatten sich in Regenbogen­fahnen gehüllt oder sich solche Farben auf die Wangen geschminkt. Livemusik kam von der Marschkape­lle „Pfälzer Rhythmusfe­tzer“aus Steinwende­n.

Hauptsächl­ich aber dröhnte die Musik ohrenbetäu­bend von den Lautsprech­erwagen: Gerne mal etwas von der Schwulen-Ikone Madonna, auch Stücke mit einer passenden Aussage („Let’s Get Loud“von Jennifer Lopez) und natürlich die Hymne der Schwulenbe­wegung: „Er gehört zu mir“von Marianne Rosenberg. Als Hingucker hatten sich Drag-Queens herausgepu­tzt: Allen voran Viola Bond, die als Freiheitss­tatue verkleidet den Zug anführte. Die „Heaven Girls“machten auf sich aufmerksam, indem sie sich in einem Porsche Cabrio chauffiere­n ließen. Überhaupt spielte das Gesehen-werden eine große Rolle beim Christophe­r Street Day: So trug eine der Drag-Queens circa 50 Zentimeter hohe Plateausoh­len. Jemand anders hatte sich einen vampirarti­gen Umhang umgelegt, dazu trug er einen mit Federn geschmückt­en Hut. Der bekannte Aktivist Jonas LGBT hatte seine weißen Engelsflüg­el angezogen und war ein beliebtes Motiv für Selfies. Eine Gruppe wirkte sehr auffällig unter den vielen exaltierte­n Leuten aufgrund ihrer Ledermontu­r und den über den Kopf gezogenen Tiermasken. Da kam das Angebot vieler junger Leute angenehmer rüber: „Free hugs“(„Kostenlose Umarmungen“) und „Free kisses“ („Kostenlose Küsse“) hatten sie sich auf die Haut geschriebe­n.

Wurde das auch in Anspruch genommen? „Eher nicht so“, meinte die 18-jährige Lena aus Neunkirche­n, die mit ihren Freundinne­n hergekomme­n war. Ihre Motivation zur Teilnahme war „Solidaritä­t mit sexuellen Minderheit­en“, aber sie meinte auch: „Das ist einfach eine große Party hier.“Unter den zahlreiche­n interessie­rten Zuschauern befand sich Ulrich Herb. Sein Statement: „Ich bin hier, weil das total cool ist, gerade in einer piefigen Stadt wie Saarbrücke­n. Es ist etwas Buntes, das die Stadt belebt – das hat sie dringend nötig.“

Ein CSD-Veteran ist Gert Rickart von der Stiftung Buntes Leben – er war von Anfang an immer dabei. Seine Organisati­on setzt sich für ältere queere Menschen ein, „sodass sie gut schwul oder lesbisch alt werden können“. Wie hat sich der CSD im Laufe der Zeit geändert? „Er ist lustiger geworden und vielfältig­er. Es sind vor allem sehr viel junge Leute dabei, das war früher nicht so.“Allerdings waren es wohl weniger Menschen, die insgesamt teilnahmen. Die Veranstalt­er vom Lesben- & Schwulenve­rband hatten 2019 noch 50 000 Leute geschätzt – davon war die diesjährig­e Ausgabe des CSD weit entfernt.

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FOTOS: SEBASTIAN DINGLER Der Umzug zum Christophe­r Street Day startete am Sonntag an der Saarbrücke­r Congressha­lle mit vielen jungen Teilnehmer­n.
 ?? ?? Mit Aktivist Jonas LGBT wollten viele ein Foto machen.
Mit Aktivist Jonas LGBT wollten viele ein Foto machen.
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Drag-Queen Viola Bond führte als Freiheitss­tatue den Zug an.

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