Ein Footballer auf dem Weg zum Leichtathletik-Weltrekord
NEW YORK (sid) Devon Allen fuhr genau genommen lief schon früher zweigleisig. Das ist nicht außergewöhnlich, viele gute Athleten in den USA bewegen sich während ihres Studiums oft in mehr als einer Sportart. Allen besuchte die University of Oregon in Eugene – er spielte American Football, als sogenannter „Wide Receiver“, der die Pässe der Quarterbacks erlaufen und fangen soll. Und er sprintete in der Leichtathletik über die 110 Meter Hürden.
Drei Jahre lang war Allen (27) bei den „Ducks“, wie die Sportler der Universität genannt werden. Doch nach seinem Abgang von der Uni 2016 ließ er American Football erst einmal sausen und konzentrierte sich auf den Hürdensprint. Mit großem Erfolg. Dreimal war er US-Meister, er stand 2016 und 2021 jeweils im Finallauf bei den Olympischen Spielen. In Tokio lief er in einer Zeit von 13,14 Sekunden nur um vier Hundertstelsekunden an der Bronzemedaille vorbei.
Am verganenen Sonntag nun rannte Allen beim Grand Prix in New York in der drittbesten Zeit der Geschichte über die zehn Hürden: 12,84 Sekunden. Er verfehlte dabei den zehn Jahre alten Weltrekord seines Landsmanns Aries Merritt nur um – vier Hundertstelsekunden. Grant Holloway (USA), Weltmeister, Zweiter bei Olympia in Tokio und Zweitschnellster aller Zeiten über die 110 Meter Hürden (12,81), war überraschend chancenlos. „Ich kann den Rekord brechen“, sagte Allen, „vier Hundertstel sind nichts.“
Kurios: Die Grundlagen legte Allen zuletzt auch im Training bei den Philadelphia Eagles aus der National Football League (NFL). Dort hat er nämlich mittlerweile einen Vertrag über drei Jahre unterschrieben, nachdem er beim Pro Day im April überzeugt hatte – mit seinen Sprintleistungen. Zum American Football zurück wollte er schon 2020, schob den Plan aber wegen der Verschiebung der Olympischen Sommerspiele in Tokio um ein Jahr auf.
Jetzt stehen im Kalender von Multitalent Allen zunächst zwei Leichtathletik-Termine: Die US Trials Ende Juni, und dann, wenn er sich qualifiziert, die Weltmeisterschaften vom 11. bis zum 24. Juli in Eugene/USA. Am 26. Juli schließlich beginnt das offizielle Trainingscamp der Eagles. Allen kämpft um einen festen Platz im Kader. Nur dann tritt der Vertrag samt 800 000 US-Dollar Jahresgehalt in Kraft. Eine hohe Hürde. Aber wer Allen am Sonntag in New York über die zehn Hindernisse auf der Bahn hat fliegen sehen, der kann sich kaum vorstellen, dass es für Allen Grenzen gibt.