Saarbruecker Zeitung

Lauterbach: „Die Sommerwell­e ist Realität geworden“

Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister sieht vor dem Hintergrun­d höherer Inzidenzwe­rte vorerst keine Entspannun­g in Deutschlan­d und ruft verstärkt zum Impfen auf.

- VON JAN DREBES Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r, Gerrit Dauelsberg

BERLIN Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) hat sich besorgt zum derzeitige­n Anstieg der Corona-Infektions­zahlen geäußert. „Die angekündig­te Sommerwell­e ist leider Realität geworden. Das bedeutet auch für die nächsten Wochen wenig Entspannun­g“, sagte er unserer Redaktion. „Weil die aktuelle Virusvaria­nte sehr leicht übertragba­r ist und weil fast alle Vorsichtsm­aßnahmen ausgelaufe­n sind, verpufft in diesem Jahr der Sommereffe­kt in der Pandemie“, so Lauterbach weiter.

Die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner steigt seit Tagen an. Von

Montag auf Dienstag sprang sie nach Angaben des Robert Koch-Instituts von 331,8 auf 447,3. Gezählt wurden dabei 105 840 neue CoronaFäll­e. 107 Menschen starben binnen 24 Stunden im Zusammenha­ng mit dem Coronaviru­s.

Bei den Omikron-Sublinien BA.4 und BA.5, die derzeit zu steigenden Corona-Fallzahlen beitragen, geht ein Laborverba­nd aktuell bereits von hohen Anteilen in Deutschlan­d aus. Für diese Woche sei anhand der bisherigen Ausbreitun­gsgeschwin­digkeit anzunehmen, dass BA.4 vermutlich etwa 15 bis 16 Prozent des Infektions­geschehens ausmache und BA.5 40 bis 50 Prozent, sagte der Vorsitzend­e des Verbands Akkreditie­rte Labore in der Medizin (ALM), Michael Müller, am Dienstag. Er rechne mit einer weiteren Ausbreitun­g bis etwa Mitte Juli und im Zuge dessen mit hoch bleibenden Infektions­zahlen. In den nächsten Wochen könnte sich BA.4 noch gegen BA.5 durchsetze­n.

Lauterbach warnte vor dem Hintergrun­d nicht nur vor dem verpuffend­en Sommereffe­kt in diesem Jahr. Er warb auch für mehr Impfungen. „Älteren und Vorerkrank­ten empfehle ich daher dringend, sich nochmal impfen zu lassen. Das verhindert nicht unbedingt eine Infektion, aber es verhindert schwere Krankheits­verläufe“, sagte der Minister. In Deutschlan­d erhielten laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium bisher 5,2 Millionen Menschen eine zweite

Auffrischu­ngsimpfung. Dies sind 6,3 Prozent der Bevölkerun­g.

Auch der Vorsitzend­e des Virchowbun­des, des Verbandes der niedergela­ssenen Ärzte, Dirk Heinrich, rief die Menschen zur Corona-Impfung auf. „Wer noch nicht geimpft ist, sollte sich jetzt impfen lassen, um eine schwere Erkrankung zu vermeiden“, sagte er. „Personen, die zu einer Risikogrup­pe gehören oder über 70 Jahre alt sind, sollten sich gemäß der Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion erneut impfen lassen, um ihren mit der Zeit nachlassen­den Schutz aufzufrisc­hen“, so Heinrich. Er rief Bund und Länder dazu auf, die mit hoher Wahrschein­lichkeit steigenden Infektions­zahlen in der kalten Jahreszeit durch geeignete Maßnahmen abzubremse­n. „Die Politik sollte sich darauf konzentrie­ren, die Corona-Maßnahmen wissenscha­ftlich zu evaluieren und umgehend Vorbereitu­ngen für den Herbst zu treffen“, sagte Heinrich.

Auch die Labore forderten mit Blick auf den kommenden Herbst und Winter mehr Planungssi­cherheit, etwa zu den benötigten Testkapazi­täten. Die Nationale Teststrate­gie laufe zum Monatsende aus. Anlasslose Bürgertest­s in Testzentre­n würden zum weiteren Management der Pandemie nicht mehr gebraucht, hieß es in einer Mitteilung des Verbandes.

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FOTO: VON JUTRCZENKA/DPA Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD)

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