Wie die Ampel über den Tankrabatt-Flop streitet
Während die FDP die Spritpreis-Entlastung verteidigt, will Wirtschaftsminister Habeck nun übermäßige Gewinne abschöpfen und dafür das Kartellrecht nachschärfen.
BERLIN Mit den anhaltend hohen Spritpreisen hält auch die Debatte in der Ampel-Koalition über den richtigen Umgang mit dem Preiswuchern an. Zwar war die Energiesteuer auf Benzin und Diesel zum 1. Juni gesenkt worden – eine Maßnahme, die die Regierungskoalition zur Entlastung der Autofahrer auf den Weg gebracht hatte. Doch an den Tankstellen ist von dieser Steuersenkung nur wenig zu sehen. Das räumte auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montagmorgen ein: „Die Senkung wird teilweise weitergegeben – das ist natürlich überhaupt nicht befriedigend.“Ungefähr die Hälfte sei von den Mineralölkonzernen weitergegeben worden, so Habeck. Bundesfinanzminister Christian Linder (FDP) stellt den sogenannten Tankrabatt wesentlich positiver dar. Die Spritpreise wären ohne den Steuernachlass noch „wesentlich höher“, sagte Lindner am Sonntagabend in ARD und ZDF. Die Steuersenkung war auf Drängen der FDP beschlossen worden.
Doch nun liegt es an Wirtschaftsminister Habeck, dafür zu sorgen, dass die Entlastung effektiver bei den Verbrauchern ankommt und Ölkonzerne keine übermäßigen Gewinne mehr einstreichen. Dazu will der Grünen-Politiker „möglichst schnell“Vorschläge für ein schärferes Kartellrecht vorlegen, wie er am Montag sagte. So soll das Kartellamt mehr
Eingriffsmöglichkeiten bekommen, um die Mineralölkonzerne zu beschränken. Bisher sind strukturelle Eingriffe in den Markt nur möglich, etwa wenn konkrete Verstöße gegen das Kartellrecht nachweisbar sind. Mit sogenannten missbrauchsunabhängigen Entflechtungen sollen die Wettbewerbshüter künftig leichter eingreifen können, „um Wettbewerb auf verfestigen Märkten zu schaffen“, heißt es in einem Positionspapier des Wirtschaftsministeriums, das unserer Redaktion vorliegt. Daneben soll es dem Kartellamt erleichtert werden, Gewinne abzuschöpfen und so „die Schlagkraft der Kartelldurchsetzung“zu erhöhen. Zum Dritten soll sie Sektordurchsuchung einzelner Wirtschaftszweige schlagkräftiger ausgestaltet werden. „Wir machen ein Kartellrecht mit Klauen und Zähnen“, sagte Habeck dazu. Sein Kabinettskollege Lindner befand, dass „die Richtung stimmt“. Dennoch, die Nachschärfung des Kartellrechts wird kurzfristig keine Wirkung zeigen. Die Ampel-Debatte darüber, wie übermäßige Gewinne verhindert und die Bürger weiter entlastet werden können, dürfte also andauern.
SPD-Co-Chefin Saskia Esken warnte davor, Konflikte in der Ampel-Koalition unter den Teppich zu kehren. Die drei Koalitionsparteien wiesen große Unterschiede auf – „würden wir diese verschweigen, dann würde eine Unkenntlichkeit der einzelnen Parteien entstehen“, sagte Esken am Montag in Berlin. „Das kann nicht in unserem Interesse sein.“
Mit Blick auf die Spritpreis-Entlastung kritisierte Esken, dass die Regierung noch nicht sichergestellt habe, dass diese auch bei den Verbrauchern ankomme. Zu Habecks geplanter Kartellrechts-Nachschärfung sagte die SPD-Chefin: „Dazu wäre längst Zeit gewesen, aber ich bin froh, dass es jetzt auf den Weg kommt.“Wie die Konzerne derzeit Gewinne einstrichen, „kann man nur als schamlos bezeichnen“, so Esken.
Die Grünen dringen weiter auf eine Übergewinnsteuer, die die FDP bisher ablehnt. Man sehe an der Tankstelle, „dass der Tankrabatt nicht weitergegeben wird“, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang am Montag. Es gebe „große Hinweise“darauf, dass die Mineralölkonzerne den Krieg ausnutzen und eine Preisspirale in Kauf nehmen würden, so Lang. Umso wichtiger sei es, dass der Staat nun handeln und damit die Autofahrerinnen und -fahrer schützen würde. Eine Übergewinnsteuer sei „die einfachste und schnellste Möglichkeit“, um übergebührliche Gewinne abzuschöpfen, betonte die Grünen-Chefin.
„Wir machen ein Kartellrecht mit Klauen und Zähnen.“
Robert Habeck (Grüne)
Bundeswirtschaftsminister