Pflichtdienst ist falsche Antwort
Eine Frage, die Frank-Walter Steinmeier am Wochenende aufwarf, kann man klar mit Ja beantworten: Es tut unserem Land gut, „wenn sich Frauen und Männer für einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellschaft stellen“. Doch vieles spricht dagegen, daraus eine Pflicht für alle jungen Leute zu machen, wie sie der Bundespräsident ins Gespräch bringt. Nicht umsonst hat schon die CDU vor wenigen Jahren einen ähnlichen Vorstoß von Annegret Kramp-Karrenbauer nach einer ernsthaften Debatte zu den Akten gelegt. Und auch die Reaktion saarländischer Verbände auf Steinmeiers Vorstoß ist verhalten.
Klar, ein sozialer Dienst kann Menschen über wachsende soziale und kulturelle Grenzen hinweg verbinden. Auch die Botschaft, dass jeder Bürger Pflichten hat, ist richtig. Wir alle sind diesem Land mit seiner Demokratie, seinem Wohlstand, seiner Sicherheit etwas schuldig. Mit lauter Egoisten ist kein Staat zu machen. Doch man bedenke das Ende. Die Dienstpflicht funktioniert nur mit Zwang gegenüber gerade volljährig gewordenen jungen Leuten. Sie müsste letztlich mit der Androhung hoher Geldstrafen oder Haft erzwungen werden. Das darf ein Land – im nationalen Notstand. Aber einfach so? Eine seltsame Botschaft an 18-Jährige, die gerade wegen Corona lange im Interesse aller auf viele Freiheiten verzichten mussten.
Sozial-, Hilfsdienste und Bundeswehr sind auf junge Menschen angewiesen – mit Engagement, also Interesse und Freiwilligkeit. Optimal, wenn die Tätigkeit in die Berufspläne passt. Ein Gammeljahr nutzt keinem – vor allem, da die Wirtschaft nach jungen Leuten lechzt. Und die Rückkehr zum G9-Abi wird den Berufseinstieg ohnehin schon verzögern.
Einen Gemeinschaftsdienst im Sozialen oder bei der Bundeswehr darf man nicht erzwingen – aber man sollte ihn belohnen. Durch praktische Vorteile und gelebte Wertschätzung: So sollte der Eintrag im Lebenslauf für jeden Personalchef ein dickes Plus bei der Bewerberauswahl bedeuten.