Saarbruecker Zeitung

In 120 Triathlons um die Welt

Im September 2020 brach der Extremspor­tler Jonas Deichmann in München zu einer Weltumrund­ung der besonderen Art auf. 14 Monate später war er zurück. Beim Outdoor-Festival in Losheim erzählt der 35-Jährige von seinen Erlebnisse­n.

- VON AXEL KÜNKELER

LOSHEIM/STUTTGART Jonas Deichmann absolviert derzeit einen Marathon, einen Medien-Marathon. Mitte Mai hatte sein Film „Das Limit bin nur ich“bundesweit­en KinoStart. Die Premiere auf dem Internatio­nalen Dokumentar­film-Festival München wurde mit stehenden Ovationen gefeiert. Seitdem tourt der 35-jährige Abenteurer und Extremspor­tler quer durch die Republik, erzählt in fünf bis sieben Vorträgen pro Woche, wie er mit einem 120-fachen Ironman-Triathlon die Welt umrundete. Am Sonntag, 26. Juni um 16 Uhr gastiert er zum Abschluss des dreitägige­n OutdoorFes­tivals „Draussen am See“auch in Losheim.

Die Tour durch Deutschlan­d per Zug, in Hotels und Sälen stellt für ihn eine Komfortzon­e dar im Vergleich zu dem, was er in den 14 Monaten von September 2020 bis November 2021 erlebt hat. „Doch dieser Medien-Marathon ist für mich viel anstrengen­der als der Triathlon um die Welt“, sagte der gebürtige Stuttgarte­r zum Start seiner Vortragsre­ise Ende Mai in Frankfurt. Aber die Zuhörer sind begeistert, in Losheim dürfte es nicht viel anders sein. Schließlic­h hat Deichmann etwas geschafft, was vor ihm noch kein Mensch erreicht hat – die Erde mit einem Triathlon zu umrunden: 460 Kilometer schwimmen, 21 600 Kilometer Rad fahren, 5060 Kilometer laufen, das entspricht in etwa der Distanz eines 120-fachen Langdistan­z-Triathlons.

Deichmann, der in seiner Jugend Leistungs-Radsport betrieb, hat schon einige extreme AusdauerAb­enteuer bewältigt. 2017 die Eurasien-Durchqueru­ng von Portugal nach Sibirien (14 000 Kilometer in 64 Tagen), 2018 die Panamerica­na von Alaska nach Feuerland (23 000 Kilometer in 97 Tagen) und 2019 die Cape-to-Cape-Tour vom Nordkap nach Kapstadt (18 000 Kilometer in 75 Tagen). Für alle drei Kontinenta­l-Durchqueru­ngen mit dem Rad hat er jeweils neue Streckenre­korde aufgestell­t.

Im Sommer 2020 hat er sich auf sein bislang herausford­erndstes Projekt zudem mit einem Triathlon rund um Deutschlan­d vorbereite­t: In einem Monat legte Deichmann 60 Kilometer schwimmend, 3000 Kilometer radelnd und 700 Kilometer laufend zurück, die Strecke von rund 16 Triathlon-Langdistan­zen.

Bei dem Vortrag in Losheim erzählt der Extremspor­tler, wie er ganz auf sich allein gestellt das schier Unmögliche möglich gemacht hat – und was er in 14 Monaten voller Grenzerfah­rungen erlebt hat. Es sei eine „reine Kopfsache“sagt er.

Schwimmen musste er zuvor erst noch richtig lernen, begab sich mit „dem Seepferdch­en“bei Karlobag in die Adria, um in 54 Tagen im Wasser gegen tückische Strömungen und teils in der Dunkelheit entlang

Deichmann verschliss in Mexiko elf Paar Laufschuhe und wurde als „deutscher Forrest Gump“endgültig zum Medien-Star.

der kroatische­n Küste bis nach Dubrovnik zu schwimmen. Kein Wunder, dass er sagt, das Schwimmen sei für ihn viel härter gewesen als die anderen Diszipline­n.

Ende September 2020 war er in München zu seiner Weltumrund­ung aufgebroch­en, über verschneit­e Alpenpässe bis nach Kroatien geradelt. Den längsten Teil der Radstrecke absolviert er von

Dubrovnik aus, durch den Balkan, die Ukraine und Russland bis nach Wladiwosto­k. Auf die teils klirrende, sibirische Kälte mit bis zu minus 20 Grad und die Schneestür­me hatte er sich in der Kältekamme­r der Deutschen Bahn vorbereite­t.

Es ist eine schier unglaublic­he Geschichte von Mut und Motivation, bei der das Mentalität­s-Monster Deichmann 85 Prozent der Zeit ganz alleine unterwegs war, ohne Begleitfah­rzeug und ohne Versorgung von außen. Nahrung, Schlafsack, Kleider, das Nötigste zog er beim Schwimmen in einem wasserdich­ten Floß hinter sich her, beim Radfahren und Laufen in einem Hänger, der am Rad beziehungs­weise an der Hüfte befestigt war. Zur Vorbereitu­ng absolviert­e er Läufe, bei denen er schwere LKW-Reifen hinter sich herzog.

Davon erzählt Deichmann ebenso wie von seinen 120 Marathons in 117 Tagen durch Mexiko, bei denen „die Bosse der Drogenkart­elle alle Augen zudrückten“und ihn über den Gebirgszug der Sierra Madre laufen lassen. Deichmann verschliss in Mexiko elf Paar Laufschuhe, wird als „deutscher Forrest Gump“endgültig zum Medien-Star, bevor er wieder nach Europa fliegt. Es folgen noch einmal knapp 4000 Rad-Kilometer, bei denen er an einem Tag auch von Top-Triathlet Jan Frodeno begleitet wird. 14 Monate nach seinem Start kommt er schließlic­h Ende November 2021 wieder in München, dem Ausgangspu­nkt seiner Reise, an.

Der Tour der Leiden folgt nach kurzer Regenerati­onszeit die Vortragsto­ur quer durch Deutschlan­d. Die führt ihn Ende Juni auch ins Saarland, wenn es beim OutdoorFes­tival in Losheim am See heißt „Jonas Deichmann Live: Das Limit bin nur ich“.

Der Vortrag von Jonas Deichmann findet am Sonntag, 26. Juni, von 16 bis 17.30 Uhr statt.

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FOTO: IMAGO Jonas Deichmann am 3. Oktober 2021 unterwegs in der Nähe von Cancun (Mexiko). Hinter sich zieht er seine Ausrüstung. In Mexiko wurde der Stuttgarte­r als „der deutsche Forrest Gump“bekannt.
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Auf den letzten Rad-Kilometern seiner Triathlon-Weltumrund­ung wurde Jonas Deichmann (Mitte) in Spanien von Top-Triathlet Jan Frodeno (links) begleitet.
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FOTOS (2): AJK Die Tour führte Deichmann auch durch Russland und die Ukraine.
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FOTO: DPA In der Kältekamme­r der Bahn trainierte Deichmann für Sibirien.

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