Gazprom liefert 40 Prozent weniger Gas
Der russische Energiekonzern Gazprom fährt die Gaslieferung durch die Nord-Stream-Pipeline deutlich zurück. Zur Sicherung der Gasversorgung in Deutschland stützt der Bund das Unternehmen Gazprom Germania mit einem Milliardenbetrag.
BERLIN (mar/dpa) Eine Meldung des russischen Gaskonzerns Gazprom hat am Dienstag in Deutschland die Alarmglocken schrillen lassen: Gazprom habe den Durchfluss von russischem Gas durch die Pipeline Nord Stream 1 um 40 Prozent reduziert, teilte der Gas-Riese mit. Die Bundesregierung konnte noch nicht feststellen, ob KremlChef Putin nun auch Deutschland den Gashahn zudreht.
Grund für den verringerten GasDurchfluss seien Verzögerungen bei der Reparatur von Gas-Kompressoren durch Siemens. Der deutsche Konzern habe Kompressoren verspätet von der Reparatur zurückgeschickt, teilte Gazprom mit. Damit muss sich Deutschland in diesem Sommer voraussichtlich auf spürbare Lücken in der Gasversorgung einstellen.
Allerdings hatte die deutsche Seite am Dienstagnachmittag noch keinen verringerten Durchfluss durch Nord Stream 1 feststellen können. Aktuell sei die Versorgungssicherheit weiter gewährleistet, erklärte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. „Wir beobachten die Lage und prüfen den Sachverhalt“, sagte sie. Vermutet wurde in der Regierung, dass Russland den verringerten Durchfluss möglicherweise durch Lieferungen über andere Wege kompensiert hat. Moskau ist auf die deutschen Zahlungen für das Gas angewiesen. Die Ukraine fordert seit Langem, Deutschland solle kein Gas aus Russland mehr beziehen, um Kreml-Chef Wladimir Putin nicht mehr weiter die Kriegskasse zu füllen. Möglich sind in der Kriegssituation allerdings immer auch irreführende Meldungen Russlands.
Die Frage, ob und wann Putin die enorm wichtigen Gaslieferungen nach Deutschland einschränken oder sogar stoppen würde, treiben Politik und Wirtschaft in Deutschland schon seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs am 24. Februar
Die Bundesregierung will das Gasunternehmen Gazprom Germania mit neun bis zehn Milliarden stützen, um eine Pleite zu verhindern.
um. Die Bundesrepublik ist derzeit noch zu etwa 40 Prozent von russischen Gaslieferungen abhängig. Die Bundesregierung konnte die hohe Abhängigkeit durch intensive Bemühungen in den vergangenen Wochen bereits um etwa zehn Prozent reduzieren.
Der Gas-Transport von Russland nach Westeuropa ist ohnehin bereits eingeschränkt. Über die Jamal-Pipeline wird aufgrund der russischen Sanktionen gegen den Eigentümer des polnischen Abschnitts, EuRoPol Gaz, kein Gas mehr geliefert. Zudem hatte im Mai die Ukraine den GasDurchfluss an einer von zwei Übergabestationen gestoppt. Davon ist ein Drittel des russischen Gases betroffen, das durch die Ukraine nach Westeuropa fließt.
Die Bundesregierung will das Gasunternehmen Gazprom Germania mit einem Milliardenbetrag stützen, um eine Pleite zu verhindern. Damit solle die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet werden, teilte die Bundesregierung am Dienstag in Berlin mit.
Nach Angaben aus Regierungskreisen geht es um eine Summe zwischen neun und zehn Milliarden Euro. Geplant sind demnach Hilfen über die staatliche Förderbank KfW. Die Gazprom Germania GmbH sei ein Schlüsselunternehmen für die Gasversorgung in Deutschland, erklärte die Bundesregierung. Das durch Sanktionen von russischer Seite ins Straucheln geratene Unternehmen solle über ein Darlehen vor der Insolvenz bewahrt werden: „Mit diesem Vorgehen behält die Bundesregierung den Einfluss auf diesen Teil der kritischen Energieinfrastruktur und verhindert eine Gefährdung der Energiesicherheit.“Anfang April hatte der Bund über die Bundesnetzagentur die Kontrolle über die deutsche Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom übernommen.